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Maintal informiert über Katastrophenschutz

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Sicherheitsexperte
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Vorstellen möchte sich keiner, dass der Strom mehrere Stunden oder gar Tage ausfällt. Aber das Risiko für einen Blackout ist aus mehreren Gründen in diesem Winter höher als sonst: Gas, das in Deutschland auch zur Stromproduktion verwendet wird, muss gespart werden. Um selbst weniger Gas zum Heizen zu verbrauchen, haben sich viele Privatleute Heizlüfter angeschafft.

Wenn diese Elektroheizungen alle gleichzeitig angeschaltet werden, könnte dies das Netz überlasten. Außerdem liefern Atom- und Kohlekraftwerke weniger Strom. Und auch andere europäische Länder haben Probleme, genügend Energie zu produzieren, wie etwa Frankreich, das wegen technischer Probleme an den eigenen Kernkraftwerken wesentlich mehr Strom importieren muss. All diese Faktoren tragen dazu bei, dass Stromausfälle derzeit als wahrscheinlicher gelten als bisher.

Allerdings ist Strom nicht das einzige, das wir dringend zum Leben brauchen. Auch die Gas- und Wasserversorgung zählt zur kritischen Infrastruktur. Weil Wirtschaft und Gesellschaft darauf angewiesen sind, muss man sich auf eine Mangellage - also eine Situation, in der diese Ressourcen nicht ausreichend zur Verfügung stehen - vorbereiten. Ohne Panik zu verbreiten, kann und sollte sich jeder Einzelne für den Ernstfall wappnen.

Taskforce bereitet Stadt auf Stromausfall vor

Doch auch die Stadt ist im Rahmen des Bevölkerungsschutzes gefordert, Vorkehrungen zu treffen. Um sich auf einen Stromausfall vorzubereiten, hat Bürgermeisterin Monika Böttcher (parteilos) eine Taskforce ins Leben gerufen. „Selbstverständlich können sich die Maintaler darauf verlassen, dass die städtische Verwaltung ihre Verantwortung für die Daseinsfürsorge insbesondere in krisenhaften Zeiten ernst nimmt und Vorsorge trifft, um im Ernstfall bestmöglich vorbereitet zu sein“, wird sie in einer Mitteilung zitiert. Innerhalb der Stadtverwaltung übernimmt diese Aufgabe der Fachdienst Brandschutz, Rettungswesen und Katastrophenschutz. Lageabhängig unterstützt der Verwaltungsstab, der sich derzeit mit den Auswirkungen der Energiekrise befasst.

Ein konkretes Planungsszenario ist ein längerer, flächendeckender Stromausfall. Damit die Bürger wissen, was in einem solchen Fall zu tun ist, hat die Stadt wichtige Informationen in einem Flyer und auf der Webseite www.maintal.de/stromaus fall zusammengefasst. Bei einem Blackout, der länger als eine Stunde andauert, richtet die Stadt sogenannte Katastrophenschutz-Leuchttürme ein. Dies sind die Feuerwehrhäuser in allen vier Stadtteilen und das Rathaus.

Sicherheitsexperte Dreger mahnt Nachbesserung an

Auf der städtischen Webseite stehen auch Broschüren des Bundesamtes für Bevölkerungshilfe und Katastrophenschutz zum Download bereit. Sie informieren, welche Vorräte man sich anlegen sollte und wie man sich bei einem Stromausfall verhält.

Dem Sicherheitsexperten Jörg Dreger gehen die Vorkehrungsmaßnahmen, die die Stadt für die Bürger trifft, jedoch nicht weit genug. Der Dörnigheimer, der für die CDU in der Stadtverordnetenversammlung sitzt, ist Geschäftsführer eines Unternehmens, das Politik und Wirtschaft zu ganzheitlichen Sicherheitsansätzen berät. Dreger ist außerdem für den Bundesverband zum Schutz kritischer Infrastrukturen und die Deutsche Gesellschaft für Wehrtechnik in Funktion aktiv und bringt sein Fachwissen ein, um auf Katastrophen oder eine hybride Kriegsführung bestmöglich vorbereitet zu sein.

StaVo-Anfrage nicht öffentlich beantwortet

Mit dem Ziel, dass die Stadt Maintal vorsorgt und die Bürger informiert, hat Dreger zur jüngsten StaVo eine Anfrage an den Magistrat gestellt. Seine Fragen bezogen sich insbesondere auf die Strom-, Gas- und Wasserversorgung und welche Vorbereitungen die Stadt auf Mangellagen getroffen hat. Die Antworten wurden allerdings - anders als sonst - nicht öffentlich verlesen oder im Bürgerinformationssystem online gestellt.

„Detailinformationen über diese Infrastrukturen sind nicht an die Öffentlichkeit zu tragen“, erklärte die Bürgermeisterin knapp. Warum das bereits 2019 im Haushalt eingestellt Budget zum Training sogenannter „Lagen“ noch nicht abgerufen worden sei, hakte Dreger nach. Ein entsprechender Antrag der CDU wurde noch vor Corona einstimmig durch die StaVo freigegeben, damit die Verwaltung entsprechende Übungen durchführen kann.„Es sind weiterhin Lücken da. Da muss nachgearbeitet werden. Aktuell wird nur weiterkommuniziert, was sowieso seit Jahren durch das Bundesamt für Bevölkerungsschutz und Katastrophenhilfe als Basis empfohlen wird. Sie müssen vor die Lage kommen und nicht hinterherlaufen“, warnte Dreger. „Wir tun alles, was in unserer Macht steht, um für die Bevölkerung in Krisensituationen zu sorgen“, entgegnete Böttcher.

WAM sieht Thema auch auf der Agenda

Dreger ist allerdings nicht der Einzige, der das Thema auf der politischen Agenda sieht. Die Wahlalternative Maintal (WAM) hatte bereits zur vorletzten StaVo Anträge eingereicht, um sich über öffentliche Schutzräume und Notstrom-Versorgung zu informieren. Diese Anträge wurden jedoch zurückgezogen, weil die Stadtverordneten laut eigener Aussage darauf vertrauten, „dass der Magistrat im Rahmen seiner Fürsorgepflicht ein tragfähiges neues Katastrophenschutzkonzept für Maintal erstellt“.

Jörg Schuschkow stellte jedoch auf Nachfrage klar, dass seine Fraktion dies „mit entsprechenden Anfragen überprüfen“ wird. Dementsprechend fragte er in der StaVo nach und erfuhr, dass die Stadt 13 Notstrom-Aggregate besitzt und im Rahmen des Katastrophen- und Bevölkerungsschutzes fünf Einrichtungen für jeweils 500 Personen vorplant. Diese Notstromaggregate sind allerdings, wie Jörg Dreger erklärt, an Feuerwehrfahrzeuge gebunden und somit nicht wirklich frei verfügbar.

Jörg Dreger hält Gefahrenabwehr für veraltet

Ihm geht dieser Schutz nicht weit genug. „Die Stadt hat ihre Gefahrenabwehrpläne seit Jahren nicht aktualisiert“, erklärt er mit Blick auf den Ukrainekrieg. „Neben technischen Defekten gibt es nämlich auch Akteure, die unser Gemeinwohl durch Sabotage zum Erliegen bringen könnten.“ Unter dem Vorwand, man dürfe keine Panik verursachen, werde teilweise nicht wirklich an Vorbereitungen gearbeitet, kritisiert Dreger. Die Stadt müsse die verschiedenen Notfallszenarien durchspielen und entsprechende „Was-passiert-wenn-Verfahren“ entwickeln.

„Wir müssen alle denkbaren Fälle durchdeklinieren. Nur wenn jeder weiß, was er zu tun hat, ist man optimal vorbereitet“, erklärt der Fachmann und betont, wie wichtig es ist, für Stromausfälle vorzusorgen. „Ist man für einen Blackout gewappnet, deckt man damit automatisch eine ganze Reihe anderer Krisenszenarien ab und kriegt mehr Resilienz oder Widerstandsfähigkeiten in die gesellschaftlich und wirtschaftlich notwendigen Prozessketten. Ganz abgesehen davon, dass man selbst entspannter und leistungsfähiger wird.“

Von Bettina Merkelbach

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