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Mehrheit der von uns befragten Maintaler schaut keine Fußball-Weltmeisterschaft

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Kollektiver Jubel, wie hier beim Public Viewing im Rahmen der Fußball-WM 2018, wird nicht nur aufgrund der Jahrezeit vieler Orts ausbleiben. Viele Fußball-Fans boykottieren die WM in Katar.
Kollektives Mitfiebern, wie hier beim Public Viewing im Rahmen der Fußball-WM 2018, wird nicht nur aufgrund der Jahrezeit vieler Orts ausbleiben. Viele Fußball-Fans boykottieren die WM in Katar. © Bernd von Jutrczenka/dpa

Seit Sonntag rollt der Ball in Katar, einem Land, das hierzulande nicht erst seit Vergabe der Fußball-WM durch Negativschlagzeilen bekannt ist. Heute steigt die deutsche Nationalelf in das Turnier ein.

Maintal – Und wieder überlagern Themen wie Menschenrechtsverletzungen, unwürdige Arbeitsbedingungen und Korruption das sportliche Großereignis. Fußballfans stellt das vor ein Dilemma: Können sie die Spiele trotzdem genießen, mitfiebern, jubeln und feiern? Oder sollen sie die TV-Übertragungen boykottieren?

Josef Sarroca, selbst Ex-Profi-Fußballer und Trainer, betreibt in Bischofsheim eine Bäckereifiliale und hat eine klare Meinung dazu: Fußball ja, alles andere lehnt er strikt ab. Als Deutscher mit spanischen Wurzeln sind ihm vor allem die Partien mit deutscher und spanischer Beteiligung wichtig. Aber die Eröffnungsfeier hat er sich nicht angesehen. „Dazu wurde einfach zu viel Negatives aus Katar berichtet.“ Trotzdem wolle er es sich „nicht entgehen lassen, wenn die besten Spieler der Welt auflaufen“.

Ex-Profi Josef Sarroca ist skeptisch

In seiner Bäckerei in der Schäfergasse treffen sich allmorgendlich eine Hand voll Fußballexperten und fachsimpeln über die neuesten Ergebnisse. Einer, der immer Teil der Runde ist, ist Michael Rautdoitzy. Auch er steht der WM skeptisch gegenüber. „Wenn Zeit ist, schaue ich die Spiele. Aber bei dem Wetter kommt einfach keine WM-Stimmung auf.“ Das letzte Testspiel gegen Oman habe außerdem nicht gerade zur Vorfreude beigetragen. Wie bei vergangenen Weltmeisterschaften gemeinsam mit Freunden vor dem Fernseher mitfiebern, das werde er dieses Jahr nicht machen.

Den Sport von den aus Katar berichteten Menschenrechtsverletzungen zu trennen – das ist allerdings längst nicht Jedermanns Sache. Bei einer Umfrage unserer Redaktion auf dem Bischofsheimer Wochenmarkt äußerten sich die meisten Besucher kritisch. „Das Einzige, das ich aus der Ferne beitragen kann, ist der Boykott der Übertragung im Fernsehen“, sagt Astrid Schmitz. Die Menschenrechtsverletzungen, die menschenunwürdigen Zustände auf den Baustellen, Gerüchte um die gekaufte WM-Vergabe und Klimaschutzbedenken sind die Themen, die die Maintaler davon abhalten, das Turnier live zu verfolgen. Karin und Wolfgang Möller zählen zu den wenigen, die sich von den Skandalen nicht beeinflussen lassen. Sie planen, alle Spiele mit der Familie anzuschauen. „Wir finden nicht gut, dass die WM in Katar stattfindet. Aber letztendlich geht es ja um den Sport“, sagt Karin Möller.

Debatte auf Rücken der Spieler

Die meisten Befragten bemängeln eine klare Kante des DFB, etwa in der aktuellen Diskussion um die „One Love“-Binde, die Kapitän Manuel Neuer als sichtbares Zeichen gegen die Diskriminierung queerer Menschen tragen sollte. Um dafür keinen Verweis zu riskieren, läuft der deutsche Torhüter allerdings nun doch nicht mit der regenbogenfarbenen Kapitänsbinde auf. „Die Verbände hätten zusammenhalten und abreißen müssen“, findet Josef Sarroca. Der ehemalige Eintracht-Profi kritisiert, dass diese Debatte auf dem Rücken der Spieler ausgetragen wird, und hofft auf mehr Mut und Kreativität an anderer Stelle. „Ich finde das total übertrieben, wie die Fifa das handhabt. Aber man kann sich ja etwas anderes einfallen lassen, um trotzdem Flagge zu zeigen.“ Beeindruckt habe ihn Claudia Neumann, die das Spiel zwischen USA und Wales am Montagabend im ZDF im Regenbogen-T-Shirt kommentiert hat. (Von Bettina Merkelbach)

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