1. Startseite
  2. Region
  3. Main-Kinzig-Kreis
  4. Maintal

Prozess um Tankstellenüberfälle: Angeklagter stellt Gutachter vor neue Herausforderungen

Erstellt: Aktualisiert:

Von: Michael Bellack

Kommentare

Noch haben die Akten im Prozess um zwei Tankstellenüberfälle in Maintal noch nicht das Niveau wie auf diesem Bild erreicht. Allerdings dürften noch so einige Seiten hinzukommen. Symbol
Noch haben die Akten im Prozess um zwei Tankstellenüberfälle in Maintal noch nicht das Niveau wie auf diesem Bild erreicht. Allerdings dürften noch so einige Seiten hinzukommen. Symbol © UWE Anspach (DPA)

Mit mehreren Blättern hatte sich der Angeklagte Patrick B. auf den vorherigen Verhandlungstag vorbereitet. Ungleich größer ist der Stapel Papier, den die psychiatrischen Sachverständigen nun auf ihren Tischen liegen haben. Mehrere Hundert Seiten ist das Gutachten lang, das vor dem Prozess erstellt wurde. Glaubt man dem Angeklagten, sind es mehrere Hundert Seiten voller falscher Aussagen.

Maintal/Hanau – Das zumindest behauptet er bei seiner rund dreistündigen Befragung durch die psychiatrischen Sachverständigen Sophia Falke und Dr. Christian Knöchel. Immer wieder halten sie B., der im März 2021 zwei Tankstellen in Maintal überfallen hat, seine in den persönlichen Gesprächen getätigten Aussagen vor.

Immer wieder sagt B., dass diese falsch seien. „Das ist völliger Blödsinn, was da steht“, sagt er über seine eigenen Aussagen. Von „Schauspielerei“ ist die Rede. B. hatte einen Plan, der nicht so recht aufgegangen ist. Um die Hilfe für sich zu bekommen, die er selbst für nötig hält, habe er den Sachverständigen etwas vorgespielt. Er habe bewusst falsche Angaben gemacht, um den Eindruck einer Schizophrenie zu erwecken. Nur dann wäre eine Therapie für ihn möglich gewesen, erklärt er.

Doch von seinen damaligen Aussagen will er jetzt nichts mehr wissen – und das aus gutem Grund. Über den mutmaßlichen Schuss auf den Kassierer der Shell-Tankstelle am 10. März hatte B. gesagt, man solle nicht so einen „riesigen Aufwand“ um diesen „Kinderkack“ machen, zitiert ihn Knöchel. Angesichts des im Raum stehenden Vorwurfs des versuchten Mordes eine wohl exklusive Sichtweise. Im Rahmen des ersten Prozesses gegen B. wegen eines Tankstellenüberfalls im Mai 2020 soll er gesagt haben, die überfallene Kassiererin habe vor Gericht „eine Show abgezogen“. Und nur er habe das gemerkt. Das alles seien damals strategische Aussagen gewesen, sagt der Angeklagte heute. Er habe die Fragen so beantwortet, dass sie für ein möglichst geringes Empathieverständnis sprächen – ein Aspekt der Schizophrenie. Aufgegangen ist der Plan von B. allerdings nicht. Deshalb tut er wohl gut daran, seine bisherigen Aussagen zu revidieren.

„Es tut mir leid, was ich ihr angetan habe“, sagt er über die Kassiererin. Und er sei im Nachhinein „erschrocken über das, was passiert ist“. Wie die Aussagen von B. einzuordnen sind, müssen die Sachverständigen klären, die die Person Patrick B. womöglich noch einmal neu bewerten müssen.

Dass der bereits in Strafhaft sitzende Angeklagte keinen besonders guten Draht zur Polizei hat, dürfte unstrittig sein. „Ich habe noch nie viel von der Polizei gehalten“, sagt er auf der Anklagebank. Auch in den Gesprächen mit den Sachverständigen habe er gesagt, kein Vertrauen in Polizei und Justiz zu haben. Seinen Unmut den Beamten gegenüber soll B. bei seiner Verhaftung nach dem Überfall am 10. März verbal und körperlich Luft gemacht haben. Einen Beamten soll er mit einem Kopfstoß attackiert und an der Nase verletzt haben, zudem soll er ihm damit gedroht haben, ihm „eine Kugel zwischen die Augen zu jagen“. Auch soll es heftige Drohungen gegen die Familie des Beamten und nicht zitierfähige Beleidigungen gegeben haben. Der Beamte fordert Schmerzensgeld. Für B. angesichts der ihm vorgeworfenen Taten wohl das geringste Problem. Der Prozess wird fortgesetzt.

Von Michael Bellack

Auch interessant

Kommentare