Respekt und Toleranz: Spaziergang durch Bischofsheim mit fünf Aktionen an fünf Orten

Solidarität ist ein großes Wort. Der Frage, was jeder Einzelne für den gesellschaftlichen Zusammenhalt tun kann, näherten sich die Teilnehmer bei einem Spaziergang durch Bischofsheim an. Unter dem Motto „Was die Welt zusammenhält“ hatten die evangelische und katholische Kirche, der Arbeitskreis Asyl, die Freiwilligenagentur, die Integrationsbeauftragte Verena Strub und das Stadtteilzentrum zu interaktiven Aktionen eingeladen.
Maintal – Mit dem Themenpfad durch den Stadtteil haben die Veranstalter das corona-konforme Konzept der beliebten Tafel „Bischofsheim is(s)t bunt“ nach dem Erfolg des vergangenen Jahres fortgesetzt. An fünf Orten gab es die Möglichkeit, sich an fünf Aktionen zu beteiligen, sich zu informieren und mit zu diskutieren.
Los ging‘s vor der Asylbewerber-Unterkunft an der Rhönstraße. Hier lud der Arbeitskreis Asyl zum Puzzeln, Basteln und Tanzen ein. Große und kleine Bastler konnten ihr Geografiewissen bei 2D- oder 3D-Welt-Puzzles unter Beweis stellen – eine Aufgabe, die am besten im Team gemeistert wurde und Startpunkt für Gespräche über die Herkunftsländer der Geflüchteten war.

„Es ist erstaunlich, was man dabei alles lernen kann“, meint Ilona Eschelbach vom Arbeitskreis Asyl, die auf weitere Spaziergänger hoffte. Denn der Großteil der Bastler waren Bewohner der Unterkunft. Unter dem Motto „Zusammen für unsere eine Welt“ informierte der Arbeitskreis zum fairen Handel und schenkte fair gehandelten Kaffee, Tee und Schokolade aus.
Krisenberatung für Kinder und Jugendliche
Ein paar Schritte weiter, vor der katholischen Kirche St. Theresia, stand eine ganze andere Solidarität im Mittelpunkt – die mit Kindern und Jugendlichen während der Pandemie. Denn es sind und waren vor allem die jüngeren Menschen, die unter den Lockdowns und zahlreichen Einschränkungen leiden müssen. „Der Kontakt zu Freunden, Lehrern, im Sportverein - all das fiel über lange Zeit für die Kinder und Jugendlichen weg. Da fehlte es an Vertrauenspersonen, an die man sich mit Sorgen und Problemen wenden konnte“, sagt Laura Rodriguez. Aus der Gemeinde heraus ist in Zusammenarbeit mit der Albert-Einstein-Schule, der Erich-Kästner-Schule und der Schule am Ried eine Videopräsentation entstanden, die den Jugendlichen den Krisenchat ans Herz legt.
Das von dem Berliner Schüler Kai Lanz gegründete gemeinnützige Start-up bietet Krisenberatung über WhatsApp und damit eine zeitgemäße Form, Jugendlichen durch persönliche Krisen während der Pandemie zu helfen.
Viele Formen der Solidarität
„Ohne die Pandemie hätten wir das Thema Solidarität in dieser Form sicher nicht aufgegriffen“, so die Integrationsbeauftragte Verena Strub, die an ihrer Station in der Stoltzestraße gemeinsam mit der Freiwilligenagentur zum Bauen und Diskutieren einlud. „Mindestlohn“, „schonender Umgang mit Ressourcen“, „Zivilcourage“, „fairer Handel“ und weitere Eckpunkte der Solidarität konnten hier auf Kartonwürfeln zu einer ganz individuellen Pyramide zusammengesetzt werden.
Dabei muss jeder für sich selbst entscheiden, welche Formen der Solidarität die wichtigsten sind und den Sockel des Gebäudes bilden. Beim Bauen entspannen sich viele Gespräche, etwa darüber, wie die Beteiligung von Kindern dauerhaft möglich ist. „Mir fällt auf, dass in Maintal immer mehr Spielplätze Wohnraum weichen“, sagte eine Mutter beim Stapeln. Auch Bürgermeisterin Monika Böttcher wurde zur Baumeisterin und steckte „Respekt und Toleranz“ auf die Joker-Kiste an der Spitze ihrer Solidaritätspyramide.
Infos über das Krichenasyl
Ihre eigenen Vorstellungen und Gedanken zur Solidarität konnten auch die Besucherinnen und Besucher der evangelischen Kirche zu Papier bringen. Hier informierte der Kirchenvorstand über die erfolgreiche Praxis des Kirchenasyls.
„Wir haben das schon dreimal gemacht und es hat dreimal wirklich gut geklappt“, berichtet Christina Geißler vom Kirchenvorstand. Auf Initiative des Arbeitskreises Asyl hat die Gemeinde Geflüchteten Asyl gewährt, bis die Überstellungsfrist seit ihrer Ankunft in einem anderen EU-Land verstrichen war, sodass sie dann hier Asyl beantragen konnten.
Japanisches Erzähltheater greift Thema Solidarität auf
Einen kreativen Zugang zum Thema Solidarität bot das Stadtteilzentrum mit der Demokratie-Werkstatt und dem japanischen Erzähltheater Kamishibai. Michaela Schmid, Koordinatorin der Maintaler Familienzentren, setzt diese Art des Geschichtenerzählens in ihrer Arbeit mit Kindern und Familien ein. „Das Erzähltheater ist generationenübergreifend und auch mit geringen Deutschkenntnissen verständlich“, sagt die Künstlerin. „So kann man es auch Kindern schon anbieten und zumuten, ein so schweres Wort wie Solidarität zu benutzen.“ (Von Bettina Merkelbach)