Seltene Feldhamsterpopulation zwischen Wachenbuchen und Mittelbuchen benötigt Schutz

Maintal – Festes Schuhwerk ist ein Muss, lange Hosen eine Empfehlung, will man mit Manfred Sattler querfeldein den Feldhamsterbestand erfassen. Am Samstagvormittag führte der Gebietsbetreuer für den Main-Kinzig-Kreis interessierte Laien in die Lebensweise der Feldhamster ein. Weltweit gilt die Art als vom Aussterben bedroht und wird damit in derselben Kategorie wie Panda, Nashorn und Berggorilla gelistet.
Bevor aber drei Kinder und einige Erwachsene die abgeernteten Stoppelfelder ablaufen, erklärt Sattler, wonach eigentlich gesucht wird. Seit 2003 kartiert er ehrenamtlich für die AG Feldhamsterschutz der Hessischen Gesellschaft für Ornithologie und Naturschutz (HGON) die Feldhamsterbestände im Main-Kinzig-Kreis. Dazu läuft er jedes Jahr ungefähr 500 Hektar ab.
Cricetus cricetus, so der wissenschaftliche Name des Feldhamsters, hat die Größe eines Meerschweinchens, weshalb die Schlupf- und Fallröhren einen Durchmesser von etwa sechs Zentimeter haben. Der Feldhamster lebt als Einzelgänger in einem weitverzweigten unterirdischen Bau, den Weibchen wie Männchen anlegen. Bis zu zwei Meter tief können die verschiedenen Wohn- und Vorratskammern liegen, die mit Gängen verbunden sind.
Dort verbringt der dämmerungsaktive Nager die meiste Zeit. Aktiv ist der Feldhamster von Mitte April bis Ende September, zieht einen bis drei Würfe groß und legt sich einen Vorrat für den Winter an. Das Verbreitungsgebiet des Feldhamsters ist auf tiefgründige, weiche Lehm- und Lößböden beschränkt.

In Hessen wird der Feldhamster von ursprünglich 57 historischen Populationsräumen noch an sieben Standorten nachgewiesen. Zwischen Wachenbuchen, Mittelbuchen und Kilianstädten konzentrieren sich die Bestände. „Wir stemmen uns mit aller Macht dem Verlust entgegen. Es ist wichtig zu wissen, wo die Tiere sind, damit man gemeinsam mit den Landwirten Fördermaßnahmen beantragen kann.“ Die Zusammenarbeit klappe sehr gut, über 30 Betriebe hätten auf 200 Flächen etwa 60 Hektar für Schutzmaßnahmen bereitgestellt.
Verschiedene Ursachen führen dazu, dass der Feldhamster zu den großen Verlierern der veränderten Landschaftsstruktur zählt und gerade die letzten heißen Sommer die Populationen arg dezimiert haben. Die Lebensräume sind verbaut und zerschnitten, die Felder werden immer größer. Findet die Weizenernte bereits im Juli statt – wie in den trockenen Sommern geschehen – so hat der Nachwuchs so gut wie keine Chance. Bei einem Radius von circa 500 Metern findet der Feldhamster nach der Getreideernte praktisch kein Futter mehr und keine Deckung vor seinen Fressfeinden.

Die abgeernteten und noch nicht umgebrochenen Felder sind der ideale Zeitpunkt, um einen Hamsterbau zu entdecken. Man erkennt ihn an mindestens 60 Zentimeter tiefen, senkrechten Fallröhren und glattwandigen Schlupfröhren, die sich in der Nähe eines großen, sehr feinkrümeligen Erdhaufens befinden. Manfred Sattler und sein Team freiwilliger Helfer laufen Jahr für Jahr die Felder ab und erfassen die bewohnten Hamsterterritorien. Dort, wo sie Feldhamster finden, werden die Landwirte angesprochen, sich am „Verbundprojekt Feldhamsterland“ mit Maßnahmen zum Schutz der Hamster zu beteiligen. Dazu gehören beispielsweise das Stehenlassen von „Nacherntestreifen“, das Anlegen von Luzerne- und Blühflächen, um ein vielseitiges Nahrungsangebot und Deckung zur Verfügung zu stellen.
„Die Landwirte sind selbst sehr unter Druck“, weiß Sattler, „und dann komme ich noch mit meinen Feldhamsterschutzmaßnahmen.“ Diese müssen sich so gut wie möglich in den Betriebsablauf integrieren, sonst kann es nicht funktionieren. Zwischen Wachenbuchen und Mittelbuchen unterstützen die Landwirte das Projekt „Feldhamsterland“. Eine Blühwiese entwickelt sich gerade prächtig und mitten im Feld ist einen Streifen Gerste stehen geblieben. Wie sich die Maßnahmen auf die Feldhamsterdichte auswirken, wird man in den kommenden Jahren sehen. Sicher ist, dass auch Feldvögel, Insekten und weitere Arten davon profitieren werden.

Im Abstand von fünf Metern läuft das neu eingeführte Team drei Felder ab. Den Blick suchend nach großen Löchern und Erdhaufen auf den Boden gerichtet. „Hier, ich hab’ was!“ – „Herr Sattler, hier ist ein großes Loch.“ Nicht jedes Mal war es ein richtiger Treffer, aber immer hin, das Ergebnis war „passabel“, wie Sattler sagte. Etwa zehn bewohnte Hamsterbaue wurden auf den drei Feldern ausgemacht. Mit den langjährigen Schutzmaßnahmen sieht es vielleicht nicht so schlecht aus.
Von Ulrike Pongratz