Sozial- und Steuerbetrug: Bewährungsstrafen für Ehepaar

Fast sieben Monate dauerte der Prozess, nur rund eine Minute des Plädoyer des Staatsanwalts. Grund dafür: eine verfahrensbeendende Absprache, wie es im Juristendeutsch heißt – also ein „Deal“.
Maintal/Schöneck/Hanau –Die beiden Angeklagten, ein Ehepaar, das das Kommunale Center für Arbeit in Maintal und das Finanzamt um Beträge in Höhe von mehreren Hunderttausend Euro geprellt hat, kommen am Ende mit Bewährungsstrafen davon. Und einer stattlichen Geldauflage.
Rückblick: Anfang März dieses Jahres beginnt der Prozess gegen das Ehepaar C. Die zu diesem Zeitpunkt 46 Jahre alte Ehefrau hat über sechs Jahre das Jobcenter in Maintal mit falschen Angaben zu ihren Einkunfts- und Vermögensverhältnissen um einen niedrigen sechsstelligen Betrag geprellt. Für ihre sechsköpfige Familie bezog sie „Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts“. Diese allerdings wurde zeitgleich von ihrem Mann gesichert.
Der betrieb über das Internet einen florierenden Handel mit hochwertigen Gebrauchtwagen, vornehmlich aus dem Ausland. Für die Geschäfte nutzte er Scheinfirmen im Ausland und Strohmänner, gab falsche Personalien an, unter anderem auch die seiner Eltern. Steuern zahlte der Mann jedoch nicht. Weder eine Umsatzsteuer für sein „Business“ noch seine persönliche Einkommenssteuer. Nach einigen Jahren wächst die Summe auf mehrere Hunderttausend Euro an.
Seine Frau kassierte derweil fleißig vom Arbeitsamt ab. Als die Mitarbeiter von einem Verfahren gegen ihren Mann wegen Steuerhinterziehung erfahren, erklärt die Frau dreist, nicht mehr mit ihrem Mann zusammenzuleben. Das Geld fließt weiter.
Mit dem ergaunerten Geld finanziert das Ehepaar nicht nur seinen Lebensunterhalt, sondern auch Immobilien im europäischen Ausland. Eine Eigentumswohnung und ein Haus nennen die beiden ihr Eigen.
Eben jenes Haus erweist sich schon zu Prozessbeginn als Knackpunkt. Denn beide Angeklagten hätten sich geständig gezeigt, wenn man sich Vorfeld auf eine Bewährungsstrafe geeinigt hätte. Und darauf, für den finanziellen Schaden keinen Wertersatz einzuziehen. Ein „Deal“, auf den sich die Staatsanwaltschaft auf keinen Fall einlassen wollte.
Mehr als ein halbes Jahr später kommt dann dennoch ein „Deal“ zustande. 124 geladene Zeugen, darunter Mitarbeiter des Arbeitsamtes und zahlreiche Autokäufer, haben den Prozess in die Länge gezogen.
Staatsanwaltschaft und Verteidigung einigen sich auf eine Bewährungsstrafe für die beiden Angeklagten. Herr C. bekommt ein Jahr und zehn Monate aufgebrummt, Frau C. ein Jahr Freiheitsstrafe. In beiden Fällen wird die Strafe für drei Jahre auf Bewährung ausgesetzt.
Und auch den finanziellen Schaden muss das Ehepaar begleichen. An die Arbeitsagentur müssen 159 000 Euro zurückgezahlt werden – genau die Summe, die zu Unrecht an die Familie gezahlt wurde. Rund 70 000 Euro davon wurden laut Staatsanwaltschaft bereits beglichen.
Zudem muss der Ehemann noch 89 000 Euro an das Finanzamt zahlen. Schon zuvor hatte er eine Summe eingezahlt. Die Immobilien im Ausland bleiben dafür unangetastet. Ein „Deal“, mit dem beide Seiten leben können.
Von Michael Bellack