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Stavo beschließt Magistratslinie zur Flüchtlingsunterbringung in Maintal

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Bürgerhäuser oder Festplätze? Vorrangig ist eine temporäre Unterkunft in der Theo-Mack-Straße. Welche Grundstücke die Stadt zusätzlich als Reserve bereithalten will, war einmal mehr Streitpunkt in der Stavo. ARCHIV
Bürgerhäuser oder Festplätze? Vorrangig ist eine temporäre Unterkunft in der Theo-Mack-Straße. Welche Grundstücke die Stadt zusätzlich als Reserve bereithalten will, war einmal mehr Streitpunkt in der Stavo. ARCHIV © BETTINA MERKELBACH

Die Maintaler Stadtverordnetenversammlung hat die vom Magistrat erarbeitete Strategie zur Unterbringung von Geflüchteten beschlossen. Ob die umstrittenen Festplätze als Reserve dienen sollen, war einmal mehr Streitpunkt in der ansonsten sachlichen Diskussion.

Maintal – Ergänzungsantrag zum Änderungsantrag, Abstimmung nach Unterziffern, Antragsbegründung mitten in der Abstimmung, Geschäftsordnungsanträge zur Tagesordnung – es war keine einfache Aufgabe, die Jana Freund (WAM) als stellvertretende Stadtverordnetenvorsteherin am Montagabend übernommen hatte. Martin Fischer (CDU) hatte ihr den Vorsitz übertragen, weil er sich selbst zu dem Thema zu Wort melden wollte, das seit Monaten die politische Diskussion in Maintal beherrscht, die Bürgerversammlung, mehrere Ausschusssitzungen und die Stadtverordnetenversammlung füllte: Wie gelingt es Maintal, kurzfristig Geflüchtete aufzunehmen? Und wie kann die Stadt sich für den unvorhersehbaren Fall wappnen, wenn plötzlich mehr Schutzsuchende aufgenommen werden müssen?

„Ich mache das hier zum ersten Mal“, erklärte Freund entschuldigend im Verlauf des komplizierten Prozederes. Für ihren Interimseinsatz gab es zurecht Applaus. Um viertel vor zehn war die Abstimmung in trockenen Tüchern: Die Stadtverordneten einigten sich einstimmig im Großen und Ganzen auf die Linie des Magistrats zur Unterbringung von Geflüchteten in Maintal.

Einstimmig für Theo-Mack-Straße

Dem vorausgegangen war eine Diskussion, die sich größtenteils sachlich auf alle aktuellen Optionen bezog. In der Frage, wo die Stadt – falls nötig – eine Leichtbauhalle zur Unterbringung von Geflüchteten aufstellen will, herrschte Einigkeit: Dafür soll das Grundstück in der Theo-Mack-Straße in Bischofsheim genutzt werden. Diese Option hatte sich kurzfristig im März eröffnet, weil die Bahn das Areal erst 2025 als Baufeld für die Nordmainische S-Bahn braucht (wir hatten berichtet).

Doch was, wenn eine Leichtbauhalle nicht reicht? „Die Zuweisung war bisher moderat. Trotzdem muss die Stadt Vorkehrungen treffen, um die Unterbringung weiterhin zu gewährleisten“, erklärte Erster Stadtrat Karl-Heinz Kaiser (SPD). Absehen, dass die Zuweisung auf niedrigem Niveau bleibe, könne man nicht. Deshalb brauche Maintal eine Reserve, bei der die CDU die Festplätze gerne ausgespart hätte.

CDU wollte die Festplätze ausschließen

„Wir möchten die Festplätze nur dann belegen, wenn uns nichts anderes übrig bleibt“, begründete Erik Schächer (CDU) den Antrag, der bei den dezimierten Stadtverordneten – zehn fehlten, zwei nahmen wegen Befangenheit nicht an der Abstimmung teil – jedoch keine Mehrheit fand. Die Fraktion schlug alternativ als „kleineres Übel“ das Gewerbegebiet West in Bischofsheim und das Ambrosius-Gelände vor.

Letzteres hatte der Magistrat ausgeschlossen. Kaiser erklärte, er befürchtete aufgrund der von Instone-Geschäftsführer Ralf Werner im Interview mit dieser Zeitung getroffenen Aussage, dass der Investor im Gegenzug den Beschluss des „Masterplans“ Maintal Mitte fordere. „Diesen Scheck kann der Magistrat nicht ausstellen“, stellte Kaiser klar.

Gegenleistung für Ambrosius-Gelände unklar

Die WAM betonte einmal mehr, dass sie eher die Festplätze als die Bürgerhäuser als Notlösung sieht. Zum Ambrosius-Gelände will sie Nägel mit Köpfen machen und beauftragt den Magistrat, Zeitdauer und Kosten mit Instone schriftlich zu klären und eine Gegenleistung auszuschließen – eine Idee, die die Mehrheit überzeugte.

Wenig überzeugen konnte allerdings die CDU mit der Begründung ihres Antrags. Anstoß bei Kaiser erregte vor allem der Vorschlag der Fraktion, in den geplanten Unterkünften Schwerpunkte für junge, alleinreisende Männer und Frauen zu schaffen. Damit würden unterbewusst Vorurteile geschürt, denen der Erste Stadtrat entgegentrat: „Wir haben keinen Kriminalitätsschwerpunkt bei Geflüchteten. Wir haben noch nicht einmal den Ansatz sexualisierter Gewalt“, stellte Kaiser klar. „Wenn die Begründung uns nicht gelungen ist, bitte ich um Entschuldigung“, räumte Schächer daraufhin ein.

Wie mit rassistischen Kommentaren umgehen?

Neben den Grundstücken dominierte ein weiteres Thema die abendfüllende Debatte: Wie gehen Stadtverordnete mit Hass und Hetze im Internet um? Viele sahen sich im Verlauf der hitzigen Diskussion um die Festplätze in den Maintaler Facebook-Gruppen der Aufforderung gegenüber, sich von rassistischen Kommentaren zu distanzieren. Die Reaktion fiel unterschiedlich aus. Einige hatten ihre Online-Aktivitäten zwischenzeitlich eingestellt, andere diskutierten weiter, sahen sich aber nicht in der Pflicht, sich abzugrenzen.

„Wir dürfen nicht zulassen, dass legitime Meinungsäußerungen von bestimmten Interessensgruppen gekapert und damit mundtot gemacht werden“, verdeutlichte FDP-Fraktionschef Thomas Schäfer den schmalen Grat, auf dem sich die Stadtverordneten mit ihrer Meinung im öffentlichen Raum bewegen. Alle seien aufgerufen, sich gegen Rassismus zu positionieren, bekräftigte Jörg Schuschkow (WAM). „Wir haben nie eine Bürgerinitiative angegriffen“, ergänzte Monika Vogel (Grüne). Sebastian Maier (SPD) sah die Diskussion auf einem guten Weg, wieder zur sachlichen, von Einigkeit geprägten „Maintaler Erfolgsgeschichte“ zurückzufinden.

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