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„Wir mussten ziemlich kämpfen“: Hinter den Helfern der Maintaler Tafel liegen harte Monate

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Von: Kristina Bräutigam

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Die Regale können endlich wieder aufgefüllt werden: Fahrer Heinz Möller und seine Frau Heidi (Mitte) packen mit Brigitte Eggensperger, Leitung Ausgabe der Tafel Maintal, die Spenden der Globus-Aktion aus.
Die Regale können endlich wieder aufgefüllt werden: Fahrer Heinz Möller und seine Frau Heidi (Mitte) packen mit Brigitte Eggensperger, Leitung Ausgabe der Tafel Maintal, die Spenden der Globus-Aktion aus. © Kristina Bräutigam

Nach der großen Sammlung müssen alle anpacken. 140 Klappkisten mit insgesamt 1,3 Tonnen Lebensmitteln stapeln sich in den Räumen der Tafel Maintal in Dörnigheim und warten darauf, sortiert zu werden. Brigitte Eggensperger, Leiterin der Ausgabe, kann ihr Glück kaum fassen. „Damit kommen wir sicher die nächsten sechs Monate aus.“

Maintal – Zusammengekommen sind die Lebensmittel bei der Spendenaktion „Kauf eins mehr“, die am Freitag und Samstag vor einer Woche im Maintaler Globus-Markt stattgefunden hat. Zwei Tage lang konnten die Kunden haltbare Lebensmittel wie Nudeln, Reis, Öl oder Konserven spenden. Die Aktion war ein Riesenerfolg. Und sie war bitter nötig.

„Durch Corona hatten wir fast zwei Jahre lang keine Möglichkeit, haltbare Lebensmittel zu sammeln. Unser Lager war so gut wie leer. Wir mussten ziemlich kämpfen“, erzählt Brigitte Eggensperger. Nicht nur die „Kauf eins mehr“-Aktion, die bislang jedes Jahr in der Adventszeit im Globus-Markt stattgefunden hatte, musste 2020 ausfallen. Auch die Eimer-Aktion bei Real, bei der einmal im Jahr ebenfalls haltbare Lebensmittel gesammelt werden, fand nicht statt.

Maintaler Tafel benötigt vor allem haltbare Lebensmittel

Doch genau diese Produkte sind für die Tafel extrem wichtig. Denn von den Maintaler Supermärkten bekommt die Einrichtung zwar Brot, Kühlwaren sowie Obst und Gemüse, das sonst auf dem Müll landen würde. Lebensmittel wie Nudeln, H-Milch oder Konserven sind aufgrund ihrer längeren Haltbarkeit dagegen Mangelware. „Genau diese Produkte sind für viele Familien aber Grundnahrungsmittel“, sagt Eggensperger. Vor Corona habe ein Kunde immer eine Konserve und eine Packung Nudeln pro Einkauf mitnehmen dürfen. „Zuletzt hieß es entweder oder.“

Doch das fast leere Lager ist nicht die einzige Herausforderung, vor die die rund 100 ehrenamtlichen Helfer durch die Pandemie gestellt werden. Als im März 2020 die Geschäfte schließen müssen, macht auch die Tafel für drei Wochen dicht. Die Unsicherheit ist groß, niemand weiß, wie es weitergehen soll. Doch allen Beteiligten ist klar, dass das keine dauerhafte Lösung sein kann.

110 Bedürftige kommen an den drei Abholtagen in die Neckarstraße: Geflüchtete, Rentner, alleinerziehende Mütter. Hinter fast jeder Person steht eine Familie, sodass die Maintaler Tafel schätzungsweise 400 Menschen versorgt. „Für diese Menschen hätte es keine Alternative gegeben. Und die Supermärkte hätten alle Lebensmittel entsorgt. Unvorstellbar“, sagt Brigitte Eggensperger.

Viele Helfer der Maintaler Tafel gehören zur Corona-Risikogruppe

Doch die Tafel, deren Träger die Bürgerhilfe Maintal ist, hat auch die Verantwortung für die eigenen Mitarbeiter. Fast alle Ehrenamtlichen sind weit über 60, gehören damit zur Hochrisikogruppe. Der Verein beschließt, die Lebensmittelausgabe umzuorganisieren und bedient zunächst durchs geöffnete Fenster.

Keine Angst vor Corona: Gisela Herrmann ist mit 86 die älteste Tafel-Helferin und packt tatkräftig mit an.
Keine Angst vor Corona: Gisela Herrmann ist mit 86 die älteste Tafel-Helferin und packt tatkräftig mit an. © Kristina Bräutigam

Ein Mitarbeiter kontrolliert außerdem, ob die Kunden in der Schlange den Abstand einhalten und Maske tragen. Außerdem wird mithilfe von Deutschem Roten Kreuz und der Feuerwehr eine Ausgabestelle in Bischofsheim eröffnet, um den Bedürftigen aus dem Stadtteil die Busfahrt nach Dörnigheim zu ersparen. „Natürlich gab es ein paar Mitarbeiter, die aus Angst vor einer Ansteckung pausiert haben“, sagt Eggensperger, selbst 78 Jahre alt. „Aber die allermeisten haben trotz Corona durchgehalten und ihren Dienst absolviert.“

Schließung von Real-Filiale trifft auch die Maintaler Tafel

Auch Gisela Herrmann lässt sich nicht abschrecken. Die 86-Jährige ist die älteste Helferin der Maintaler Tafel. Jeden Tag, von Montag bis Samstag, ist sie mindestens drei Stunden im Einsatz, packt aus, räumt ein, sortiert, auch während der Pandemie. „Meine Tochter hat mich natürlich gefragt, ob es sein muss. Aber für mich ist das hier ein Gesundbrunnen“, sagt die Seniorin. Mittlerweile sind alle ehrenamtlichen Helfer zweifach geimpft, einen Corona-Fall hat es innerhalb der Tafel nicht gegeben. An den Abholtagen gilt die 3-G-Regel.

Vielleicht will die Tafel eine weitere Spendenaktion starten. So groß war die Bereitschaft bei der Aktion am ersten Oktober-Wochenende. Zudem fällt durch die Schließung des Real-Marktes ein langjähriger Partner weg. Vor allem die Süßigkeiten an Ostern und Weihnachten sowie die Getränkespenden werden fehlen, sagt Brigitte Eggensperger. „Die Schließung werden wir merken. Und ein Ersatz ist nicht in Sicht.“

Von Kristina Bräutigam

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