1. Startseite
  2. Region
  3. Main-Kinzig-Kreis
  4. Maintal

Zero-Waste-Workshop: Weniger Müll dank selbstgemachter Haushaltskosmetik

Erstellt: Aktualisiert:

Kommentare

In den vorübergehenden Räumlichkeiten des Leihladens im Maintalbad begrüßte Müllvermeidungsspezialist und Blogger Andreas Arnold (Mitte) die sechs Teilnehmerinnen seines DIY-Workshops.
In den vorübergehenden Räumlichkeiten des Leihladens im Maintalbad begrüßte Müllvermeidungsspezialist und Blogger Andreas Arnold (Mitte) die sechs Teilnehmerinnen seines DIY-Workshops. © Bettina Merkelbach

Sein „Erweckungsmoment“ war der Abend, an dem Andreas Arnold „Plastic Planet“ im Fernsehen sah – eine Dokumentation über die Gefahr von Plastik für Menschen, Umwelt und Tiere. Seitdem – das war vor neun Jahren – vermeidet er Müll und spart Energie, um seinen CO2-Fußabdruck zu verkleinern.

Maintal – Mit sichtlichem Erfolg: Nachdem er „Plastic Planet“ gesehen hatte, begann er alle Energiefresser radikal ausgemistet. Seitdem produziert er nicht mehr als einen halben gelben Sack Plastikmüll pro Jahr und verbraucht nur gut 300 Kilowatt-Stunden Strom. „Man erfährt viel über sich selbst und seine eigenen Schmerzgrenzen“, sagt er, der mittlerweile auch als „grüner“ Blogger, Autor und Bühnenpoet erfolgreich ist. In seinem Blog erzählt er, wie er in seinem Alltag versucht, auf Plastik und Strom zu verzichten. Er besitzt keinen Fernseher und lebte im Winter ohne Kühlschrank. „Kasteien soll sich niemand. Hauptsache man macht was“, ermutigte er die Teilnehmerinnen des Workshops, das am Wochenende in Maintal stattfand.

Denn ein effektiver Weg, Plastikmüll zu reduzieren, ist es, Kosmetik selbst herzustellen statt zu kaufen. Und da sich dieser Trend wachsender Beliebtheit erfreut, hat die Maintal Aktiv – Freiwilligenagentur am vergangenen Freitag den Friedberger Arnold schon zum zweiten Mal zu einem Do-it-Yourself-Workshop eingeladen.

Diesmal stand Haushaltskosmetik auf dem Programm, das sechs Teilnehmerinnen gemischten Alters in die Räume des vorübergehenden Leihladens im Maintalbad gelockt hatte. „Wir versuchen im Alltag so gut es geht, Plastikmüll zu vermeiden“, formulierte Sophia ihre Erwartungen an den Workshop.

Iris Kunde, erste Vorsitzende der Kinder- und Jugendfarm, nahm teil, weil sie sich für ihre Arbeit mit Kindern und Jugendlichen inspirieren lassen wollte. Und Elke Kächelein erinnerte sich: „Vor 30, 40 Jahren haben wir Vieles selbst hergestellt. Das ist im Lauf der Zeit verloren gegangen.“ Schnell war klar, dass Andreas Arnold es nicht mit Anfängerinnen zu tun hatte. Alle hatten bereits Erfahrung beim Müllvermeiden und teilten Tipps, etwa zum Haarewaschen mit festen Shampoos oder zu verschiedenen Geschmacksrichtungen für Zahnsalz.

Teilnehmerin Iris Kunde mixte Salbei und feines Salz zu Zahnsalz zum Zähneputzen.
Teilnehmerin Iris Kunde mixte Salbei und feines Salz zu Zahnsalz zum Zähneputzen. © Bettina Merkelbach

Dieses umweltfreundliche Zahnpflegemittel stellten dieTeilnehmerinnen nämlich als erstes her. Dabei beschränkte Andreas Arnold sich auf ein ganz einfaches Basisrezept aus Salbei und fein gemixtem Salz. Beherzt griff Iris Kunde zu Mörser und Stößel, und bald roch der Leihladen trotz Maske nach einem Kräutergarten.

„Das Salz hat antibakterielle Wirkung. Und Salbei wirkt antiviral, entzündungshemmend und desinfizierend“, erklärte Andreas Arnold die Auswahl der Zutaten. „Ich bin gespannt, wie das schmeckt. Ich stelle es mir schon komisch vor“, gab Katharina Kächelein zu. „Es ist ein anderes Gefühl, weil wir von klein auf schäumende Zahnpasta gewöhnt sind“, erklärte Andreas Arnold.

Aber er selbst putze seit Jahren mit nichts anderem und habe kerngesunde Zähne. Diese Überzeugungsarbeit war allerdings bei den anwesenden Frauen kaum notwendig. Die Teilnehmerinnen hatten meist selbst schon zuhause mit ähnlichen Substanzen herumexperimentiert, um ihr Kosmetikregal im Badezimmer von Plastik zu befreien.

Handarbeit wie zu Großmutters Zeiten: Flüssigseife entsteht aus geriebener Kernseife und Wasser.
Handarbeit wie zu Großmutters Zeiten: Flüssigseife entsteht aus geriebener Kernseife und Wasser. © Bettina Merkelbach-

„Das ist entspannend“, sagte Iris Kunde, als sie die Salbei-Salz-Mischung durch ein Sieb in ein eigens mitgebrachtes Gläschen abfüllte. „Statt Fernsehen, den hast du ja dann nicht mehr“, ergänzte Elke Kächelein mit Blick auf Andreas Arnold.

Das zweite Projekt beim Workshop war die Herstellung von Flüssigseife. Denn gerade für Gäste und erst recht seit der Pandemie sei es besser, zum Händewaschen flüssige statt fester Seife anzubieten. Die wichtigste Zutat dafür: Kernseife, die wie Parmesankäse gerieben und in kochendem Wasser aufgelöst wurde. „Damit kriegt man die Hände schon sauber“, sagte der Workshop-Leiter. „Mit etwas Soda erhält man ein flüssiges Waschmittel“, erklärte Arnold, der mit seinen Workshops eine breite Zielgruppe erreicht und den Einfluss der Zero-Waste-Community wachsen sieht: „Die Wirtschaft hat den Einfluss dieser kaufkräftigen kleinen Gruppe und damit die Marktchancen erkannt. Und das ist sehr erfreulich.“

Von Bettina Merkelbach

Auch interessant

Kommentare