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„Mittelstand darf es nicht verschlafen“

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Bei den Plattform-Macher-Tagen (hier ein
Bei den Plattform-Macher-Tagen (hier ein © PM

Ob Online-Marktplätze, Vergleichsportale, Suchmaschinen oder soziale Netzwerke – im Internet existieren zahlreiche digitale Plattformen. Dabei handelt es sich oft um B2C-Plattformen (Business to Customer), die sich auf die Geschäftsbeziehung zwischen Unternehmen und privaten Endverbrauchern konzentrieren. Analog dazu entstehen auf B2B-Plattformen „Business to Business“-Geschäftsbeziehungen zwischen zwei oder mehr Unternehmen.

Main-Kinzig-Kreis - Gerade für den deutschen Mittelstand bieten sich hierbei neue Potenziale. Damit Deutschland den Anschluss an die Plattformökonomie nicht verschläft, führt der Linsengerichter Internetunternehmer Bernd Weidmann Anfang Juni zum zweiten Mal die Plattform-Macher-Tage durch.

„Nach der erfolgreichen Premiere im vergangenen Jahr mit fast 100 Teilnehmenden war uns sofort klar: Eine Fortsetzung muss her“, sagt Weidmann. Die Neuauflage findet am 1. und 2. Juni auf dem Gut Hühnerhof in Gründau statt. Es treffen sich Experten, Dienstleister, Entscheider und Neulinge aller Branchen, die sich mit dem Thema B2B-Plattformen auseinandersetzen und Informationen und Impulse aus erster Hand bekommen möchten.

B2B Plattformen könnten zentrales Geschäftsmodell werden

„Unser Ziel ist es, durch Workshops, Networking und im Austausch viel voneinander zu lernen, Inspirationen zu bekommen und eine Grundlage zu schaffen, um Geschäftsmodelle an digitale Marktstrukturen anpassen und sich im B2B-Plattformgeschäft neu positionieren zu können“, erläutert der umtriebige Geschäftsmann.

Weidmann ist einer von mittlerweile sechs Initiatoren des Treffens und hauptberuflich Firmeninhaber der Internetagentur WIV GmbH in Gelnhausen sowie Geschäftsführer des Coworking Space Kinzig Valley und Betreiber der B2B-Plattform wind-turbine.com.

Digitale B2B-Plattformen können aus seiner Sicht zum zentralen Geschäftsmodell deutscher Unternehmen werden, da sie neue Marktpotenziale erschließen und in den kommenden Jahren immer stärker zur Wertschöpfung beitragen.

„Daher gilt für den Mittelstand: Informationen einholen und eine Grundlage schaffen, um Geschäftsmodelle an digitale Marktstrukturen anpassen und sich im B2B-Plattformgeschäft neu positionieren zu können. Ausgewiesene Fachexperten sagen voraus, dass in zehn Jahren nahezu 50 Prozent der globalen Wertschöpfung über digitale Plattformen abgewickelt wird. Das bedeutet, dass im schlimmsten Fall 50 Prozent der Umsätze dem Mittelstand wegfallen.“ Aus dem Grund bräuchten mittelständischen Unternehmen eine Plattformstrategie. Wie eine solche Strategie aussehen kann und was bei der Entwicklung sowie Nutzung von Plattformen zu beachten sei, werde in Gründau diskutiert

Plattformen vor allem für den deutschen Mittelstand eine große Chance.

Er möchte die Plattform-Macher-Tage daher nutzen, um Unternehmer aus der Region für das Thema zu sensibilisieren: „Das Potenzial bei Plattformen haben bislang Unternehmen aus Amerika und Asien erkannt, sie beherrschen den B2C-Markt. Die meisten von uns kennen Amazon oder Booking.com und nutzen diese Plattformen. Das B2C-Thema haben wir in Deutschland leider komplett verschlafen. Das darf uns im B2B-Bereich nicht noch einmal passieren.“ Industriebranchen wie der Maschinenbau oder die Chemie entwickeln bereits eigene Plattformen.

Charakteristisch für digitale, neutrale Plattformen zum Ein- und Verkauf ist dabei, dass mehrere Anbieter mit ihren Produkten zusammengeführt werden, aus denen der Interessent dann die besten Angebote herausfiltern kann. „Wer dann als Anbieter nicht auf dieser Plattform präsent ist, verliert Umsatz und hat weniger Reichweite, vor allem, wenn er nur auf den eigenen Online-Shop auf seiner Webseite setzt“, warnt Weidmann, zumal sich auch das Verhalten von Einkäufern in Unternehmen ändere. Denn auch sie würden sich zunehmend auf digitalen Plattformen aufhalten und dort ihre Geschäfte machen.

Die Idee für die Plattformmacher entstand 2020 aus dem Kinzig Valley heraus. Inzwischen ist die größte deutsche Plattform-Gemeinschaft mit fast 200 Mitgliedern entstanden, die sich regelmäßig über digitale Kanäle austauscht und einmal monatlich zum virtuellen Stammtisch trifft.

„Unsere Community ist ein Kind von Corona, aber uns wurde schnell klar, dass wir neben den virtuellen Treffen endlich auch einen persönlichen Austausch brauchten“, erinnert sich Weidmann an den Startschuss des außergewöhnlichen Netzwerktreffens in der Main-Kinzig-Region.

Das Thema Plattformökonomie liegt dem 54-Jährigen sehr am Herzen, zumal er selbst jahrzehntelange Erfahrung bei der Umsetzung von digitalen Plattformen gesammelt hat.

Bernd Weidmann, Unternehmer aus Linsengericht
Bernd Weidmann, Unternehmer aus Linsengericht © -

1999 startete er mit pferde.de eine inzwischen verkaufte Plattform für den An- und Verkauf von Pferden. Vor zehn Jahren folgte ein noch größeres Plattformprojekt für Windenergie. Wind-turbine.com bildet das digitale Ökosystem der globalen Windbranche ab, führt dort Angebot und Nachfrage zusammen und will die globale Energiewende vorantreiben. Die Plattform bietet Second-Hand-Windräder weltweit an und hat sich inzwischen zur international größten B2B-Plattform der Windbranche entwickelt. „Dieser Prozess hat aber fast zehn Jahre gedauert. Denn es braucht seine Zeit, bis das Plattform-Ökosystem steht, bis die richtigen Partner an Bord sind, die Reichweite groß genug ist und immer mehr Services angeboten werden können“, sagt Weidmann.

Er versteht sich in seiner Funktion vor allem als Visionär, Netzwerker, Menschenversteher und Mann der Praxis. Damit eine digitale Plattform erfolgreich ist und allen Teilnehmern einen Mehrwert bietet, gibt es für ihn ein klares Motto: „Geben statt nehmen! Erst wenn die Besucher und Partner Nutzen aus der Plattform ziehen, dann darf man auch als Plattformbetreiber profitieren.“ Daher sei viel Zeit und Geduld gefragt. „Schnelles Geld ist mit dem Betreiben einer Plattform zunächst nicht zu verdienen.“ (Jörg Wetterau)

» plattformmachertage.de

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