Britta und die alten Männer zum Auftakt

Neuberg – Mit einer ausverkauften musikalischen Lesung und rund 100 Gästen startete das Bücherschrankteam der Gemeinde Neuberg in die neue Kultursaison. Das Ensemble „Britta & die alten Männer“, ein Trio ehemaliger Mitglieder der Hanauer Kabarettgruppe „Die Brennesseln“, präsentierte Amüsantes und auch Tiefgründiges aus den 20er- und 30er-Jahren des letzten Jahrhunderts rund um das Thema „Reise“.
Unter dem Motto „Keine Angst vor großen Namen“ hatte die Truppe zu Gedichten, Erzählungen und Essays von Kurt Tucholsky, Erich Kästner und Eugen Roth passende Lieder dieser Epoche arrangiert, während die Zuschauer dieses Mal an langen Tischreihen im Bürgerhaus Neuberg saßen und einen Imbiss sowie Getränke zu sich nehmen konnten.
Für das gelungene Catering des Förderkreises Kirche Neuberg-Ravolzhausen bedankten sich Monika Reiss und Susanne Linck-Knöfel vom Vorstand des Bücherteams gleich zu Anfang. „Anfang Oktober des letzten Jahres feierte das erste Programm von ‘Britta & die alten Männer‘ in Hanau Premiere. Nun gibt es eine weitere Premiere. Hat das Trio, bestehend aus Britta Hoffmann-Mumme, Thomas Huscher und Ralf Takke, zuvor ihre Auftritte auf Hanau beschränkt, so sind sie jetzt mit ihrem Programm erstmalig auf ‘Tournee‘ bei uns in Neuberg gelandet“ erläuterten die beiden Vorstandsdamen.
Dann hieß es schon „Einsteigen bitte!“ und die Zugreise in die 20er Jahre vor dem Bühnenbild eines eleganten Speisewagens begann. Bahnhofsgeräusche vom Band liefen zur Einstimmung, als zuerst Takke und dann Huscher die Bahn und den Waggon mit pantomimischen Gesten bestiegen und ein wenig Zeitung lasen, währenddessen eine freundliche weibliche Stimme „vom Band“ vermischte Nachrichten aus einer Gesellschaft auf dem Weg von der Monarchie zum Faschismus verlas. Mit einem Servierwagen betrat schließlich auch Hoffmann-Mumme die Bühne und bot nicht nur Kuchen an, sondern stimmte den passenden Tango „In einer kleinen Konditorei“ aus dem gleichnamigen Film von 1930.
Nach Jahrzehnten mit den „Brennesseln“ habe man erstmals keine selbst geschriebenen Texte im Programm, erläuterte Hoffmann-Mumme, während die „alten Männer“ zustimmend nickten, bevor sie aus Tucholskys „Die Kunst falsch zu reisen“ eine fein beobachtete Sammlung typischer Verhaltensweisen vieler Touristen im Urlaub zum Besten gab. Das richtige Reisen bestehe allerdings darin, sich der Welt hinzugeben. Dann werde sich diese auch dem Reisenden hingeben.
Während Hoffmann-Mumme im folgenden meist Texte von Tucholsky vorstellte und die Biografien der dargestellten Künstler beisteuerte, widmete sich Ralf Takke entweder seiner Gitarre als Liedbegleiter oder dem Lyriker und Autor humoristischer Verse, Eugen Roth. Er las unter anderem einiges aus dessen heiter-nachdenklichen „Ein Mensch“-Gedichten und Erzählungen, die Roth seinerzeit zu den meistgelesenen Dichtern im deutschsprachigen Raum machten.
Thomas Huschers Interpretationen von Texten Erich Kästners zum Thema Reisen, wie zum Beispiel „In der Eisenbahn“, in dem ein Fahrgast zum Schrecken der Mitreisenden Horrorszenarien diverser möglicher Bahnunfälle auflistete, kamen beim Publikum ebenfalls gut an.
Zu den Gedichten, Erzählungen und Essays hatte das Trio auch passende Lieder dieser Epoche arrangiert. „Veronika, der Lenz ist da“, „Sigismund“ oder „Ich breche die Herzen…“ sorgten für Leichtigkeit und beschwingte Stimmung im Saal und ließen den einen oder anderen Gast mitsummen oder sogar -singen.
Nach zwei Zugaben, den Schlagern „Am Sonntag will mein Süßer mit mir segeln gehen“ (1929) und dem „Kriminaltango“ von 1959 endete die unterhaltsam kurzweilige musikalische Lesung mit viel Applaus für den ersten „Auswärts-Auftritt“ von „Britta & die alten Männer“.
Von Andrea Pauly