Der erste Akt in der Neuberger „Krisenkneipe“

Neuberg – „In der Krisenkneipe“ heißt das Theaterstück, das demnächst beim 1. Rüdigheimer Carneval-Verein uraufgeführt wird. Die Kulisse im Bürgerhaus steht schon und bildete am Mittwoch auch den Hintergrund für die Neuberger Gemeindevertreterversammlung. Angesichts eines Haushaltsfehlbetrags von einer halben Million Euro für 2022 eine passende Szenerie, mag manch einer gedacht haben.
Doch wäre das Wort Krise in der gegenwärtigen Situation vielleicht zu hoch gegriffen. Schließlich steht Neuberg nicht allein mit einem dicken Minus im Haushalt da. Die Corona-Krise hat in fast allen Kommunen für Einnahmerückgänge gesorgt. Dennoch: Ein Lustspiel wird das kommende Haushaltsjahr nicht werden. Bürgermeister Jörn Schachtner (SPD) hat die Regie in ungemütlichen Zeiten übernommen.
Für den Bürger hat das Ergebnis zunächst keine Folgen
Für den Bürger wird das prognostizierte Ergebnis für 2022 zunächst keine direkten Folgen haben. Die Gemeinde will den Fehlbetrag mit einem Griff in die Rücklagen ausgleichen. Eine Steuererhöhung schließt der Bürgermeister zum gegenwärtigen Zeitpunkt aus. Und auch ein Haushaltssicherungskonzept sei derzeit kein Thema, legte der Verwaltungschef bei der Einbringung seines ersten Haushalts dar. Dies könnte jedoch nachgeschoben werden, wenn sich die Entwicklung zuspitzen würde. Derzeit geht Schachtner jedoch davon aus, dass sich die Lage in den kommenden Jahren zunehmend verbessern wird, das heißt, die Einnahmeseite sich nach der coronabedingten Talfahrt wieder stabilisieren wird.
Ursächlich für das Defizit waren deutlich geringere Beträge beim Gemeindeanteil der Einkommens- und Umsatzsteuer. Auch die Bund-Länder-Finanzen hätten sich in den Corona-Jahren insgesamt verschlechtert, was sich nun auch auf kommunaler Ebene niederschlage. Im Ergebnishaushalt rechnet der Bürgermeister mit Einnahmen von rund 12,2 Millionen Euro und Aufwendungen von etwa 12,7 Millionen Euro.
Haushalt bereits im Zeichen des Feuerwehrgerätehauses
Der Finanzhaushalt werde nach diesem Haushaltsentwurf am Ende des Jahres einen Zahlungsmittelüberschuss in Höhe von etwa 337 000 Euro aufweisen. Der Betrag sei jedoch nicht ausreichend zur Finanzierung der Tilgungsleistung und Liquiditätspuffer.
Der Haushalt 2022 steht bereits im Zeichen des neuen Feuerwehrgerätehauses, der größten Einzelinvestition in der Geschichte der Gemeinde Neuberg, wie Schachtner ausführte. Für das kommende Jahr sind bereits 500 000 Euro im Haushalt eingeplant. Für 2023 sind weitere 3,5 Millionen und für 2024 noch einmal eine halbe Million Euro für das Gerätehaus vorgesehen.
Wo das Gerätehaus gebaut werden soll, steht derzeit noch nicht fest und wird Gegenstand parlamentarischer Diskussionen sein. Der Bürgermeister selbst favorisiert den bisherigen Bolzplatz zwischen Ravolzhausen und Rüdigheim. Dass es ein zentraler Ort zwischen Rüdigheim und Ravolzhausen sein soll, ist relativ unstrittig. Schon allein wegen der Hilfsfrist von zehn Minuten, in denen ein Feuerwehrwagen am Brandort sein muss. Darüber hinaus verspricht man sich durch das Gerätehaus einen Lückenschluss zwischen den beiden Neuberger Ortsteilen.
Trauzimmer in der Kommende
Als weitere Investitionen plant Schachtner die Einrichtung eines Trauzimmers in der Johanniterkommende, in der die ersten Paare bereits in der ersten Hälfte des kommenden Jahres getraut werden sollen. Auf dem Friedhof in Ravolzhausen sollen Baumgräber geschaffen werden, dafür will der Bürgermeister bereits 10 000 Euro im Haushalt bereitstellen. Mit 25 000 Euro sollen die Mittel für die Teilsanierung der Trauerhalle in Rüdigheim verdoppelt werden. Die gleiche Summe war bereits aus dem Investitionsprogramm Hessenkasse in das Projekt geflossen. Für die Kindergärten sind Investitionen in die EDV-Ausstattung, Klimaanlagen und Luftfilteranlagen in Höhe von rund 27 000 Euro geplant. Knapp 67 000 Euro soll die Feuerwehr für eine Tragspritze sowie weitere diverse Verbesserungen der Ausrüstung bekommen.
Auch plant die Gemeinde mit der Schaffung von weiteren Stellen. So sind für den geplanten Waldkindergarten nach Kalkulation der Verwaltung 2,5 weitere Stellen vonnöten. Zur Sicherung der IT-Dienstleistungen soll darüber hinaus ein Mitarbeiter fest angestellt werden. Insgesamt werden sich die Versorgungs- und Personalkosten im Vergleich zum Vorjahr nach jetzigem Stand um 13,2 Prozent erhöhen. Am Ende solle die Gemeinde Neuberg dadurch moderner, dienstleistungsorientierter und auf digitaler Ebene zugänglicher werden, frohlockte der Bürgermeister. (Holger Weber)