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Die Gräben in Neuberg werden immer tiefer

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Von: Holger Weber-Stoppacher

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Neuberg – An solch einen Verlauf einer Gemeinderatssitzung können sich auch langjährige Beobachter der Neuberger Kommunalpolitik nicht erinnern. Vor dem Tagesordnungspunkt 10, Haushaltsberatungen, verließen am Mittwochabend die Abgeordneten von CDU und Neuberger Liste (NL) den Saal im Bürgerhaus und entzogen sich damit der Abstimmung über den von Bürgermeister Jörn Schachtner (SPD) eingebrachten Haushalt (wir berichteten bereits kurz in der gestrigen Ausgabe).

CDU und Neuberger Liste hatten zuvor beantragt, die Abstimmung zu verschieben, weil mit Melanie und Christoph Esch die beiden Mitglieder der Fraktion Liberale Basis Neuberg aus gesundheitlichen Gründen nicht an der Gemeinderatssitzung teilnehmen konnten. Dieser Antrag wurde jedoch mit der Mehrheit der SPD abgelehnt.

Theilen: Verschiebung ein Gebot der Fairness

Nach Worten von Federico Theilen (CDU) sei es ein Gebot der Fairness gewesen, auf die Gesundung der beiden Mandatsträger zu warten. Es habe keine Notwendigkeit gegeben, den Haushalt bereits jetzt zu beschließen. Dies hätte die Verwaltung bereits im Rahmen der Haupt- und Finanzausschusssitzung eine Woche zuvor bestätigt, meinte Theilen. Den gleichen Antrag auf Verschiebung hätte man gestellt, wenn die SPD von Corona betroffen gewesen wäre. „Die Fraktion hat leider die nötige Fairness nicht aufbringen können, daher sahen wir uns gezwungen die Sitzung der Gemeindevertretung zu verlassen. Dies ist uns nicht leicht gefallen“, sagte Theilen gestern.

NL-Fraktionschef Jens Feuerhack hatte in der Sitzung die gleiche Begründung geliefert, aber noch ein weiteres Motiv angegeben. Es habe vonseiten des Gemeindevorstands keine Solidaritätsbekundung mit der Ukraine und keine Verurteilung des russischen Angriffskriegs gegeben. Dies habe er in einer Zeit wie dieser erwartet, darüber sei er sehr enttäuscht, so Feuerhack.

Nach dem Auszug der beiden Fraktionen mussten sich sowohl die Mitglieder der SPD als auch der Gemeindevorstand zunächst einmal sammeln. Die Sitzung wurde für einige Minuten unterbrochen.

Degen verteidigt Entscheidung der SPD

Christoph Degen, Fraktionsmitglied der SPD und gleichzeitig Landtagsabgeordneter, gab daraufhin als erster eine Erklärung ab. Er sei irritiert über Feuerhacks Äußerungen zum Krieg in der Ukraine, dem Bürgermeister sei er dagegen sehr dankbar dafür, dass dieser in den vergangenen Wochen tatkräftig Hilfsaktionen in der Gemeinde unterstützt habe. Deshalb gingen die Vorwürfe Feuerhacks ins Leere. Zudem hätte es die Möglichkeit gegeben, das Thema Ukraine im Rahmen einer aktuellen Stunde aufzugreifen. Die Beantragung einer solchen sei von CDU und NL verpasst worden. Degen verteidigte zudem die Entscheidung seiner Partei, einer Verlegung der Haushaltsverabschiedung nicht zuzustimmen. „Derzeit ist die Wahrscheinlichkeit groß, dass immer Mitglieder des Parlaments fehlen, die an Corona erkrankt sind.“ Es gebe über die Parlamentssitzung hinaus genügend Alternativen für eine Fraktion, ihre Positionen zum Haushalt deutlich zu machen. Zudem sei es zutiefst undemokratisch, den Saal zu verlassen, weil einem das Ergebnis einer demokratischen Abstimmung nicht passe, sagte der Landespolitiker. Er bat zudem die Vorsitzende der Gemeindevertretung darum, prüfen zu lassen, ob ein solches Verhalten als Verstoß gegen die Geschäftsordnung mit einer Ordnungsstrafe oder Rüge geahndet werden müsse.

Die einzige Haushaltsrede des Abends hielt im Saal dann Rouven Pohl, der Fraktionsvorsitzende der SPD. Er lobte den Haushalt und auch den damit verbundenen Verzicht auf eine weitere Erhöhung der Grundsteuer. Durch die gestiegenen Energiekosten würden die Bürger derzeit ohnehin schon extrem belastet. Um den Ausgleich des Haushalts zu erreichen, sei eine Anhebung der Grundsteuer von 550 auf 810 Punkte notwendig gewesen. Das finde man angesichts der aktuellen Lage unzumutbar.

Ausgeglichen wird das Defizit von einer halben Million Euro nun durch den Erlös von Grundstücken im Baugebiet Weingartsweide und den Griff in die Rücklagen.

CDU-Fraktionschef Theilen kritisierte in seiner Haushaltsrede, die er der Redaktion am Tag nach der Sitzung schriftlich zukommen ließ, genau dies. Die CDU hätte eine moderate Grundsteuererhöhung und mehr Sparwillen befürwortet, um die Rücklagen für schwierige Zeiten zu erhalten. (Von Holger Weber)

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