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Neubergs Bürgermeister mit langem Atem

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Von: Holger Weber-Stoppacher

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Sein erster Haushalt: Am Mittwoch wird ihn Jörn Schachtner in die Gemeindevertreterversammlung einbringen. Einen Einblick ins Zahlenwerk wollte er noch nicht geben. An seiner Rede schreibt er gerade.
Sein erster Haushalt: Am Mittwoch wird ihn Jörn Schachtner in die Gemeindevertreterversammlung einbringen. Einen Einblick ins Zahlenwerk wollte er noch nicht geben. An seiner Rede schreibt er gerade. © Holger Weber

Neuberg – Am Anfang habe er sich zweifelsfrei zu viel aufgelastet: Sechs bis sieben Termine an einem Tag. Man will die Bürger ja schließlich nicht enttäuschen, sagt Jörn Schachtner an seinem Schreibtisch im Neuberger Rathaus. Irgendwann hat seine Assistentin Petra Scholz dann für ihren Chef die Reißleine gezogen und ihm deutlich weniger Verpflichtungen ins Terminbuch geschrieben.

„Das war gut so, denn eine gute Vor- und Nachbereitung ist eben auch wichtig“, sagt Schachtner. Heute vor genau vier Monaten hat er sein Amt als Bürgermeister von Neuberg angetreten.

Auch auf das Gespräch mit dem Reporter hat sich der Verwaltungschef an diesem Tag vorbereitet. Er zieht eine Broschüre hervor, die er damals als Bürgermeisterkandidat an die Haushalte in der Gemeinde verteilt hatte. Aufgeführt sind darin alle Ziele, die er im Falle einer Wahl verwirklichen wollte. Er wurde gewählt – und das sogar im ersten Wahlgang gegen drei weitere Kandidaten. Für Schachtner dient das Wahlblatt nun als eine Art Leitfaden, an dem er sich orientieren will. Und er würde es wohl kaum auf den Tisch legen, wenn er einige von den Punkten noch nicht angegangen wäre. Schachtner ist fleißig, das gestehen ihm auch Leute zu, die anfänglich sehr skeptisch waren. Ob das denn gut gehe, hieß es, mit dem politisch bis dahin recht unerfahrenen Oberstudienrat, den die SPD gut ein Jahr vor der Wahl völlig überraschend als Nachfolgekandidat von Iris Schröder aus dem Hut gezaubert hatte und der auch kaum Verwaltungserfahrung mitbrachte. Bei der ersten und bisher einzigen Gemeindevertreterversammlung, die seit seinem Amtsantritt stattgefunden hat, konnte man diese Misstrauen durchaus noch spüren. Vor allem an dem belehrenden Unterton, den manch ein erfahrener Parlamentarier gegenüber dem neuen Verwaltungschef anschlug. Schachtner ließ sich jedoch nicht aus der Reserve locken. Der Konfrontationskurs ist nicht seine Sache. Schon im Wahlkampf pflegte er eher den ruhigen und sachlichen Umgang. „Ich möchte auch in Zukunft versuchen, alle mitzunehmen“, sagt er.

Wahlflyer als Leitlinie

„Neuberg Plan 21/22“ lautet die Überschrift auf dem besagten Wahlflyer. Und als Punkt eins führte der Kandidat darin die Planung und den Bau eines Waldkindergartens auf.

Was hat sich in dem Punkt getan? „Wir sind auf einem guten Weg und uns eigentlich alle einig, dass der Kindergarten wegen des steigenden Bedarfs an Kitaplätzen unbedingt kommen muss“, sagt der Bürgermeister. Eine Frage müsse jetzt aber im Parlament noch geklärt werden: Will man eine Luxusvariante wie in Erlensee oder begnügt man sich in Neuberg mit dem Basismodell, das sich die Mitglieder des Sozialausschusses in Langenselbold angesehen haben? Beim Erlenseer Modell werden die Kinder am Mittag auch verpflegt, was eine Reihe von hygienischen Voraussetzungen mit sich bringt und das Modell gleich teurer werden lässt.

Für den neuen Seniorenbeirat, den Schachtner seinen Wählern versprochen hatte, hat er immerhin schon ein Paar Kandidaten gefunden. „Ich bin guter Dinge, dass wir die sieben Mitglieder bald zusammenhaben, die man für die Konstituierung des Gremiums benötigt“, sagt er. Auch der Beitritt zur Klimaschutzinitiative Hessen Aktiv ist eigentlich kein Thema, bei dem es in der Gemeinde unterschiedliche Auffassungen gibt, denn im Rahmen des Programms kann die Kommune auch Fördergelder abgreifen.

Ort für Feuerwehrgerätehaus noch offen

Schwieriger wird es bei der Suche nach einem Ort für das neue Feuerwehrgerätehaus, das in Neuberg gebaut werden soll. Dabei handelt es sich um ein komplexes und langfristiges Projekt, sagt Schachtner. Eine der wichtigsten Erkenntnisse, die er in den vergangenen Monaten gesammelt hat, ist diese: In der Kommunalpolitik muss man einen langen Atem haben. Von heute auf morgen geht kaum etwas. Auch das Feuerwehrgerätehaus werde nicht innerhalb von zwei, drei Jahren stehen, selbst wenn es dafür schon Pläne eines Architekten gebe. Er selbst befürwortet den derzeitigen Boltzplatz am Rande des Sportzentrum als Standort. Das Fußballfeld soll nicht verschwinden, sondern an die Stelle des Hartgummiplatzes im Sportzentrum neu gebaut werden. Besagter Platz sei ohnehin sanierungsbedürftig. Somit würde man zwei Fliegen mit einer Klappe schlagen. Das Sportzentrum sollte dann öffentlich zugänglich sein, schlägt der Verwaltungschef vor. Zudem würden Kosten eingespart, weil kein neues Grundstück gekauft werden müsste, was es derzeit ohnehin noch nicht gebe.

An Lehrgängen teilgenommen

In Sachen Feuerwehr hat sich der neue Bürgermeister jetzt auf den aktuellen Stand bringen lassen, was die Belange der Wehren betrifft, und an einem zweitägigen Lehrgang teilgenommen. Auch eine Ausbildung zum Standesbeamten will Schachtner jetzt machen. Denn zum einen gebe es den Bedarf dafür in der Gemeindeverwaltung. Und zum anderen sei es ihm eine Herzensangelegenheit, das Angebot zu verbessern. Mit der evangelischen Kirchengemeinde hat er Einigkeit darüber erzielt, dass künftig auch in der Kommende Trauungen stattfinden dürfen. „Der Ort ist attraktiver als das Rathaus“, findet Schachtner, der selbst im Stucksaal des Schlosses von Langenselbold geheiratet hat.

Weniger romantisch als die standesamtlichen Belange stellt sich für den Bürgermeister jedoch gerade die Aufstellung seines ersten Haushalts dar. Am Mittwoch wird er das Zahlenwerk ins Parlament einbringen. Einen Einblick will er noch nicht gewähren. Schließlich muss die Rede zum Haushalt noch geschrieben werden. (Holger Weber)

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