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Neuberg: Griff in die Spardose oder Steuererhöhung?

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Von: Holger Weber-Stoppacher

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Neuberg soll mehr als eine Schlafgemeinde sein: Dafür müssten jedoch neue Gewerbeflächen erschlossen werden. Dies ist einhellige Meinung im Gemeindeparlament. Luftbild: Axel Häsler
Neuberg soll mehr als eine Schlafgemeinde sein: Dafür müssten jedoch neue Gewerbeflächen erschlossen werden. Dies ist einhellige Meinung im Gemeindeparlament. Luftbild: Axel Häsler © -

Neuberg – Rund eine halbe Million Euro wird das Defizit des Neuberger Haushalts betragen, der gerade Gegenstand der Diskussionen im Haupt- und Finanzausschuss der Gemeinde ist. Die Debatte dort dreht sich vor allem um die Frage, wie der Fehlbetrag ausgeglichen werden soll. Bürgermeister Jörn Schachtner (SPD) glaubt, dass das Defizit vor allem ein Resultat der Coronakrise ist.

Vor einer Steuererhöhung schreckt der im März ins Amt gewählte Sozialdemokrat in seinem ersten Amtsjahr jedoch zurück. Stattdessen vertraut er darauf, dass es sich um eine einmalige Schieflage handelt und die Einnahmeentwicklung der Gemeinde sich ab 2023 wieder verbessern wird. So, meint Schachtner, seien zumindest die Prognosen. Ausgleichen will der Bürgermeister das Defizit deshalb mit dem Erlös aus Grundstücksverkäufen aus dem Neubaugebiet Weingartsweide, die den Berechnungen des Verwaltungschefs zufolge in diesem Jahr mit rund 300 000 Euro zu Buche schlagen, sowie einem Griff in die Rücklagen.

Eine andere Marschrichtung schlagen die Christdemokraten vor: Zwar sei die CDU kein Freund von Steuererhöhungen, wie Fraktionschef Federico Theilen einwarf. Dennoch hielten er und seine Partei es für einen groben Fehler, die Rücklagen aufzubrauchen. Denn anders als der Bürgermeister gehen die Christdemokraten nicht davon aus, dass sich das wirtschaftliche Panorama für die Gemeinde Neuberg so schnell wieder zum Besseren wendet. Die Folge, so fürchtete Theilen, könnte sein, dass die Gemeinde die Steuerschraube im Folgejahr umso mehr nach oben drehen müsste. „Das täte den Bürgern dann richtig weh.“ Er plädierte deshalb dafür, eine Grundsteuererhöhung nicht von vornherein auszuschließen und sich mit einer moderaten Erhöhung auch einen Puffer zu erhalten, um im kommenden Jahr etwaige finanzielle Grausamkeiten abzuwenden.

Christoph Esch (Bündnis 90/Die Grünen) will beides tun: einen Teil der Rücklagen aufbrauchen und gleichzeitig an der Steuerschraube drehen. Um welchen Wert der bisherige Satz der Grundsteuer B von 550 Punkten angehoben werden solle, wurde jedoch nicht weiter konkretisiert.

Zwar kam Jens Feuerhack in seinem Redebeitrag zu keiner eindeutigen Empfehlung. Jedoch machte er deutlich, dass die Neuberger Liste, Steuererhöhungen zu diesem Zeitpunkt „sehr, sehr skeptisch“ betrachte, da die Bürger derzeit durch die galoppierende Inflation und steigende Energiepreise ohnehin schon sehr stark zur Kasse gebeten würden. Die Preissteigerungen fielen jedoch auch auf die Gemeinde zurück, wandte Christoph Esch, zugleich Vorsitzender des Ausschusses, ein.

Einig sind sich jedoch alle Fraktionen darüber, dass gespart werden muss, wo auch immer möglich. Die Sparmaßnahmen könnten auch die Feuerwehr betreffen, die sehnsüchtig auf einen Gerätewagen Logistik wartet, der neu rund 130 000 Euro kostet. Die Gemeindevertreter hatten die Anschaffung des Fahrzeuges in ihrer letzten Sitzung vor dem Jahreswechsel beschlossen, um sich eine Förderung des Landes in Höhe von 30 000 Euro zu sichern. Die CDU stellte jetzt jedoch infrage, ob so ein Fahrzeug denn unbedingt neu angeschafft werden müsse. Genauso gut könnte es ein Gebrauchter sein, erklärte Walter Bernges, der ehemalige Bürgermeisterkandidat. Zwar fiele dann die Förderung des Landes weg, dennoch könne man dadurch einen Betrag sparen, den Bernges auf rund 40 000 Euro bezifferte.

Einig sind sich alle Parteien, dass in Neuberg dringend strukturelle Veränderungen vorgenommen werden müssen, um die Gemeinde langfristig finanziell auf stabile Füße zu stellen. Unabdingbar sei dabei die Suche nach Möglichkeiten der interkommunalen Zusammenarbeit. Da müsse der Bürgermeister nun Gespräche mit Nachbarkommunen aufnehmen, hieß es unisono. Dabei wurde unter anderem eine Zusammenarbeit im Bereich Standesamt als auch bei der Stadtkasse vorgeschlagen. Schachtner zeiget sich davon zwar nicht abgeneigt, machte aber deutlich, dass diese Maßnahmen mit einem Verlust an Bürgernähe einhergingen.

Auch soll sich die Gemeinde, die ein wenig den Ruf einer Schlafgemeinde hat, in der es sich gut leben, aber nur bedingt arbeiten lässt, um die Ansiedlung von mehr Gewerbe kümmern. Das Problem ist jedoch der Mangel an Gewerbeflächen. Derzeit steht der Gemeinde nur ein kleines etwa 4,5 Hektar großes Areal am Ortsausgang von Ravolzhausen zur Verfügung. Und das, so Walter Bernges, sei wegen ihrer Nähe zur Wohnbebauung mehr schlecht als recht für die Ansiedlung von kleinem und mittlerem Gewerbe zu gebrauchen.

Geeigneter seien dagegen Gebiete östlich und westlich von der Autobahn 45 gelegen, so Bernges und Theilen. Diese Flächen müssen jedoch erst noch angemeldet werden.

Von Holger Weber

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