Keine Alternativen zur Brückensperrung in Neuberg

Neuberg – Die Gemeindeverwaltung Neuberg hatte zur „ersten und wahrscheinlich auch letzten Bürgersprechstunde 2021“, wie es Bürgermeister Jörn Schachtner in seiner Begrüßung bemerkte, eingeladen, und mit rund 50 Interessierten war der Besuch im Bürgerhaus Rüdigheim auch recht ansehnlich. Die meisten davon, aber durchaus nicht alle, kamen – in der Natur der Sache begründet – aus dem Ortsteil Rüdigheim.
Denn es ging um ein ureigenes Rüdigheimer Thema: die Erneuerung der Brücke über den Krebsbach am Ortsausgang von Rüdigheim.
Drei Experten stehen Rede und Antwort
Als Gesprächspartner und Experten in Sachen Brückenerneuerung waren drei Vertreter von Hessen Mobil, Dezernat Planung und Bau Mittelhessen, geladen: die Leiterin Theresa Franz und die Projektingenieure Julian Becker und Uwe Zimmer. Nach der Begrüßung durch die Vorsitzende der Gemeindevertretung, Michèle Richter, ging es gleich „in medias res“: Julian Becker und Uwe Zimmer stellten das Projekt noch einmal vor und verwiesen auf die Besonderheiten, die zum Teil auch Ursache für die lange Planungszeit waren.
Wegen des schlechten Zustands des Bauwerks kommt nur ein Abbruch und Neubau in Frage, wodurch eine Vollsperrung über die geplante Bauzeit von sechs Monaten (April bis September 2023) erforderlich wird. Zwangspunkte wie Anliegergrundstücke, Umwelt- und Naturschutzbelange mit vorhandenen Schutzgebieten, zu sichernde Wasser- und sonstige Leitungen sind laut Hessen Mobil zu beachten. Insbesondere das in unmittelbarer Nähe befindliche Naturdenkmal „Bismarckeiche“ stellt die Planer vor besondere Herausforderungen: Die erforderliche Verlegung des Bachlaufs um etwa einen Meter in Richtung Bismarckeiche zum Anbringen der Brücken-Grundträger und dem Schutz der Anliegergrundstücke mache einen „Wurzelvorhang“ zum Baumschutz mit einem Jahr Vorlauf erforderlich, wodurch der Baubeginn frühestens 2023 erfolgen könne. Um den Beginn 2023 halten zu können, sei im Vorfeld zudem die Zustimmung aller Betroffenen zum Entfallen der Planfeststellung erforderlich, da ansonsten ein Planfeststellungsverfahren mit mehrjähriger Dauer die Folge sein könnte. Uwe Zimmer warb deshalb um die Zustimmung und Unterstützung aller Betroffenen.
Alternativen für Betroffene gibt es kaum
Alternativen für die Betroffenen gibt es kaum. Immerhin wird für Fußgänger und Fahrräder die kleine Brücke am Renaturierungsgebiet am alten Sportplatz nutzbar gemacht, um etwa zum Friedhof zu kommen. Autos oder gar Lastkraftwagen können diese aber nicht befahren. Für die Landwirtschaft wird der bestehende Fahrradweg entlang des Krebsbaches nach Oberissigheim geöffnet, was aber dennoch zu längeren Umwegen über Oberissigheim führe. Für den allgemeinen Kraftfahrzeugverkehr bleibe nur die Umleitung über Ravolzhausen, Erlensee und Bruchköbel mit erheblichen Umwegstrecken.
In der folgenden Fragerunde kamen zuerst die Befürchtungen der Gewerbetreibenden zur Sprache, die Umsatzeinbußen als Folge der Vollsperrung befürchten. Zwar wird die Notwendigkeit der Brückensanierung von niemand in Frage gestellt, aber die Länge der Maßnahme von sechs Monaten kritisiert. „Mit uns wurde im Vorfeld nicht gesprochen, wir wurden in die Pläne nicht mit einbezogen“, kritisierte der Inhaber des in direkter Nachbarschaft der Brücke gelegenen Autohauses, der fürchtet, bis zu 40 Prozent seiner Kunden während der Bauzeit zu verlieren. Der ebenfalls besonders betroffene Betreiber des Rüdigheimer Hofs sprach die Situation der Landwirte an, für die es mit ihren schweren und breiten Maschinen zu „wahren Weltreisen“ kommen werde. „Kann ich nicht selbst über mein eigenes Land eine Brücke für meine Zwecke anlegen“, fragte er nach, wurde jedoch auf eine eventuell notwendige Genehmigung der Wasserbehörde verwiesen.
Ungutes Gefühl bei den Bürgern
In anderen Wortbeiträgen wurde auf vorgefertigte Brückenbauteile wie auf Großbaustellen hingewiesen und zu welchen Mehrkosten das führen würde. Dies alles sei geprüft worden, durch die notwendigen Nebenarbeiten würde das aber zu marginaler Zeitersparnis bei enormer Kostensteigerung führen. Auch die Ertüchtigung der kleinen Brücke hinter der Tiefenbornmühle sei keine Lösung, zumal hier der Begegnungsverkehr kaum sinnvoll zu handhaben sei. Schließlich kam noch die Frage auf, die folgenden Sachverhalt beinhaltete: „Wenn auf dem Weg nach Ravolzhausen ein Unfall oder eine andere größere Störung auftreten sollte: Wie kommen wir dann aus Rüdigheim raus, wie kommen wir zur Arbeit oder in einem Notfall zum Arzt? Sind wir Rüdigheimer dann von der Außenwelt abgeschnitten?“ Da gäbe es ja auch innerörtlich noch Möglichkeiten, war die Antwort auch von den Gemeindevertretern, aber mit dieser Frage wurde auch deutlich, dass die Rüdigheimer schon ein ungutes Gefühl beschleicht, wenn sie an die Sanierung der Brücke in rund anderthalb Jahren denken. Da klang der Ausblick von Uwe Zimmer auf die Zeit nach den Bauarbeiten schon zuversichtlicher: „Der Zustand, der uns nach Abschluss der Brückensanierung erwartet, ist ein besserer als der heutige Zustand.“ (Claus Diegel)
