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Feuerwehrmann läuft 50 Kilometer in Schutzkleidung und Atemmaske – „unmenschliche Leistung“

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Der Langenselbolder Feuerwehrmann Kevin Tuchen kurz vor dem Start.
Der Langenselbolder Feuerwehrmann Kevin Tuchen kurz vor dem Start. © Ulrike Pongratz

Kevin Tuchen aus Langenselbold stellt sich einer „unmenschlichen“ Aufgabe. Der Feuerwehrmann absolviert einen 50-Kilometerlauf in Schutzkleidung mit Atemmaske.

Neuberg – „Ein paar mehr Wolken am Himmel und ein paar Grad weniger wären mir heute lieber gewesen“, sagt Kevin Tuchen. Es ist Samstag (07.05.2022), kurz nach elf Uhr. In ein paar Minuten geht es für den Feuerwehrmann und Gemeindejugendfeuerwehrwart auf die 50-Kilometer-Strecke. Zum zweiten Mal startet der 28-jährige Langenselbolder beim Narrhallamarsch des RCV, des 1. Rüdigheimer Carneval-Verein 1979 e. V.

Die Ansage des Sprechers beim Start macht noch einmal allen Teilnehmern deutlich, welche körperliche und mentale Leistung hier abzurufen ist: „Kevin möchte die so oder so schon unmenschliche Leistung, 50 Kilometer innerhalb von zwölf Stunden in Feuerschutzkleidung zu laufen in das absolut Unmenschliche steigern und die gesamte Strecke zusätzlich mit Atemschutzmaske und angeschlossenem Atemschutzgerät zurücklegen.“

Dazu veranschlage er, maximal 15 Flaschen Atemluft zu verbrauchen, was etwa 25.000 Litern Luft entspreche. Er werde alle vier bis fünf Kilometer das leer geatmete Gerät gegen ein Gerät mit neuer Flasche tauschen. Das Gewicht der Ausrüstung, also Kleidung, Maske und Gerät, betrage etwa 25 Kilogramm. „Zur Sicherheit wird er über die gesamte Strecke von erfahrenen Kameraden begleitet.“

50-Kilometerlauf in Schutzkleidung mit Atemmaske: Mahnung vor dem Start

Während sich vermutlich die übrigen 130 Läufer an diesem Tag über den wolkenlosen Himmel und 23 Grad Celsius freuen, weiß Tuchen noch nicht so genau, wie es ihm bei diesen Temperaturen über die lange Distanz ergehen wird. Natürlich ist er zur Vorbereitung in voller Montur knapp zehn Kilometer gelaufen. Und er ist fit, joggt regelmäßig. Allerdings sind 30 Kilometer die längste Distanz, die Tuchen bislang am Stück gelaufen ist – in adäquater Sportbekleidung.

Kurz vor dem Start gibt es deshalb noch die Mahnung, keinesfalls in ein Risiko zu gehen. Und dann geht Tuchen pünktlich um halb zwölf auf seinen langen Marsch über Bruchköbel, durch die Bulau nach Hanau bis zur Mündung der Kinzig in den Main. Die Route führt die Truppe vorbei an Schloss Philippsruhe über den Fluss nach Mühlheim und Steinheim.

Geleitschutz: Freunde und erfahrene Kameraden begleiteten Kevin Tuchen auf seinem 50-Kilometer-Marsch mit Schutzkleidung und unter Atemschutzmaske.
Geleitschutz: Freunde und erfahrene Kameraden begleiten Kevin Tuchen auf seinem 50-Kilometer-Marsch mit Schutzkleidung und unter Atemschutzmaske. © Ulrike Pongratz

Feuerwehrmann absolviert 50-Kilometerlauf: Zahlreiche Wanderer beim Narrenmarsch

Dort erreicht ein inzwischen reichlich verschwitzter Kevin Tuchen gegen 16.30 Uhr den ersten Versorgungspunkt in der Otto-Hahn-Straße. Knapp 22 Kilometer haben der Feuerwehrmann und sein Team bis hierhin zurückgelegt. Die Strapazen der Strecke sind ihnen anzusehen, so richtig reden will niemand. Im Schatten eine kleine Pause einlegen, etwas trinken und einen Snack zwischendrin – und weiter geht es auf dem zweiten Teil der Route durch die Steinbrüche über die berühmte Canyonbrücke zurück nach Hanau. Bald wird die Sonne hinter dem Horizont verschwinden, in Erlensee wartet ein weiterer Versorgungspunkt, bevor die Crew auf dem Jakobsweg nach Langenselbold und über den Rödelberg wieder Richtung Rüdigheim unterwegs ist. Gegen zehn Uhr abends ist Kevin Tuchen dann nur noch acht Kilometer vom Ziel entfernt.

Etwa 30 Wanderer haben sich beim zweiten „Narrhallamarsch“ auf diese Route gewagt, für die vom Veranstalter maximal zwölf Stunden veranschlagt sind. Ungefähr 80 Teilnehmer laufen die „kleine Runde“ über 25 Kilometer und 16 Läufer haben sich für die 100-Kilometer-Strecke angemeldet. Das Schöne an diesem Lauf-Event sei die familiäre Atmosphäre, so die positive Rückmeldung der Teilnehmer, die alle in bester Laune und unverdrossen ihre Strecken angehen.

Neuberg: Werbung für Feuerwehr und Nachwuchs

Kevin Tuchen jedoch erntet schon den ein oder anderen komischen Blick. Nicht wenige fragen sich, wie man auf so eine verrückte Idee kommt. Das hat sich das eine oder andere Mal auch Kevin Tuchen selbst gefragt. Als der Rüdigheimer Carneval-Verein die Spendenaktion zugunsten der Feuerwehr angekündigt hatte, da habe er den Lauf als Chance gesehen, für die Feuerwehr und insbesondere für die Jugendfeuerwehr zu werben, erklärt er. Die Idee sei dann im gemeinsamen Gespräch entstanden, und auch die Wehrführung gab das Okay für die „verrückte“ Aktion.

Am Sonntagmittag (08.05.2022) ist ein erleichterter, aber auch etwas erschöpfter Kevin Tuchen am Telefon. „Die Kombination aus Hitzestau unter der schweren Kleidung und das doch andere Atmen hat mir durchaus zu schaffen gemacht. Am Versorgungspunkt 1 war vermutlich der Tiefpunkt erreicht“, meint er zurückblickend. Durch die Stadt hindurch haben der Feuerwehrmann und sein Team beschlossen, ohne Jacke zu laufen. „Von da an ging es wieder bergauf. Und wir alle waren einfach ein tolles Team, haben uns immer wieder gegenseitig motiviert und unterstützt. Jeder hat mal einen Tiefpunkt auf so einer Strecke.“

Die letzten 100 Meter wurden im Laufschritt zurückgelegt: Mit 11 Stunden und 58 Minuten haben Kevin Tuchel und seine Mannschaft es ins Ziel geschafft. Ihnen wurde von der Feuerwehr Neuberg ein beeindruckender Empfang bereitet. Sein Einsatz für die Jugendfeuerwehr hat sich gelohnt. (Ulrike Pongratz)

Auch Fabian Laubach, „Erfinder“ des „Narrhallamarsch“ der Rüdigheimer Carnevalisten, stellte sich ohne Übung einer Extremwanderung in Neuberg.

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