Neuberg: Grundsteuer steigt drastisch

Für die Neuberger kommt es ganz dicke: Die Bürger müssen sich auf eine Grundsteuererhöhung einstellen, die im schlimmsten Falle einer Verdoppelung des bisherigen Betrags gleichkommt. Am Mittwochabend hat das Gemeindeparlament durch die Mehrheit der SPD einen entsprechenden Beschluss gefasst.
Neuberg – Danach soll die Grundsteuer B für das laufende Haushaltsjahr um 150 Punkte von nunmehr 550 auf 700 Punkte steigen. 2024, also im zweiten Rechnungszeitraum des Neuberger Doppelhaushaltes, wird es eine weitere Erhöhung um 150 Punkte auf dann 850 Punkte geben. Darüber hinaus sieht das Haushaltssicherungskonzept für 2025 eine dritte Erhöhung um wiederum 150 Punkte vor. Somit wäre Neuberg bei 1000 Punkten angelangt und mit Abstand die Gemeinde im Main-Kinzig-Kreis mit dem höchsten Hebesatz für die Grundsteuer B.
1000-Punkte-Marke soll nach Möglichkeit verhindert werden
Allerdings hofft Bürgermeister Jörn Schachtner (SPD) zumindest die dritte Erhöhung noch abwenden zu können. „Wir werden alles versuchen, damit wir die 1000er Marke verhindern können“, so der Bürgermeister vor Beginn der abendlichen Sitzung im Gemeindeparlament. Was die Grundsteuererhöhung für den Geldbeutel des Bürgers bedeutet, rechnete SPD-Fraktionschef Rouven Pohl am Beispiel seines eigenen Grundbesitzes vor: „Ich werde für mein Haus, das auf einem rund 800 Quadratmeter großen Grundstück steht, in diesem Jahr rückwirkend 135 Euro mehr bezahlen müssen.“ 2024 wären es 270 Euro und sollte es zu einer dritten Erhöhung kommen, müsste Pohl mit 405 Euro rechnen. „Uns ist bewusst, dass das für die Bürger eine Zumutung ist. Wir wollen keine Steuererhöhung, aber wir müssen sie vornehmen, um einen genehmigten Haushalt zu bekommen“, sagte er. Von der Gewerbesteuer habe man bewusst die Finger gelassen, weil die Gemeinde mit leicht über 400 Punkten bereits über dem Kreisdurchschnitt von 388 liege. Dies wäre im Hinblick auf die geplante Schaffung von neuen Gewerbegebieten am Selbolder Pfad und an der Autobahn 45 ein falsches Signal für potenzielle Firmen gewesen, so der Sozialdemokrat.
Kritik gab es von der Opposition. Sowohl CDU als auch Neuberger Liste und die beiden Vertreter der Liberalen Basis Neuberg stimmten gegen die Erhöhung der Grundsteuer. „Die Kostenexplosion trifft besonders Rentner, Geringverdienende, Mieter und junge Familien“, sagte CDU-Fraktionsvorsitzender Federico Theilen. Die CDU plädierte dafür, den Haushalt mit einer Entnahme aus den Rücklagen sowie einer Grundsteuererhöhung, die sich an der allgemeinen Einkommensentwicklung orientiert, auszugleichen. Für Jörn Schachtner wäre dies jedoch keine gangbare Option gewesen: „Die Rücklagen aufzubrauchen, ist zu riskant. Man weiß nie, wofür man das Geld noch braucht.“
Opposition hält Hebesätze für nicht zumutbar
Auch Jens Feuerhack, Fraktionsvorsitzender der Neuberger Liste, sowie Christoph Esch, Liberale Basis Neuberg, nannten die Hebesätze für die Bürger nicht zumutbar. Esch kritisierte den Haushalt mit den Worten, er sei das Papier nicht wert, auf dem er geschrieben sei. Zudem betonte er, dass neun Sitzungen des Haupt- und Finanzausschuss nötig gewesen seien, um diesen zur Abstimmung zu bringen. „Das war nicht schön.“ Der zunächst kalkulierte Fehlbetrag von einer halben Million Euro habe sich während der Beratungszeit auf 1,2 Millionen Euro erhöht, berichtete Jens Feuerhack in seiner Haushaltsrede.
Bei der Ursachenforschung für die finanziell schlechte Lage der Gemeinde gingen die Analysen der Parteien am Mittwochabend weit auseinander. Schachtner sah die Gründe vor allem in der Inflation sowie den gestiegenen Personalkosten durch den hohen Tarifabschluss im öffentlichen Dienst. Dieser koste die Gemeinde zwischen 300 000 und 400 000 Euro im Jahr. „Viel Geld für eine kleine Kommune wie Neuberg.“
Planung für Feuerwehrhaus auf Eis
Die Opposition sprach hingegen von einer langjährigen Misswirtschaft der SPD, die bekanntlich seit der Gründung der Gemeinde Neuberg den Bürgermeister und die stärkste Fraktion stellt. Feuerhack machte zwar hauptsächlich Bund und Land für die Unterfinanzierung der Kommunen verantwortlich, sah aber auch hausgemachte Fehler. „Der Haushalt wurde jahrelang schöngerechnet, in dem man die Abschreibungen nicht berücksichtigte.“ Zudem habe man sich immer als Wohngemeinde definiert, statt mehr auf Gewerbe zu setzen.
Die finanzielle Krise hat für die Kommune direkte Folgen: Die Gelder für die Planung des neuen Feuerwehrgerätehauses sowie die Anschaffung von neuen Fahrzeugen für die Brandbekämpfer wurde im Doppelhaushalt auf null heruntergefahren. Frühester Planungsbeginn für das dringend benötigte Gebäude, das auf dem alten Bolzplatz zwischen Rüdigheim und Ravolzhausen gebaut werden soll, ist nun 2025. Nach ursprünglicher Planung sollte das Feuerwehrgerätehaus zu diesem Zeitpunkt schon stehen. Die Kosten für das Gerätehaus liegen nach aktueller Schätzung bei mindestens rund sechs Millionen Euro.
(Von Holger Weber-Stoppacher)