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Poesie zwischen Leben, Liebe und Tod

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Zu Hause in der Welt der Literatur und in Ravolzhausen: Der Neuberger Dichter und Autor Horst Samson hat jetzt einen neuen Gedichtband herausgegeben und arbeitet bereits am nächsten.
Zu Hause in der Welt der Literatur und in Ravolzhausen: Der Neuberger Dichter und Autor Horst Samson hat jetzt einen neuen Gedichtband herausgegeben und arbeitet bereits am nächsten. © Andrea Pauly

Neuberg – Sein 13. Gedichtband mit dem Titel „In der Sprache brennt noch Licht“ ist gerade erschienen, und er arbeitet bereits an seinem nächsten Werk, das zur Leipziger Buchmesse im März erscheinen soll. Der rumäniendeutsche Diplom-Journalist, Lehrer und Schriftsteller Horst Samson lebt seit 1993 in der Gemeinde Neuberg. Wir haben ihn und seine Frau Edda in ihrem gemütlichen bücherreichen Haus in Ravolzhausen besucht und mit ihm über sein bewegtes Leben zwischen seiner alten Heimat als „Rumänischer Staatsbürger Deutscher Nationalität“ und seinem deutschen Zuhause sowie über seine Beziehung zur Poesie gesprochen.

Geboren 1954 im Weiler Salcimi/Rumänien in der kargen Baragansteppe, wohin seine Eltern zwangsumgesiedelt worden waren, durfte die Familie 1956 ins Heimatdorf Teremia Mica zurückkehren. „Nach der Grundschule besuchte ich das deutschsprachige Pädagogische Lyzeum in Hermannstadt und absolvierte dann die Ausbildung zum Lehrer. Hier lernte ich auch meine Frau kennen“, berichtet der Autor. Nach einer kurzen Zeit als Lehrer entdeckte Samson allerdings seine Passion für den Journalismus und kam als Redakteur zu einer deutschsprachigen Tageszeitung nach Temeswar, wo er bis 1984 tätig war. 1978 erschien sein erstes Gedichtbuch „Der blaue Wasserjunge“.

Schreibverbot und Mordrohungen

Parallel zu seiner Arbeit für die Zeitung und seinen literarischen Ambitionen absolvierte Samson bis 1983 ein Fernstudium an der Bukarester Journalistik-Fakultät. In dieser Zeit gab es in Temeswar einen Literaturkreis, zu dem neben dem Autor Nikolaus Berwanger und Horst Samson auch die Literaturnobelpreisträgerin Herta Müller und ihr Ehemann Richard Wagner gehörten. 1984 verfasste diese Gruppe einen Beschwerdebrief an die Parteispitze und die Führung des rumänischen Schriftstellerverbandes mit der Forderung, die kulturelle Entfaltungsmöglichkeit der deutschen Minderheit im Land nicht weiter einzuschränken. Die Folgen dieser Petition waren Schreibverbot und Morddrohungen durch den rumänischen Sicherheitsdienst. In den Akten der „Securitate“ wurde Samson als „schädliches Element“ und „westdeutscher Spion“ geführt.

Horst Samson verließ das Land mit Frau und Sohn im März 1987, im Alter von 32 Jahren. „Mein erster Job in Deutschland war Kleidersammeln für das Rote Kreuz – 30 Mark am Tag und eine warme Mahlzeit – und ein paar Gelegenheitsjobs für Zeitungen“, erzählt der Journalist.

Einst in der Chefredaktion der Stuttgarter Nachrichten

Es dauerte aber nicht lange und Samson avancierte zum stellvertretenden Chefredakteur der „Stuttgarter Nachrichten“. Als seine Frau dann 1989 die Gelegenheit erhielt, als Lehrerin für eine Hanauer Schule zu arbeiten, zogen die Samsons in die Brüder-Grimm-Stadt, bevor es dann schließlich 1993 nach Ravolzhausen ging.

Und der Autor orientierte sich wieder neu: 1990 bis 2017 als Chefredakteur des Bad Vilbeler Anzeiger. Samson wurde mehrfach für seine Publikationen ausgezeichnet und ist unter anderem Mitherausgeber von Salman Rushdies „Die Satanischen Verse“ im „Artikel 19 Verlag“.

Sein literarisches Schaffen vollzog sich in all den Jahren mit einer längeren lyrischen Pause von 2004 bis 2010 parallel zu seinem Beruf. „Die Lyrik lehrte mich Achtsamkeit mir und anderen gegenüber, schulte meine Leidenschaft für Sprache und vor allem meinen kritischen Geist. Nach meiner Emigration sog ich daraus die Kraft, in diesem Leben zu bleiben. Nicht zuletzt verdanke ich der Lyrik meine wichtigsten Freundschaften“, bekennt der Poet.

Lyrik ist ein Blick auf die Welt

Lyrik sei für ihn der sprachlich und philosophisch konzentrierte Blick eines Menschen auf sich und die Welt. So stecke im Gedicht die „existenzielle Quintessenz des Daseins“, sagt Horst Samson. Seine bewegte Vita verarbeitet der Autor seit Beginn seiner Veröffentlichungen in seinen Gedichten über die Heimat, die politischen Verhältnisse und das Vertrieben-Sein bis zu seinem Leben im Hier und Jetzt.

Der jetzt vorgelegte Band „In der Sprache brennt noch Licht“ birgt einen Schatz an neuen und bekannten Gedichten in Kapiteln mit sinnlich anmutenden Titeln wie „Ins Blaue Blühen der Magnolien“ oder „Mein Blut ist Dunkel wie Merlot“, aber auch mal sachliche beziehungsweise doppeldeutige Überschriften wie „Steckschuss ins Genick“ und „Ein Wackerstein aus Deutschland“.

Die Metaphorik seiner Gedichte wie auch dessen Sprache an sich zeigt sich nicht überfrachtet, sondern einerseits klar und eingängig und andererseits als doppeltes Geschenk. Denn beim mehrmaligen Lesen tun sich immer wieder neue Blickwinkel und Lesarten auf.

„Mich interessiert der Gehalt der Sprache und keine Wortspielereien. Alle meine Gedichte haben einen existenziellen und reflektierten Hintergrund. Im Grunde geht es immer um Liebe und Tod und das Leben, das sich dazwischen abspielt“, erklärt Horst Samson – der Dichter, dem es scheinbar mühelos gelingt, unser vielgestaltiges Mensch- und Dasein in betörend eindrücklicher Lyrik zu erfassen und in prägnanter Sprache auf den Punkt zu bringen. (Von Andrea Pauly)

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