Eberhard Schättler aus Nidderau ist „Ehrentourist“ im italienischen Cannobio

Vor mehr als 60 Jahren gab es in Windecken das Sprichwort „der Windecker Zures fährt an den Lago Matschures“ (Lago Maggiore). Auch die Eltern von Eberhard Schättler gehörten dazu. Vor ein paar Tagen wurde der Nidderauer in dem Städtchen Cannobio vom Bürgermeister zum ersten Ehrentouristen (turista onorario) ernannt, ganz offiziell mit Urkunde und einem wunderschönen Bildband als Geschenk.
Nidderau – Diese Ehrung war der Zeitung La Stampa einen Bericht wert und man konnte darüber im Internet lesen, was im Ort und auf dem Campingplatz eine herzliche Anteilnahme auslöste.
Mit einem fröhlichen „Ebbi! VIPe, VIPe!“, wurde Eberhard Schättler bereits morgens in „seiner“ Espresso-Bar von Sara, der Besitzerin, herzlichst begrüßt. Cannobio, bekannt für seine Postkarten-Flaniermeile am Ufer des Lago Maggiore, ist das zweite Zuhause von Eberhard Schättler. Er ist hier stadtbekannt und wird hier gerne als „Bürgermeister vom Cam-pingplatz“ bezeichnet.
Unbeschwerte Ferien in der Kindheit
1962, als Familie Schättler das erste Mal das Zelt auf dem Campingplatz in Cannobio aufschlug, war Eberhard Schättler acht Jahre alt. Damals war man hier in bester Windecker und Heldenberger Gesellschaft, hatten doch bereits einige befreundete Familien das Kleinod am Lago Maggiore entdeckt. „Wie dies genau zustande gekommen ist, das konnte ich nicht mehr nachvollziehen“, sagt Eberhard Schättler. Bei einer herrlich kühlen „Garten Limonade“ auf der schattigen Gartenterrasse, – umrahmt von blühenden Rosen – blättert Schättler im Bildband und lässt 60 Jahre Ferien in Cannobio Revue passieren.
Der Windecker erinnert sich an unbeschwerte Ferien seiner Kindheit. Lange war er einer der Jüngsten in der Kinderschar. Er war mit dabei, als die Jugendlichen nach Fischen tauchten und diese im Ort verkauften. „Ebbi“ und seine Freunde saßen mit Chips und Wein bis Sonnenaufgang am Strand. Vor Kurzem hat ihm ein Freund Postkarten aus den 1970er-Jahren geschenkt, die er im Internet ersteigert hat. Und namentlich erwähnt: Familie Schüttler. „Haben heute noch kurz Schättlers besucht“ steht auf einer Karte von 1972.
Tourismus in Cannobio nimmt wächst
Cannobio war damals ein verschlafenes Städtchen mit wenig Tourismus. Im Hafen dümpelten ein paar Fischerboote. In Schättlers Stammlokal bei Dario, etwas oberhalb gelegen, liefen noch die Ziegen über den Hof. Dario nennt Eberhard Schättler einen „echten Freund“, der immer Platz für ihn und seine Familie bereithält.
Seit etwa zehn Jahren hat der Tourismus deutlich zugenommen, aber Cannobio und seine Einwohner haben an Herzlichkeit und Charme nichts verloren. Inzwischen gibt es Campingplätze, auf denen überwiegend Wohnwagen, Wohnmobile und neuerdings auch Mobilheime stehen und wunderschöne Hotels und Pensionen.
Begeisterter Wasserskifahrer mit „Postboot“
Auch Familie Schättler ging mit der Zeit, ein Wohnwagen mit großzügigem Anbau ist zu einem zweiten Zuhause am Lago Maggiore geworden. In den zwei Häfen legen Jachten und Motorboote an. Das neue Boot von Familie Schättler wurde mit einer richtigen Schiffstaufe am Strand auf den Namen „David“ getauft.
Als Jugendlicher sei er total begeistert gewesen vom Wasserskifahren, so Eberhard Schättler. Ein befreundeter Camper hatte ihn mitgenommen und angelernt. „Ich war süchtig nach diesem Sport, konnte gar nicht genug bekommen. Da stand ich dann oft mit einem Kanister Benzin und habe gefragt, ob jemand Lust hätte, eine Runde mit mir zu drehen.“ Es dauerte nicht lange, da kaufte der Windecker auf der Messe in Düsseldorf sein erstes eigenes kleines Motorboot. „Da kommt das Postboot“, hieß es wegen der gelb-schwarzen Lackierung.
Schättlers schätzen Ruhe und Idylle im kleinen Städtchen
Nach und nach kamen immer weniger Nidderauer Familien nach Cannobio, doch Schättlers hielten ihrem Ferienort unverbrüchlich die Treue. Mit Tochter Silke und Ehefrau Uschi bot ein Wohnwagen mit einem festen Stellplatz ausreichend Komfort. „Vor 20 Jahren dann die kleine Katastrophe. Hochwasser in Cannobio, der gesamte Campingplatz wurde überschwemmt, der Wohnwagen nicht mehr zu gebrauchen. Alles weg, alles auf Anfang, alles musste neu gekauft und eingerichtet werden.“ Schättlers entschieden sich für einen neuen, höher gelegenen Liegeplatz und gestalteten liebevoll ihr kleines Refugium, das sie jetzt mit beginnendem Rentenalter häufiger als früher nutzen wollen.
Werde es nicht langweilig, 60 Jahre lang ohne eine einzige Unterbrechung immer am selben Ort Urlaub zu machen?, würde er gefragt, so Schättler.

Doch für ihn und seine Ehefrau Uschi bietet Cannobio genau das, was beide im Urlaub brauchen. Der 68-jährige Eberhard Schättler war geschäftlich europaweit im Außendienst unterwegs, 200 Übernachtungen im Jahr kamen da schnell zusammen. „Drei Wochen lang an einem Platz, Sie können sich nicht vorstellen, wie schön das sein kann.“
Uschi Schättler ist selbstständige Friseurmeisterin und kann sich ein Leben ohne ihr Geschäft noch gar nicht vorstellen. „In Cannobio fasziniert uns die Ruhe, die Landschaft, die Idylle. Mit dem Boot auf den See hinausfahren und sich treiben lassen, Sonnenuntergänge am Strand, da sind einfach unvergleichliche Momente“, schwärmt der Windecker Bürger.
Besondere Freundschaften geschlossen
In Cannobio haben sich besondere Freundschaften entwickelt, auf dem Campingplatz mit vielen Holländern und natürlich im Ort. „Wenn die Holländer feiern, werde ich oft eingeladen und gehöre dann zu ihnen. Allerdings – bei Fußball hört die Freundschaft dann auf“, lacht Schättler. Heute ist er es, der mit Kindern und Jugendlichen im Boot auf den See hinausfährt. Sieben hatte er neulich dabei – das Geburtstagsgeschenk für seinen zehnjährigen Freund Sepp, – sehr zur Freude der Eisverkäuferin bei einem Stop.
Abschließend sagt Eberhard Schättler: „Ich empfehle jedem, der diesen schönen Ort kennenlernen möchte, einen Kurzurlaub oder ein verlängertes Wochenende in Cannobio. Aber Vorsicht: Suchtgefahr!“
Von Ulrike Pongratz