Neue DVD über Nidderau-Ostheim: „Babbeler-Stammtisch“ erinnert an „Uusthemer Originale“ und Anekdoten

Jedes Dorf hat seine Geschichte. Und seine Geschichten. Ostheim ist besonders reich an Anekdoten und „Originalen“ aus früheren Tagen, die das Dorfgeschehen prägten. Georg Brodt und Waldemar Förter haben sie auf DVD festgehalten.
Nidderau – So etwa Heinrich Ott, im Dorf „Urte Heine“ genannt. Nicht lange nach Kriegsende soll er beim Kartoffelernten auf dem Feld von zwei vorbeikommenden „Amis“ angesprochen worden sein. „Potatoe, potatoe“ sagten die hungrigen Soldaten auf Amerikanisch mit Blick auf die dicken Kartoffeln.
Dem „Urte Heine“ wurde es jedoch Angst und Bange. Des Amerikanischen nicht mächtig, hatte er „Partei dou! Partei dou!“ verstanden und befürchtete, die Amerikaner seien auf der Suche nach Nazis und Angehörigen der NSDAP. Die Soldaten jedoch sammelten kurzerhand ein paar Kartoffeln in ihre Mützen und machten sich wieder vom Acker.
Ein gefundenes Fressen für die „Amis“, sozusagen. Und für Waldemar Förter und Georg Brodt. Das Duo ist im Dorf bereits für seine auf Video festgehaltene Zeitzeugen-Reihe bekannt (siehe Infokasten). „In unseren Interviews mit alten Dorfbewohnern kamen so viele Originale und interessante Geschichten von früher vor, dass ich auf die Idee kam, diese Geschichten zu sammeln und festzuhalten“, erklärt Waldemar Förter.
Eingespieltes Team durch Zeitzeugen-Reihe
Natürlich war Georg Brodt, der die Zeitzeugen-Reihe initiiert hatte, auch diesmal mit im Boot und sprach alteingesessene Ostheimer an, ihre Erinnerungen an einem „Babbeler-Stammtisch“ zu teilen. Natürlich sollte das Gespräch auf „Uusthemer Mundart“ festgehalten werden. „Die Anekdoten bekommen ihr Salz erst durch den Dialekt“, befindet Förter. Und so entstand mit der Videoaufnahme nebenbei sogar noch ein sprachwissenschaftlich interessantes Dokument.
Zahlreiche Dokumente gibt es im Übrigen auch vom Ostheimer Dorfleben. „Der Ehrenvorsitzende des Geschichtsvereins Heinrich Pieh und sein Vater haben dazu viel gesammelt, etwa in dem Band ‘Uusthemer Geschichten’“, berichtet Georg Brodt, Und auch vom „Urte Heine“, der als Dorfpoet galt, sind einige Geschichten und Verse überliefert, die Gerd Brodt am Stammtisch vorträgt. Etwa: „Was hat man heutzutage mit ‘ner Geiß so seine Plage. Will man sie zum Bock mal bringen, will derselbe sie nicht springen.“ Gerd Brodt verfasst sogar selbst Gedichte – so wie es in Ostheim geradezu eine Tradition im Dichten und Liederschreiben über das Dorfgeschehen gibt.
„Ringkampf“ unter Kartenspielern
Heinfried Heppding kann ebenfalls ein Lied davon singen, was sich früher in der Gaststätte zur „Schönen Aussicht“ beim „Kohlerudi“ alles zugetragen hat. Eindrücklich und lebhaft schildert er am „Babbeler-Stammtisch“ im Bürgerhof etwa einen „Ringkampf“ unter Kartenspielern im Beisein von Pfarrer Völker.
Oft erinnern die Erzählungen an Eulenspiegeleien oder die legendären Schildbürger. Und auch die ein oder andere etwas delikate Geschichte kommt in dem etwa 80-minütigen Video zur Sprache.
Handwerklich können sich die beiden Ostheimer Filmemacher inzwischen durchaus mit professionellen Formaten messen. Waldemar Förter hat diesmal drei Kameras im Einsatz, zwischen deren Perspektiven er wechselt. Obwohl das Gespräch einem festgelegten Ablauf folgt, der bei mehreren Treffen vorab besprochen und geübt wurde, wirkt es nicht gestellt, sondern natürlich. Klar, dass am Stammtisch auch der „Ebbelwoi“ nicht fehlt.
Erinnerungen erzeugen dörfliches Gemeinschaftsgefühl
„Die Frage ist, ob das alles auch für junge Leute, die die Originale nicht mehr kennen und auch den Dialekt nicht gut verstehen, noch interessant ist“, sinniert Georg Brodt. Doch die Erfahrung von den Vorführungen der Zeitzeugen-Interviews zeigt, dass bei vielen Zuschauern längst verblasste Erinnerungen wieder lebendig werden und sich im besten Fall ein dörfliches Gemeinschaftsgefühl einstellt.
Auch diesmal ist wieder eine öffentliche Vorführung des Videos im Bürgerhof geplant. Ein genauer Termin steht allerdings noch nicht fest. Wer nicht so lange warten möchte, kann bereits jetzt eine DVD des „Babbeler-Stammtischs“ bei Waldemar Förter bestellen (siehe Infokasten). Die Geschichten von Bock und Bembel sind genau die richtige Unterhaltung für einen lauen Frühlingsabend, am besten bei einem kühlen Glas Ebbelwoi. (Von Jan-Otto Weber)