Nidderau: 100 Jahre Feuerwehr Erbstadt: vom Pferdefuhrwerk zum Löschfahrzeug

Ende Juni feiert die Freiwillige Feuerwehr Erbstadt mit einem dreitägigen Fest ihren 100. Geburtstag. Aus diesem Anlass wurde eine Festschrift erstellt, in der auch die Chronik abgedruckt ist, die der ehemals aktive Brandbekämpfer Gernot Wasserfuhr erstellt hat. Unsere Zeitung hat die wichtigsten Stationen der Geschichte zusammengefasst.
Nidderau – Die Gründung im September 1922 durch 20 junge Männer – unterstützt vom damaligen Bezirksbrandmeister und Windecker Bürgermeister Schlegel – erfolgt aufgrund der Verordnung, die Pflichtwehren in Freiwillige Feuerwehren umzuwandeln. Die personelle Führung übernimmt Heinrich Wilhelm Seib, der seit 1911 schon Chef der Pflichtfeuerwehr gewesen ist. Die wirtschaftlich schlechte Lage mit hoher Inflationsrate erschwert den Start, der mit einer Handdruckpumpe und einem Pferdefuhrwerk beginnt, die zunächst im Stall des Pfaffenhofs und später im Spritzen- und Wachthaus mit Schlauchtrockenturm untergebracht sind.
Probleme mit dem Löschwasser führt dazu, dass 1927 die Wehr tatenlos mit ansehen muss, wie eine Scheune in der Pfaffenhofstraße bis auf die Grundmauern abbrennt. Allerdings wird im selben Jahr dann die Wasserleitung gebaut, eine enorme Verbesserung auch für die Brandschützer, die sich 1939 über eine Motorspritze vom Typ TS 8 freuen können. Die besteht ihre erste Prüfung ein Jahr später bei einem Brand in der Scheune der Bäckerei Störkel, der schnell eingedämmt werden kann.

Motorspritze und Wasserleitung bringen erheblichen Fortschritt
Der Zweite Weltkrieg fordert auch Opfer unter den Feuerwehrleuten. Die meist älteren Brandbekämpfer stehen aber weiterhin ihren Mann und sind nach Bombardierungen auch außerhalb von Erbstadt im Einsatz.
In dieser Zeit werden an der Kirche zwei Reservoire angelegt, das unterirdische Speicherbecken ist bis heute im Einsatz. Nach den Kriegsjahren findet eine systematische Verjüngung der Erbstädter Wehr statt, und 1957 schaffen die Floriansjünger einen gebrauchten VW-Kombi an, den man auch für Fahrten zu Leistungswettkämpfen nutzt.

Brandserien und neues Gerätehaus
Drei Brandserien erschüttern 1962, 1966 und 1970 den Ort. Die erste Brandserie gibt den Ausschlag für die Anschaffung eines Ford-Tragkraftspritzenfahrzeugs mit Komplettausstattung, das bei den folgenden Bränden wesentlich dazu beträgt, dass es der Feuerwehr jeweils gelingt, den Brandherd auf die Scheunen zu begrenzen und Wohnhäuser sowie Nachbargebäude zu schützen. Allerdings passt das neue Fahrzeug nicht mehr in den Seitenflügel des Pfaffenhofs, sodass ein Neubau des Feuerwehrgerätehauses mit Fahrzeughalle, Werkstatt und Unterrichtsraum in unmittelbarer Nachbarschaft in Angriff genommen wird, das 1968 eingeweiht werden kann. In Folge des Neubaus erhält die Wehr 1971 auch ein neues Mannschaftstransportfahrzeug, das lange seinen Dienst tut.
Das Jahr 1972 steht im Zeichen der Feiern zum 50. Jubiläum. Durch den Bau von Aussiedlerhöfen muss die Wehr mobiler werden und so wird durch eine Beschaffungsaktion des Landes ein Opel-Blitz Löschgruppenfahrzeug LF 8 in Dienst gestellt.
Eher durch Zufall wird 1980 der Grundstein für die Freundschaft mit der Wehr von Deutsch-Altenburg aus Österreich gelegt, die bis heute hält und die seither von vielen gegenseitigen Besuchen und gewachsenen Freundschaften geprägt ist.
Ein neues LF8 und 75-Jahrfeier
Mit Hilfe der Stadt Nidderau und der Beharrlichkeit des neuen Wehrführers Jürgen Seipel stellen die Floriansjünger 1995 ein LF8/6 mit 600 Liter Fassungsvermögen in Dienst, das alte LF 8 bekommen die Kollegen im ungarischen Kurd als Geschenk. Mit dem Umbau des Feuerwehrhauses in Eigenhilfe unter Einbeziehung der benachbarten Viehwaage werden nicht nur Auflagen der Unfallverhütungsvorschriften erfüllt, sondern auch ein großer Umkleideraum, ein Umkleideraum für die Jugendfeuerwehr, die bereits 1978 gegründet worden ist, ein Lagerraum sowie WCs für Frauen und Männer geschaffen. 1997 feiert man das 75-jährige Bestehen unter anderem mit der hr3-Club-Sommerdisco, dem Volksmusikduo Marianne und Michael und einem großen Festumzug.

Nach dem verheerenden Hochwasser an der Oder reisen vier Feuerwehrleute mit Geld- und Hilfsgütern im Wert von 3000 Euro nach Pirna in Sachsen. Da sich die Wehr auf Wasserräumung spezialisiert hat, schafft die Stadt für Erbstadt eine Hochleistungs-Tauchpumpe an und die Wehr engagiert sich in der Brandschutzerziehung. Zudem wird die Feuerwehr mit neuer Dienstkleidung ausgestattet. 2003 kann die Wettkampfgruppe A einen ersten Platz vermelden. 2005 feiert man dann das 25-jährige Jubiläum der Partnerschaft mit Bad Deutsch-Altenburg.
Umwandlung in eingetragenen Verein
Ein weitreichender Entschluss wird 2009 gefasst, nämlich den Feuerwehrverein „Freiwillige Feuerwehr Erbstadt“ in einen eingetragenen Verein umzuwandeln. Die Übergabe eines neuen Mannschaftstransportwagens und die Auszeichnung „Feuerwehr des Monats“ sind 2012 Höhepunkte der Feierlichkeiten zu 90 Jahre Feuerwehr und 35 Jahre Jugendfeuerwehr. Neben zwei größeren Brandeinsätzen prägen die folgenden Jahre die Verbesserung und Ergänzung der Ausrüstung mit Schere und Spreizer (2014), der Einführung des Digitalfunks (2015) und die Beschaffung eines absenkbaren Anhängers (2018).
Die Gründung einer Voraushelfergruppe „First Responder“ und die Übergabe des Löschfahrzeugs 10 Kat S im selben Jahr sind weitere Höhepunkte im jüngeren Feuerwehrleben. Rechtzeitig zum Jubiläum wird auch noch die Fassade des Feuerwehrhauses herausgeputzt.
Im Gespräch mit unserer Zeitung zeigen sich Wehrführer Stefan Pusch und sein Stellvertreter Benjamin Hahn sehr zufrieden mit dem Zustand des Vereins, der Einsatzabteilung, der First Responder und einem guten Zuspruch bei den Löschknirpsen und der Jugendfeuerwehr. Diesbezüglich steht der Jubiläumsfeier also nichts im Wege.