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Nidderau: Aktionstag im Hexenturmgarten bringt Besuchern die Jungsteinzeit nahe

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Das bandkeramische Langhaus im Hexenturmgarten hat inzwischen beachtliche Dimensionen erreicht. Der Verein für Vor- und Frühgeschichte im Unteren Niddertal sucht noch Unterstützer für die Rekonstruktion des jungsteinzeitlichen Gebäudes.
Das bandkeramische Langhaus im Hexenturmgarten hat inzwischen beachtliche Dimensionen erreicht. Der Verein für Vor- und Frühgeschichte im Unteren Niddertal sucht noch Unterstützer für die Rekonstruktion des jungsteinzeitlichen Gebäudes. © PM

Menschen, die keine Angst davor haben, schmutzig zu werden, bekommen am Samstag Gelegenheit, an einer „prähistorischen“ Aktion teilzunehmen. Denn der Verein für Vor- und Frühgeschichte im Unteren Niddertal (VVFN) lädt ein, auf der Baustelle seines jungsteinzeitlichen Gebäudes im Hexenturmgarten in Windecken Stampflehm herzustellen und beim Verputzen der Flechtwerkwände zu helfen.

Nidderau –Aber auch für alle anderen wird beim Aktionstag unter dem Motto „Zeitsprünge“ einiges geboten. „Was uns der Aktionstag bringen wird, wissen wir nicht. Zunächst entstehen uns nur jede Menge Kosten“, sagt die VVFN-Vorsitzende Heike Lasch. Mit dieser Form der Veranstaltung geht der Verein neue Wege. Die Archäologin hofft jedoch, damit das Projekt zum Bau des „Bandkeramischen Hauses“ bekannter zu machen und weitere Mitwirkende – besonders Kinder und Jugendliche – zu gewinnen.

Dr. Heike Lasch
Dr. Heike Lasch, Vorsitzende des Vereins für Vor- und Frühgeschichte im unteren Niddertal © Privat

Der Verein existiert seit 1988. Insgesamt 96 Mitglieder, einschließlich sechs Städte und Gemeinden, gehören ihm an. Die Vereinsmitglieder möchten der Bevölkerung die Archäologie näher bringen. Dies geschieht zum Teil mit eigenen, oft ehrenamtlichen Ausgrabungen, Ausstellungen, Vorträgen und Fundstücken in der Schausammlung im Archiv Mittelburg.

Vielfältig zeigt sich auch das Programm beim Aktionstag am Samstag. Töpfer Martin Burberg aus Jesberg hat sein Kommen zugesagt. Er hat am Steinzeit-Experiment „Das Dorf“ des SWR-Fernsehens teilgenommen, das 2013 gesendet wurde. Burberg lebte mit seiner Familie in einer schilfgedeckten Hütte, ohne Wasser und Strom, wie Sippen vor 5000 Jahren. Lasch traf Burberg während eines Töpfermarktes, wo er selbst hergestellte Repliken zeigte. Burberg erklärte sich bereit, am Aktionstag teilzunehmen und einige Gefäße mitzubringen.

Teilnehmer an Steinzeit-Experiment des SWR

Burbergs Frau informiert über Lebensmittel aus der Jungsteinzeit, wie diverse Früchte und Kräuter. Das bietet sich an, denn außer dem Baugrundstück existiert noch eine brach liegende Fläche im Hexenturmgarten. Zudem steht der Verein in Kontakt mit den Betreuern des Feld-Flora-Reservats am Wartbaum in Windecken. Selten gewordene Ackerpflanzen wie Emmer und Einkorn werden dort angebaut. Saatgut ist verfügbar und könnte auf der brachen Fläche Verwendung finden.

„Hierzu würden wir gerne Leute gewinnen, die sich um den Garten kümmern“, sagt Lasch. Zweiter Vorsitzender Dieter Dettmering ergänzt, dass schon ein Feld mit Waldstaudenroggen gepflanzt und geerntet wurde. Am Aktionstag soll ausprobiert werden, ob die sehr alte Kulturgetreidesorte zur Dachdeckung dienen kann.

Korbflechter und historisch Gewandete

Werkzeugmacher Dieter Dettmering vom VVFN-Vorstand baute diese Vorrichtung zum Bohren eines Steins.
Werkzeugmacher Dieter Dettmering vom VVFN-Vorstand baute diese Vorrichtung zum Bohren eines Steins. © Georgia Lori

Wie Dettmering weiter mitteilt, wird auch Korbflechter Daniel Stadler aus Hasselroth vor Ort sein. „Auch in der Jungsteinzeit wurden schon Körbe geflochten und, etliche der Gefäße wurden in Körben aufgebaut“, sagt Lasch. Die Gruppe „Die Scheftheimer“ wird die Besucher in historischen Kostümen begrüßen. Sie decken diverse Zeitstufen ab, weshalb das Motto der Veranstaltung auch „Zeitsprünge“ heißt.

Zum Stampfen von Lehm werden Wasser, Lehm und Strohhäcksel in einem Bottich gemischt und mit den Füßen gestampft. Die so entstehende Masse wird mit der Hand entnommen, um damit das Flechtwerk des jungsteinzeitlichen Gebäudes zu bestreichen.

Beim Aktionstag am Samstag dürfen Besucher unter anderem beim Stampfen von Lehm helfen.
Beim Aktionstag am Samstag dürfen Besucher unter anderem beim Stampfen von Lehm helfen. © Privat

Besucher dürfen auch Fundstücke zur Bestimmung mitbringen. „Manchmal sind es Replikate, Keramik oder auch kaputte Gartentöpfe aus dem Baumarkt“, sagt Lasch. Der Verein selbst präsentiert Fundstücke, wie Werkzeuge und Töpfe.

Besucher können Fundstücke mitbringen

Das Gebäude im Hexenturmgarten gewinnt mehr und mehr an Dimension. Drei Dachsparren auf jeder Seite wurden bereits aufgelegt. Die Dacheindeckung könnte mit Holzschindeln, Stroh und Schilf erfolgen. „Wir wollen austesten, wie wir damit am einfachsten und schnellsten ein Dach decken können“, sagt Dettmering. Begonnen wurde auch bereits mit dem Grundgerüst für das Flechtwerk.

Aktuell präsentiert sich das Haus mit acht Metern Breite, zwölf Metern Länge und sechs Metern Höhe. Nach der Dacheindeckung sollen die Wände gestellt und verputzt und das Zwischengeschoss ausgelegt werden.

Da die Vereinsmitglieder von den Jahreszeiten abhängig sind, ist die Fertigstellung noch nicht absehbar. „Wir hoffen, dass der Aktionstag durch die Aussteller weitergetragen und umfangreicher wird“, sagt Dettmering. Er wünscht sich einen jährlichen Aktionstag, um Geschichte greif- und erlebbar zu machen.

Keine Hinweis zu „Fenstern“ zu Bandkeramik-Haus

„Was uns schon immer beschäftigt hat, ist die Materialbeschaffung“, ergänzt Lasch. Bezüglich des Hauses habe man sich Gedanken über die Dachneigung oder etwaige Fenster gemacht. In der Literatur finde man dazu kaum Hinweise. Bereits vorhandene Konstruktionen in Freilichtmuseen seien unterschiedlich und unvollständig. „Ich kenne tatsächlich keine Rekonstruktion, die nicht innen stockdunkel ist“, sagt Lasch.

Aktionstag am Samstag

Der Aktionstag „Zeitsprünge“ findet am Samstag, 15. Oktober, von 11 bis 17 Uhr im Hexenturmgarten und auf der Wiese an der Burg Windecken statt. Es besteht die Möglichkeit, die Baustelle des jungsteinzeitlichen Gebäudes zu besuchen und an dessen Gestaltung mitzuarbeiten. Der Verein Windecker Schlosskeller sorgt für die Verpflegung der Besucher. Parkmöglichkeiten bestehen an der nahegelegenen Willi-Salzmann-Halle. Der Eintritt ist frei. Spenden für das Projekt und die Vereinsarbeit werden gerne entgegengenommen. Die Veranstaltung findet auch bei Regen statt. Von Georgia Lori

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