Nidderau: Arbeitskreis Nahmobilität fordert kostenlose Busfahrten im Stadtgebiet

Als im Sommer 2018 das neue Nahverkehrskonzept der Stadt Nidderau eingeführt wurde, gab es über die Fraktionsgrenzen hinweg Beifall. Der kaum genutzte Bürgerbus war Geschichte. Seither gibt es drei städtische Buslinien, die wie die überregionalen Linien von der Kreisverkehrsgesellschaft Main-Kinzig (KVG) betrieben werden und die in Taktung und Linienführung auf die regionale Schnellbuslinie X27 sowie auf die Fahrzeiten der beiden Bahnlinien Friedberg – Hanau und Niddertalbahn abgestimmt sind.
Nidderau – Aber: Die Nutzung des ÖPNV durch die Bürger könnte immer noch besser sein. So haben die Mitglieder des Arbeitskreises Nahmobilität (AKN) in ihrer jüngsten Sitzung einen Antrag an den Magistrat auf Einführung eines Null-Euro-Tickets für die Stadtbuslinien 45, 46 und 47 verabschiedet. Stadtrat Rainer Vogel tritt aber auf die Euphoriebremse, denn es „wird intensive Verhandlungen mit der Kreisverkehrsgesellschaft und dem RMV benötigen, um zu einer vernünftigen Tarifstruktur zu kommen“.
In der Begründung heißt es, dass der AKN die Attraktivität und Nutzung des innerstädtischen Busverkehrs erhöhen wolle. „Die unkomplizierte und kostenfreie Nutzung ist eine wesentliche Voraussetzung hierfür. Der öffentliche Nahverkehr ist ein Element, um die Schadstoffbelastung zu reduzieren, und er kann als eines von vielen Elementen dazu beitragen, den Klimawandel zu verlangsamen“, heißt es weiter.
Sozialer Aspekt und Umweltgründe
Ein besonderes Augenmerk legt der AKN aber auch auf den sozialen Aspekt eines Null-Euro-Tickets. Dabei haben die Mitglieder vor allem Bürgergeldempfänger, Geringverdienende, junge Familien mit kleinem Einkommen und Rentner im Blick, „die jeden Cent zweimal umdrehen müssen“, stellt Vorsitzender Pascal Konrad im Gespräch mit unserer Redaktion fest. „Wenn eine einfache Fahrt von Erbstadt zum Forum zum Einkaufen bereits 3,80 Euro kostet, fragt man sich, wie das für Menschen, die mit jedem Euro rechnen müssen, machbar sein soll“, fügt Konrad hinzu, der auch von Mitgliedern des Seniorenbeirats auf das Problem der Fahrtkosten angesprochen worden ist.
Nach Ansicht der AKN-Mitglieder werden „wachsende Anteile der Bevölkerung zukünftig öffentliche Verkehrsmittel nutzen. Eine alternde Gesellschaft benötigt zunehmend Alternativen zum Individualverkehr“. Aber auch junge Familien mit geringem Einkommen und schulpflichtigen Kindern könnten durch das Null-Euro-Ticket entlastet werden. Der Nachwuchs könnte ohne ein teures Monats- oder gar Jahresticket kaufen zu müssen zur Schule und zum Sport fahren oder sich mit Freunden treffen. „Jede eingesparte innerstädtische Autofahrt wäre ein Gewinn für Mensch, Umwelt und Natur“, betont Pascal Konrad.
Bei der Berechnung der finanziellen Auswirkungen stützen sich die AKN-Mitglieder auf Zahlen der Stadt, die auf eine Anfrage des Stadtverordneten David Marohn (FDP) hin veröffentlicht wurden. Würde die Stadt den derzeitigen Fahrpreis im Stadtverkehr um einen Euro reduzieren, fielen Kosten in Höhe von 7018,05 Euro an. Bei einer Reduzierung auf einen Euro pro Ticket im Stadtverkehr müsste die Stadt im Jahr 14.017,35 Euro mehr ausgeben. Rechne man diese beiden Zahlen zusammen, dann ergebe sich eine finanzielle Belastung für die Stadt beim Null-Euro-Ticket in Höhe von 21.035,40 Euro.
Hammersbach hat Ein-Euro-Ticket
Andere Kommunen wie beispielsweise das benachbarte Hammersbach haben bereits ähnliche Vereinbarungen mit der KVG getroffen und bieten für Fahrten innerhalb der Kommune ein Ein-Euro-Ticket an.
Erster Stadtrat Rainer Vogel (Grüne) habe bei der 3. Sitzung des AKN die Gesamtkosten der Stadt für den innerstädtischen Busverkehr mit rund 300.000 Euro beziffert. „Bei einer Reduzierung des Einzeltickets auf null Euro würden sich die Ausgaben um sieben Prozent erhöhen. Blickt man auf den Gesamthaushalt der Stadt, belaufen sich die rund 21.000 Euro auf 0,45 Promille“, rechnet der AKN-Vorsitzende Konrad vor. Die Mitglieder hoffen nun, dass sich der Magistrat mit dem Antrag befasst und prüft, ob die Einführung eines innerstädtischen Null-Euro-Tickets finanziell machbar ist.
Erster Stadtrat weist auf komplizierte Abrechnung hin
„Der Antrag ist gut und richtig“, stärkt der Erste Stadtrat und Verkehrsdezernent Vogel den AKN-Mitgliedern den Rücken. Er gibt aber gleichzeitig zu bedenken, dass die „Abrechnungsstruktur mit KVG und RMV äußerst kompliziert ist, weil nicht nur die verkauften Einzelfahrscheine, sondern auch Wochen-, Monats- und Schülerkarten sowie Jobtickets in die Kalkulation einfließen. Deshalb ist das Finanzierungsmodell des AKN nicht anwendbar“.
Nichtsdestotrotz werde die Stadt in Verhandlungen mit KVG und RMV versuchen, für die innerstädtischen Strecken eine vernünftige Tarifstruktur zu erreichen, denn die jetzige Regelung sei nicht dazu geeignet, den Busverkehr in Nidderau attraktiver zu machen. „Allerdings werden sich die Gespräche erfahrungsgemäß und aus den erwähnten Gründen hinziehen, eine schnelle Lösung wird es nicht geben“, betont Rainer Vogel. (Von Thomas Seifert)