Nidderau: Erster Stadtrat Rainer Vogel (Grüne) mit Stimmen von SPD und Grünen wiedergewählt

Auch in den nächsten sechs Jahren wird Rainer Vogel (Grüne) das Amt des hauptamtlichen Ersten Stadtrates in Nidderau bekleiden. Mit einer knappen Mehrheit von drei Stimmen wurde er von der Stadtverordnetenversammlung wiedergewählt.
Nidderau – „Ich hätte mir eine deutlichere Mehrheit gewünscht“, waren am Donnerstagabend in der Kultur- und Sporthalle seine ersten Worte an das Stadtparlament. Denn die Entscheidung für eine erneute Kandidatur sei ihm wegen der hohen Belastung, die das Amt auch für seine Familie mit sich bringt, nicht leicht gefallen. Am Ende aber hätten ihn die zahlreichen, überwiegend positiven Rückmeldungen aus der Bevölkerung dazu bewegt, noch einmal anzutreten. Die neue Amtszeit stelle ihn vor neue Herausforderungen, denn der voranschreitende Klimawandel und vor allem der Krieg in der Ukraine hätten neue Aufgaben mit sich gebracht – für ihn und für die Verwaltung der Stadt.
Der Wahl war eine heftige und teilweise auch sehr persönlich geführte Debatte vorausgegangen. Zunächst musste gemäß der Hessischen Gemeindeordnung (Paragraph 39 a Abs. 3 HGO) über die Möglichkeit einer Wiederwahl abgestimmt werden. Wären die antragstellenden Fraktionen SPD und Grüne dabei unterlegen, hätte die Stelle des Ersten Stadtrates entweder offiziell ausgeschrieben werden müssen oder es hätte ein Gegenkandidat aufgestellt werden können.
Grüne loben Sanierung des Haushalts
Deshalb unterstrich zunächst Tanja Seelbach (Grüne) Vogels geleistete Dienste als Erster Stadtrat in den abgelaufenen fünfeinhalb Jahren. So seien beispielsweise dank seines Sachverstandes die Finanzen der Stadt nicht nur wieder in Ordnung gebracht worden, sondern er habe auch dafür gesorgt, dass die Stadt wieder über Guthaben auf ihren Konten verfüge. Des Weiteren habe er den Klimaschutz auf den Weg gebracht, für ausreichend viele Plätze im Bereich der Kinderbetreuung gesorgt und sich auch für die Elektrifizierung der Niddertalbahn eingesetzt. „Kurzum, Rainer Vogel ist ein Mann der Tat und nicht einer der bloßen Versprechen“, lobte Seelbach ihren Parteifreund.
Ganz anderer Meinung war hingegen der CDU-Fraktionsvorsitzende Thomas Warlich. „Diese Aussage zur Arbeit des Ersten Stadtrates während seiner ersten Amtszeit ist in Ihrer Beschreibung an Überheblichkeit, Dreistigkeit und mit Realitätsverlust der beiden Fraktionen von Rot-Grün nicht mehr zu überbieten“, kritisierte Warlich den amtierenden Stadtrat heftig. Und dann führte er zahlreiche Dinge auf, die alles andere als nach Lob klangen. So hätte es in der Amtszeit Vogels immer wieder selbstverschuldete Zeitverzögerungen bei den Haushaltsgenehmigungen gegeben, wodurch es zu Investitionsverzögerungen gekommen sei. Der dringend erforderliche Personalaufbau sei nicht erfolgt, und auch bei der Entwicklung der Stadt sei offensichtlich die Ökologie aus den Augen verloren worden. Denn jetzt müssten die Menschen aus den entlegenen Stadtteilen viele Kilometer zum Einkaufen fahren, und das sei alles andere als günstig für die CO2-Bilanz.
CDU übt harsche Kritik
Weiter kreidete Warlich Vogel an, dass in seiner Amtszeit die Kita-Gebühren erhöht worden seien und auch der soziale Wohnungsbau nicht vorangekommen sei. Auch die angeblichen Erfolge Vogels beim Schuldenabbau der Stadt stellte Warlich in Frage. „Den Abbau verdankt er allein der Mitwirkung der Hessenkasse und vor allem der Erhöhung der Grundsteuer. Er hat den Haushalt lediglich mit den Geldern der Bürger ausgeglichen.“ Warlich sprach sich deshalb im Namen seiner Fraktion gegen die Wiederwahl Vogels aus. „Wir brauchen nämlich auf dem Posten einen ausgewiesenen Finanzfachmann“, so Warlich. Mit Blick auf die gemäß Hessischer Gemeindeordnung erwartbare Wiederwahl Vogels hatten die Oppositionsfraktionen jedoch keinen eigenen Kandidaten benannt.
Ein ganz anderes Fazit zog hingegen der SPD-Fraktionschef Vinzenz Bailey, wobei er dabei aber schnell von den angeblichen Verdiensten Vogels auf die Landes- oder Bundespolitik auswich, wo die CDU das Sagen habe. Und weil Bailey damit heftige Zwischenrufe auslöste, musste schließlich sogar der Stadtverordnetenvorsitzende Jan Jakobi (SPD) einschreiten und ihn zur Rückkehr zum eigentlichen Thema auffordern, nämlich der beantragten Wiederwahl des Ersten Stadtrates.
FWG hält Hauptamt für übertrieben
Gegen dessen Wiederwahl sprach sich abschließend noch Dirk Kapfenberger von den Freien Wählern aus. „Nidderau braucht keinen hauptamtlichen Ersten Stadtrat. Dafür ist die Stadt viel zu klein.“ Doch auch dieses Argument zählte schließlich nicht, denn für den rot-grünen Antrag zur Wiederwahl votierten am Ende 18 Stadtverordnete. Dagegen stimmten 15 mit Nein bei einer Stimmenthaltung. Zudem war eine Abgeordnete kurzzeitig abwesend. Bei der anschließenden Wiederwahl Vogels gab es 19 Ja- und 16 Nein-Stimmen. (Von Jürgen W. Niehoff)