Nidderau: Festredner loben Qualität und Bedeutung der Windecker Chronik

„Die Geschichte Windeckens“, die am Sonntagnachmittag während einer gelungenen Feierstunde in der Willi-Salzmann-Halle der Öffentlichkeit vorgestellt wurde, setzt in vielerlei Hinsicht neue Maßstäbe und ist zukunftsweisend. Das zumindest machten Laudator Dr. Markus Häfner, Historiker im Stadtarchiv Frankfurt, sowie die Festredner Landrat Thorsten Stolz und Bürgermeister Andreas Bär mehr als deutlich.
Nidderau – Welche Herausforderungen zu meistern waren, ehe man die fast 700 Seiten starke und über zwei Kilo schwere Chronik in Händen halten konnte, das brachten Silvia Herrmann, die Vorsitzende der Heimatfreunde Windecken 1910 e. V., und die Autoren Erhard Bus und Marlen Dannoritzer anschaulich nahe. Sie alle dankten den zahlreich erschienenen Gästen für das Interesse an der Stadtgeschichte. Musikalisch gestaltet wurde die Feier in der Willi-Salzmann-Halle durch die Musikschule Nidderau-Schöneck-Niederdorfelden, Darstellerinnen der Nidderbühne trugen historische Zitate vor.
Als 2018 die Heimatfreunde sich einstimmig dafür aussprachen, ein lesenswertes, kurzweiliges Nachschlagewerk auf den Weg zu bringen, da wussten sie noch nicht, wie viele Stunden, wie viele Gespräche und „Bettelbriefe“ nötig sein würden. Der Dank der ersten Vorsitzenden galt deshalb ganz besonders allen Unterstützern und Sponsoren, die dazu beigetragen haben, dass der umfangreiche Geschichtsband zu einer Erfolgsgeschichte geworden ist.
Landrat: „Sie schreiben heute Geschichte“
Landrat Stolz gratulierte zur Chronik und zu einer gut gefüllten Halle, die einmal mehr zeige, dass sich Menschen für die Geschichte „vor ihrer Haustüre“ interessieren würden. „Sie schreiben heute Geschichte“, sagte der Landrat. Es sei ein großartiger Tag für die Geschichtsschreibung der Heimat- und Regionalgeschichte, denn Generationen würden sich künftig auf dieses Werk beziehen. In Windecken könne man selbstbewusst und dankbar auf dieses „größte und aufwendige Projekt“ blicken, das in dieser Form einzigartig sei.

Auch Bürgermeister Bär freute sich über diese Gelegenheit zu einer „großen Feier“ in Nidderau. Das Engagement für Historie sei ein Schatz für die Stadt. Das neue Stadtlogo oder die Gestaltung des Marktplatzes nähmen Bezug auf die Historie. Die Geschichte schreite voran, und er wisse um das Spannungsverhältnis von Bewahren und Entwickeln, das nicht immer einfach zu beherrschen sei. Wer von den Anwesenden zuletzt die Zeitungsberichte verfolgt hatte, wusste, dass Bär damit auch auf Kritik an dem neuen Stadtlogo und der Möblierung des Marktplatzes anspielte, die dem allgemeinen Stadtbild angepasst werden soll. Im Gespräch ist auch ein modernes Fontänenfeld anstatt eines Brunnens. Die Menschen fragten nach Wurzeln, auf denen die Vergangenheit fuße, so Bär. „Die neue Chronik lädt alle ein. Ich wünsche viel Spaß, viele neue Erkenntnisse und viele Leser.“
„Lebenswerk von Erhard Bus“
„Die Geschichte Windeckens“ sei ein lesenswertes Buch und ein Anstoß, sich mit Geschichte zu befassen, schloss sich Laudator Dr. Markus Häfner den Würdigungen und Danksagungen der Vorredner an. Er kenne beide Autoren aus früheren Kooperationen und wisse um ihre Begeisterung für die Geschichte Windeckens.
„Diese Chronik ist das Lebenswerk von Erhard Bus“, sagte Häfner. Der Historiker, selbst eingesessener Windecker, verfasste Teil 1 der Chronik von den Anfängen bis 1866, Autorin Marlen Dannoritzer trägt für Teil 2 ab 1866 die Verantwortung. Die Ortsgeschichte ist eingebettet in die Weltgeschichte, sie ist aber keine bloße Datenreihe in linearer Darstellung. In kurzen, gut lesbaren Kapiteln werden Themen wie Wirtschaft, Religion, Sprache und Dialekt, der Burgbau, Windecker Persönlichkeiten oder auch Vereins- und Festkultur beschrieben.
Nachhaltige Ereignisse in der Geschichte Windeckens waren die Stadterhebung 1288 und der damit verbundene Aufschwung der Stadt sowie später die Katastrophe des Dreißigjährigen Krieges (1618 bis 1648), die verheerende Folgen hatte. In der jüngeren Geschichte wirkten sich die Politik des Kaiserreichs oder in der Wirtschaft mit dem Bau des Bahnhofs 1879 die Folgen der Industrialisierung in Windecken aus.
Umfassende Quellenlage
Autorin Marlen Dannoritzer bedankte sich herzlich für das ihr entgegengebrachte Vertrauen, die großartige Unterstützung und die vielen offenen Türen, die sie bereits während ihrer inzwischen preisgekrönten Masterarbeit von 2019 mit dem Titel „Mit betendem Herz und helfen-der Hand. Die hessische Kleinstadt Windecken im ersten Weltkriegsjahr 1914/15“ erfahren hatte.
Erhard Bus ging in kurzen Anmerkungen – ohne Manuskript – auf den druckfrischen Band ein. Das sei sicher seine anstrengendste Publikation gewesen, sagte Bus, die vermutlich nicht trotz, sondern aufgrund der Pandemie so zügig fertiggestellt worden sei. Der Umfang des Werkes sei eine wissenschaftliche Notwendigkeit und der Besonderheit geschuldet, dass man im über 500 Jahre alten Rathaus Windecken traditionell einen Schreiber beschäftigt habe. In den Archiven fänden sich entsprechend viele Beiträge.
Er habe Demut gelernt, meinte Bus, wenn er oft zwei bis drei Tage an der Entschlüsselung einer Seite gesessen hatte. Es gäbe sehr interessante Ergebnisse, die weit über 1988 hinausgingen. Von 1985 bis 1988, im Rahmen der 700-Jahr-Feier Windeckens, hatte Bus bereits über die Geschichte Windeckens geforscht.
Hohes wissenschaftliches Niveau
Markus Häfner sagte, die größten Stärken der Publikation seien das hohe wissenschaftliche Niveau und die Erschließung bis dahin zum Teil unbekannter Materialien sowie die Darstellung der Quellen. Mit über 2600 Fußnoten weise die Chronik künftigen Forschergenerationen den Weg in die Archive.
Das Ziel des Buches sei gerade keine Nabelschau, sondern die Einordnung großer Ereignisse und Erfindungen in ihren Auswirkungen auf Windecken. Die Chronik biete einen guten Überblick über 1400 Jahre Geschichte, sie beinhalte Anregungen für Stadtführungen, für Schulprojekte und vieles mehr. Sie solle ein Anstoß für weitere Fragen und Forschungen sein. „Die Geschichte Windeckens ist ein Unikat. Mir ist kein vergleichbares Werk zur Stadtgeschichte bekannt“, sagte Häfner.
Zum Verkauf
Die Chronik ist ab 21. November zum Preis von 39,90 Euro an folgenden Nidderauer Verkaufsstellen zu erhalten: Mein Reisestübchen, Nidder Forum; Stadtbücherei Nidderau am Marktplatz sowie Städtisches Museum im Hospital, Hospitalstraße Windecken (Von Ulrike Pongratz)