Nidderau: Freundeskreis Hof Buchwald lädt zu Kunst-Mais-Projekt

Es ist windstill – und dennoch raschelt es verdächtig im drei Hektar großen Maisacker. Kein Wunder, denn auf dem 1,6 Kilometer langen Weg durch die bis zu drei Meter hohen Maispflanzen sind bereits kurz nach der Eröffnung des Kunst-Mais-Labyrinths am Samstag viele Besucher unterwegs.
Nidderau – Begrüßt wurden sie im Namen der Stadt Nidderau, die die Schirmherrschaft hat, vom Ersten Stadtrat Rainer Vogel (Grüne) und den beiden Freundeskreis-Vorsitzenden Anna Stelz und Peter Wolf. Vogel, der als Diplom-Agraringenieur und Landwirt zugleich Gastgeber ist, und die 80 Freundeskreis-Vereinsmitglieder zeigen sich erleichtert über die kürzlich gefallenen fünf Liter Regen pro Quadratmeter. „Der Mais ist durch die Trockenheit in diesem Jahr schlecht gewachsen. Durch den Regen hat das Getreide noch einmal an Höhe zugelegt und ist jetzt hoch genug für das Labyrinth.“ Künstler und Betreuer Marcel Klingler sagt beim Blick auf das grüne Getreidemeer mit dem köstlichen Gold der Inkas: „Kultur ist überall. Man kann sie überall finden.“

Die Entdeckungstour durch das dichte grüne Labyrinth führt die Besucher immer entlang des eigens für sie gesponnenen Ariadnefadens. Bespielt wird die Wegfläche von 13 Künstlern mit sehr unterschiedlichen Werken. Sie alle zeigen ihre Interpretationen zum diesjährigen Motto „Umbrüche“.
Kunstwerke zum Motto „Umbrüche“
Zu den ersten Entdeckern gehört am Eröffnungstag Johanna. Die Vierjährige aus Würzburg besucht ihre Großeltern Anne und Klaus Müller in Ostheim. Schnell wie der Wind saust sie den Weg entlang. Um dann bei jedem Kunstwerk anzuhalten und es aufmerksam zu erkunden.
Aktiv werden können die Besucher an der von Chris Goy gestalteten Station „Und auf einmal . . .“. Der Künstler fordert die Besucher auf, Brüche in ihrem Leben auf Schiefertafeln zu notieren, die sich später für sie als Glück erwiesen haben. Kerstin Lochner zeigt mithilfe von Plastikbechern und -deckeln „Leben stehlen“. Da gibt es mitten im Grün die Einmalblume „Butomus unique“, den Eiswurz „Calla Mövenpick“ oder ein „Rosa Mobile“ zu bewundern.
Ausbeutung bis zum Niedergang des Menschen
Marcel Klingler zeigt mit seinem Werk „Im Wandel“, wie der Mensch sich den Lebensraum Natur und seine Vielfalt aneignet und durch Ausbeutung, Raub und Korruption ausnutzt. Ohne einen radikalen Umbruch im Denken und Handeln wird das Verschwenden der Ressourcen bis zum eigenen Untergang des Menschen weitergehen, mahnt der Künstler aus Schlüchtern an. Herbert Rüger zeigt seine Altholzskulpturen „Mir fehlen die Worte“ und „Give Peace a Chance“ mit denen er gegen den Krieg Stellung bezieht, der erneut für viele – Opfer und Täter – einen Umbruch in ihrem Leben zur Folge haben wird.
Programm mit Kunst, Kino und Musik
Bis Sonntag, 11. September, steht das Maislabyrinth auf Hof Buchwald (Aussiedlerhof verlängerte Eicher Straße in Windecken), solange es hell ist, Besuchern offen. Anstelle eines Eintritts wird um eine Spende gebeten. Richtwerte sind drei Euro für Erwachsene, 1,50 Euro für Kinder und 7,50 Euro für Familien. Die Spende kommt direkt den Landwirten Rainer und Max Vogel als Ersatz für den Ernteausfall zugute. Weitere Programmpunkte sind am Sonntag, 7. August, von 11 bis 18 Uhr der Verkauf von Kunsthandwerk, schönen Dingen und Regionalprodukten beim „Bunten Markt“. Filmfans kommen am Samstag, 13. August, auf ihre Kosten. Ab 20.15 Uhr wird im Open-Air-Kino der Dokumentarfilm „Die Wiese“ und ab 22 Uhr der Eberhofer-Krimi „Schweinskopf al dente“ gezeigt. Am Mittwoch, 10. September, findet eine Abschlussverkaufs-Finissage mit Kunstwerken der 13 ausstellenden Künstler an und anschließend steht „Die Nacht im – illuminierten – Labyrinth“ auf dem Plan. Musikalisch begleitet wird die Veranstaltung von der Band Marta´s Choice. Für Sonntag, 11. September, laden der Freundeskreis Hof Buchwald mit dem Blasorchester Nidderau ab 11 Uhr zum traditionellen Ausklang mit Frühschoppen ein. (cf)
Noch angeliefert über Wege abseits der Straßen wird in den kommenden Tagen sein „sperriges“ Werk „brüchig“, wie Marcel Klingler informierte. Großformatig kommt die Installation „Old becomes New“ von Chris Ködel mitten im Grün auf. Der Hainstädter Metallbildhauer hat ausrangierte Fahrradritzel zu neuem Leben erweckt. Wie aus Umbrüchen im Lebenslauf Neuanfänge werden können, zeigt Martin Kohlhepp mit „Breaks and Beginnings“.
Oft ist der Weg der Erkenntnis steinig und hinterlässt „Verbranntes“. „Keine Ackerlandprämie“ dürfte es für den eindrucksvollen Fächer von Nirava Becker aus verdorrten Maispflanzen geben. Bildhauer Reinhold Mehling zeigt seine Skulptur „Arabesque“. Sie animiert Besucherin Martina Knapp spontan zu Streckübungen.

Das „Hasenrad“ von Annika Koch erinnert an menschliche Gefühle, Sorgen und Ängste. Die Kaninchen liegen dicht an dicht mitten auf dem Weg. Sie halten sich die Ohren zu, haben die Augen weit aufgerissen und scheinen ihre Umwelt dennoch nicht wahrzunehmen. Eine „Neue Sichtweise“ präsentiert Jürgen Dietermann, der Leiter der evangelischen Jugend Nidderau, mit einer Gemeinschaftsarbeit junger Leute aus Bibelzitaten, Worten und Kollagen auf Zaunlatten angebracht. Sophia Dörr symbolisiert „Umbrüche“ und ihren Verlauf mittels Steinplatten. Otto Löber hat das Gedicht „Sag Nein“ von Wolfgang Borchert auf Ledergamaschen aus dem Ersten Weltkrieg und Hanf-Gamaschen von Sigrid Schraube aus 2014 notiert.
Alle Kunstwerke haben ihre Betrachter bewegt und es wurde eifrig über das Gezeigte diskutiert. Beim anschließenden Konzert der Band Marta’s Choice mit Cover-Songs und eigenen Nummern ließen die Besucher den Kunstrundgang durch das Maislabyrinth, teils mit einem Tänzchen, ausklingen. (Von Christine Fauerbach)