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Erster Stadtrat Rainer Vogel startet im September in seine zweite Amtszeit

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Von: Jan-Otto Weber

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Kennt Vieh und Verwaltung: Im April wurde Rainer Vogel (Grüne) als Erster Stadtrat wiedergewählt. Er ist zuständig für die Bereiche Finanzen, Verkehr, Umwelt und Soziales. Vor seinem Amtsantritt war der Agrar-Ingenieur elf Jahre lang als landwirtschaftlicher Sachverständiger der hessischen Finanzverwaltung in Wiesbaden tätig. Die Betriebsführung auf Hof Buchwald übergeben er und seine Frau Silke demnächst an die Kinder.
Kennt Vieh und Verwaltung: Im April wurde Rainer Vogel (Grüne) als Erster Stadtrat wiedergewählt. Er ist zuständig für die Bereiche Finanzen, Verkehr, Umwelt und Soziales. Vor seinem Amtsantritt war der Agrar-Ingenieur elf Jahre lang als landwirtschaftlicher Sachverständiger der hessischen Finanzverwaltung in Wiesbaden tätig. Die Betriebsführung auf Hof Buchwald übergeben er und seine Frau Silke demnächst an die Kinder. © Jan-Otto Weber

Eigentlich sollte das Gespräch an diesem Morgen im Maislabyrinth stattfinden, das im Rahmen der Aktion „Kunst-Mais“ wieder auf Hof Buchwald vom Freundeskreis Hof Buchwald veranstaltet wird. Doch der Mais spendet in diesem Jahr nur wenig Schatten. Aufgrund der Trockenheit ist er deutlich niedriger als sonst.

Nidderau – Stattdessen nehmen wir auf einer Bank am schattigen Eselsstall Platz. Der Blick geht über den Mais hinüber zum Buchwald, der dem Hof seinen Namen gegeben hat, und weiter bis zum Hoherodskopf. „Normalerweise erkennt man dort oben nur im Winter helle Flächen vom Schnee“, sagt Rainer Vogel. „Dieses Jahr sieht es auch im Sommer so aus, weil die Wiesen verdorrt sind. Das ist echt gruselig.“

Die Dürre und Wasserknappheit stellt auch die Stadt Nidderau vor große Herausforderungen, berichtet der Umweltdezernent, der im September in seine zweite Amtszeit als Erster Stadtrat geht. Täglich rufen Bürger im Rathaus an und fragen, warum die Stadt nicht die Grünflächen oder Bäume wässert. „Das sind schwierige Entscheidungen“, sagt Vogel: „Versuche ich nun zum Beispiel an der Kreisstraße nach Karben jeden neugepflanzten Baum zu retten, was vom Aufwand her gar nicht zu leisten ist, oder schaue ich, welche Bäume sich gegen die Trockenheit behaupten und pflanze die abgestorbenen nach?“

Parallelen zwischen Stadtverwaltung und Landwirtschaft

Ähnliche Fragen stellten sich in der Forstwirtschaft, denn auch der Wald sei durch die letzten Trockenjahre hoch gefährdet. Auch hier sei es sinnvoll abzuwarten, welche Arten sich durch Naturverjüngung durchsetzen. Die Entscheidung, 80 der 1000 Hektar des städtischen Waldes stillzulegen, erweise sich in diesem Prozess als besonders nachhaltig. „Wir haben dadurch sieben Millionen Ökopunkte generiert“, rechnet Vogel vor. „Eine Million haben wir für die 14 Hektar Bebauung in der Neuen Mitte aufgewendet. So haben wir weiter ein dickes Polster für Ausgleichsmaßnahmen, die sonst über Holzerträge nie erwirtschaftet werden könnten. Zudem schonen wir auch die landwirtschaftlichen Flächen, weil sie nicht für Ausgleichsmaßnahmen herangezogen werden müssen. Und das Beste ist: Der Wald ist noch da.“

Eines hat Rainer Vogel in seinen ersten sechs Amtsjahren als Erster Stadtrat festgestellt: Zwischen der Verwaltung einer Kommune und der Landwirtschaft bestehen viele Parallelen. „Man muss langfristig planen und mit Faktoren wie dem Klimawandel zurechtkommen, dessen Wirkung man nicht abschätzen kann. Man muss Verordnungen und Richtlinien übergeordneter Behörden umsetzen. Und man muss täglich für die vielschichtigen Herausforderungen kreative Lösungen finden.“

Eine Aufgabe, die den 51-Jährigen weiterhin reizt, die aber auch viel Energie kostet. Deshalb habe er auch gründlich überlegt, ob er sich für eine zweite Amtszeit zur Wahl stellen sollte. Seiner Frau Silke, die bis zu einer Krebserkrankung selbst im Stadtparlament für die Grünen aktiv war, geht es inzwischen wieder gut. Und auf dem Hof steht die Betriebsübergabe an die nächste Generation an, sodass Rainer Vogel sich entschieden hat, als Stadtrat weiterzumachen. Schließlich gebe es noch viel zu tun.

Dezernent sieht Nahverkehr auf gutem Weg

„Beim ÖPNV sind wir mit der Bahn endlich auf einem guten Weg“, freut sich Vogel. Der Ausbau mit Elektrifizierung der Niddertalbahn kommt. Und nächstes Jahr soll eine Machbarkeitsstudie zur Regionaltangente Ost vorgestellt werden, die zwischen Frankfurt-Ostbahnhof und Maintal-Bischofsheim von der nordmainischen Trasse abzweigen und zwischen Niederdorfelden und Bad Vilbel auf die Niddertalbahn stoßen könnte.

Für den Bahnhof Heldenbergen habe die Bahn immerhin „Schieberinnen“ angekündigt, um den Zugang zu den Gleisen mit Fahrrädern zu verbessern, und auch für die Idee einer Unterführung in Kombination mit Rampen und Außenbahnsteigen am Bahnhof Ostheim sei das Unternehmen offen, wie der Dezernent berichtet.

Eine weitere regionale Verkehrsstudie befasse sich mit einer 15-Minuten-Taktung für die Strecke Gießen–Hanau, wobei auch die Wiederinbetriebnahme des Haltepunkts Erbstadt-Kaichen untersucht werde. Die aktuell diskutierte Nidder-Querung zur besseren Erreichbarkeit des Bahnhofs Heldenbergen sei ein weiterer Baustein im Nahverkehr. „Wir müssen künftig in Netzen mit verschiedenen Verkehrsmitteln denken“, so Vogel, „sonst bekommen wir die Klimaanpassung im Verkehrssektor nicht hin.“

Von 28 Millionen Defizit auf 10 Millionen Plus

Finanziell sieht der Kämmerer die Stadt gerüstet. „Ich habe das Ressort mit 28 Millionen Euro Defizit auf dem Konto übernommen, jetzt sind wir zehn Millionen im Plus.“ Natürlich sei die Schuldentilgung durch die Hessenkasse hilfreich gewesen. „Zudem musste die Entscheidung getroffen werden, die Grundsteuer zu erhöhen, was leider notwendig war, um die stetig steigenden Kosten, vor allem im Bereich Personal und Sach- und Dienstleistungen, zu decken“, meint Vogel. „Aber wir sehen auch, dass hier immer mehr umliegende Kommunen nachziehen müssen, vor allem im Hinblick auf die steigenden Energiekosten.“

Allerdings warnt der Kämmerer, aus dem positiven Kontostand den Spielraum für Abgabensenkungen herauszulesen. Durch die Corona-Pandemie sei verzögert mit einem Rückgang der Gewerbesteuereinnahmen zu rechnen. Inflation und steigende Energiekosten machten sich bei Investitionen und beim Unterhalt der städtischen Liegenschaften bemerkbar.

„Und wir sind eine wachsende Stadt mit steigendem Bedarf an Kinderbetreuungsplätzen und somit an zusätzlichen Erzieherinnen und Erziehern“, so Vogel. „Im Wetteraukreis zieht die Bezahlung schon an. Wir stehen da im Wettbewerb.“ Die Stadt selbst bilde aktuell so viel Personal in den Kitas aus wie noch nie. Über die praxisorientierte Ausbildung funktioniere das gut. Auch mit neuen Betreuungseinrichtungen, wie in Eichen und Heldenbergen, könnten attraktive Arbeitsplätze für Erzieherinnen und Erzieher angeboten werden.

Kinderbetreuung und Energiewende Herausforderung

Mit dem Pakt für den Nachmittag an der Kurt-Schumacher- und der Albert-Schweitzer-Grundschule in Windecken und Heldenbergen seien nun auch die zwei großen Grundschulen in die Nachmittagsbetreuung eingestiegen, sodass in Nidderau auch für die Schulkinder ein attraktives Betreuungsangebot bestehe.

Auf dem Energiesektor sei durch die Umrüstung der Straßenbeleuchtung auf LED und Photovoltaik-Anlagen auf städtischen Liegenschaften schon etwas erreicht. Der Breitbandausbau sei für die nächsten zwei Jahre ein weiteres großes Infrastrukturprojekt für Nidderau, das die Versorgung mit schnellem Internet für die Zukunft sichern werde. „Allerdings sind unsere Bürgerhäuser und Liegenschaften wie in vielen Kommunen ein großes Problem. Hier herrscht oft Sanierungsstau, und die seit 2015 andauernde Flüchtlingskrise, verbunden mit der Wohnungsknappheit im Rhein-Main-Gebiet, lassen wenig Möglichkeiten, den Gebäudebestand auch mal durchzusanieren. Deshalb wollen wir zusätzlich zu unserer Klimaschutzmanagerin einen Energie- und einen Klimaanpassungsmanager einstellen, um konkrete Sanierungsmaßnahmen zu planen und umzusetzen. Die Stellen werden bis zu 90 Prozent gefördert. Die Förderanträge sind bereits gestellt.“

Alles in allem zieht der Erste Stadtrat also eine positive Bilanz. „Wir sind auf einem guten Weg, Nidderau für die kommenden Generationen lebenswert und attraktiv zu gestalten.“ (Von Jan-Otto Weber)

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