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Nidderau: Großes Interesse an Umgestaltung und Nutzung des Erbstädter Pfaffenhofs

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Von: Jan-Otto Weber

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Schmuckstück: Das Hauptgebäude des Erbstädter Pfaffenhofs wurde vor zehn Jahren aufwendig saniert und umgebaut.
Schmuckstück: Das Hauptgebäude des Erbstädter Pfaffenhofs wurde vor zehn Jahren aufwendig saniert und umgebaut. © Jan-Otto Weber

Der Pfaffenhof im Ortskern von Erbstadt, im frühen 18. Jahrhundert als Wirtschaftshof des Klosters Ilbenstadt und „Sommerresidenz“ des dortigen Abtes errichtet, beschäftigt seit Jahrzehnten sowohl die Dorfbewohner als auch die Gremien der Stadt. Vor rund 20 Jahren verhinderte der Protest der Erbstädter einen Verkauf des Areals, auf dem auch das Feuerwehrhaus steht, an einen privaten Investor.

Nidderau – Im Hauptgebäude, das zusammen mit der Hoffläche der Stadt gehört, waren bis 2010 Wohnungen vermietet. Seitdem wird es vor allem von örtlichen Vereinen als Lager und von der Musikschule genutzt. Die Feuerwehr Nidderau hat hier ihre Kleiderkammer. Bis 2012 wurde das Haupthaus mit Mitteln von Bund, Land und Kommune sowie mit Unterstützung des heute noch bestehenden Förderkreises Pfaffenhof saniert und umgebaut.

Anders die Scheune im Westen des Areals und die im Süden anschließende „Remise“, die zum Teil baufällig sind. Diese Gebäude sind in Privateigentum. So recht zufrieden ist niemand mit dem Zustand und der Nutzung der historischen Anlage. Am Mittwoch fand nun endlich die wegen Corona verschobene Ortsbegehung von Verwaltung, Gremien, Vereinen und Bürgern statt, um eine Bestandsaufnahme zu machen und Ideen zu sammeln. Unsere Zeitung war dabei und hat die Fülle der Eindrücke und Informationen zusammengefasst:

Das alte (1974) und das neue Feuerwehrhaus in Erbstadt. Die Festschrift zeigt die wichtigsten Stationen in der 100-jährigen Geschichte der Brandschützer. Repros: Thomas Seifert
Das Feuerwehrhaus an der Nordseite des Erbstädter Pfaffenhofs. © Thomas Seifert

Feuerwehrhaus: Die Gestaltung der Hoffläche ist wesentlich von den Anforderungen der Feuerwehr abhängig. Die Kameraden brauchen im Einsatzfall genügend Stellplätze für ihre Privat-Pkw und natürlich Platz vor der Halle und auf dem Hof beim Ausrücken zur Einsatzstelle. Der Hof, in dessen Mitte sich ein Baum mit Grüninsel befindet, wird allerdings auch von Anwohnern als Parkplatz genutzt. Über den Hof führt eine öffentliche Straße mit Durchfahrtsrecht für die Anwohner des Bad-Deutsch-Altenburg-Wegs. Die Verantwortlichen müssen sich jedoch grundsätzlich Gedanken um das Feuerwehrhaus und den Standort im Pfaffenhof machen. Denn der Status des 50 Jahre alten Gebäudes ist nach Angaben der Feuerwehrleute auf „gelb“, da die Stellplätze für die Einsatzfahrzeuge in der Fahrzeughalle nicht breit genug sind.

Bruchstück: Martin Meier, Eigentümer der Remise, zeigt die eingebrochene Mauer zur angrenzenden Scheune.
Bruchstück: Martin Meier, Eigentümer der Remise, zeigt die eingebrochene Mauer zur angrenzenden Scheune. © Jan-Otto Weber

Scheune und Remise: Die beiden Gebäude, die an der West- und Südseite des Hofes in L-Form aneinanderstoßen, sind in getrenntem Privateigentum. Martin Meier, Fachwerkspezialist aus Windecken, hat die Remise Ende 2015 für einen symbolischen Euro von der Stadt erworben. Mit der Sanierung des Daches hat er die Gebäudesubstanz zunächst gesichert. Allerdings ist die Wand der angrenzenden Scheune, die zugleich als Giebelseite der später angebauten Remise fungiert, bereits teilsweise eingestürzt. Efeu rankt aus dem Innern über das Scheunendach, Wasser dringt in das Gemäuer. Doch wie Meier berichtet, sieht der Eigentümer der Scheune, der am Mittwoch nicht anwesend war, keinen Handlungsbedarf. Auch sonst wären für eine Nutzung der Remise als Café, Veranstaltungsort, für Wohnungen oder eine Arztpraxis immense Investitionen in das Gebäude erforderlich, das sich weitgehend in bauzeitlichem Zustand befindet.

Im Gewölbekeller des Pfaffenhofs könnten bald wieder Apfelweinfeste des Obst- und Gartenbauvereins stattfinden.
Im Gewölbekeller des Pfaffenhofs könnten bald wieder Apfelweinfeste des Obst- und Gartenbauvereins stattfinden. © Jan-Otto Weber

Keller Hauptgebäude: Der Gewölbekeller unter dem Hauptgebäude befindet sich in einem passablen Zustand. Hier haben vor allem die Mitglieder des Obst- und Gartenbauvereins, die im Jahr 2009 einen Nutzungsvertrag mit der Stadt schlossen, viel Arbeit und Geld investiert. Bis vor einigen Jahren veranstaltete der Verein hier sein jährliches Kelterfest. Die Edelstahltheke ist noch vorhanden und auch die Brandschutzbestimmungen mit Fluchtweg aus einem der Kellerfenster seien erfüllt. Allerdings sei der Verein irgendwann personell nicht mehr in der Lage gewesen, die Feste zu stemmen. Seit dem Vorstandswechsel vor einem Jahr geht es mit dem OGV allerdings wieder aufwärts, sodass in dem Gewölbe auch bald wieder gefeiert werden könnte. Zudem gibt es Überlegungen, die klimatisch gut geeigneten Kellerräume als Lager für Obst, Apfelwein und Saft zu nutzen.

Erdgeschoss Hauptgebäude: Hier nutzt die öffentliche Musikschule Schöneck-Nidderau-Niederdorfelden seit 2012 mehrere Räume, die aufgrund ihrer guten Akustik sehr geschätzt werden. Neben Toiletten gibt es an der Ostseite zur Hauptstraße hin auch einen frisch renovierten Saal, der bis auf eine Stufe barrierefrei erreichbar ist. Dieser könnte „zu Nidderaus schönstem Trauzimmer“ werden, wie Bürgermeister Andreas Bär (SPD) beim Rundgang in den Raum warf. Zugleich sei eine Nutzung für Kammerkonzerte oder Lesungen, etwa bei der Buchmesse Main-Kinzig, denkbar. Der Geschichtsverein plant anlässlich der Eingemeindung Erbstadts vor 50 Jahren hier einen Vortrag mit dem Historiker Erhard Bus zum Thema „Weinbau in Erbstadt“.

Obergeschoss Hauptgebäude: Im Jahr 2010 verstarb der letzte Mieter, der auf dieser Etage lebte. Schon zuvor richteten sich die ortsansässigen Vereine sukzessive die leer stehenden Wohnungen als Lagerräume her. Die „Erschter Noachteule“ haben hier ihren Kostümfundus, ebenso präsentierten am Mittwoch der OGV, die Nidderbühne und der Geschichtsverein ihre Räume. Die Feuerwehr Nidderau hat hier ihre Kleiderkammer für die Einsatzabteilungen und die Jugendfeuerwehren der fünf Stadtteile.

Im Dachgeschoss des Pfaffenhofs befinden sich noch einzelne Wohnräume, die seit vielen Jahren leerstehen.
Im Dachgeschoss des Pfaffenhofs befinden sich noch einzelne Wohnräume, die seit vielen Jahren leerstehen. © Jan-Otto Weber

Dachgeschoss Hauptgebäude: Das im Zuge der Sanierung neu eingebaute Treppenhaus endet an der Decke zum Dachgeschoss, die aus Gründen der Energieeffizienz eingezogen wurde. Der riesige Dachraum, der sich mit einer weiteren Zwischenebene offen über die gesamte Gebäudelänge erstreckt, ist derzeit nur über eine Klappleiter zugänglich. An den Giebelseiten befinden sich jeweils kleine Zimmer. Das gesamte Gebäude war über Jahrzehnte bewohnt, nach dem Zweiten Weltkrieg fanden hier auch Vertriebene und Flüchtlinge eine Unterkunft. „So mancher Erbstädter erblickte in diesem Gebäude das Licht der Welt“, wie auf einer Plakette neben dem Haupteingang an der Außentreppe steht.

So geht es weiter: „Wir alle sind nun vollgeladen mit Eindrücken“, fasste Bürgermeister Bär nach dem zweistündigen Rundgang zusammen. Der örtliche Förderkreis Pfaffenhof und Vereine sind nun gemeinsam mit interessierten Bürgern aufgerufen, in einem ersten Schritt Ideen „zu spinnen“ und offen Ideen entwickeln. Die Verwaltung nimmt Meldungen von Interessenten auf und unterstützt bei der Organisation. Der Ortsbeirat fungiert als Schnittstelle. Kontaktmöglichkeiten für das Projekt will die Stadtverwaltung in Kürze mitteilen. (Von Jan-Otto Weber)

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