Musikschulleiter Christoph Möller bewertet Landes-Entscheidung zu höherer Förderung

„Wir sind auf einem guten Weg zu einer Finanzierung der öffentlichen Musikschulen, die langfristig Perspektiven für die wichtigen Bildungseinrichtungen bietet und auch den Zugang für Kinder aus sozial schwächeren Schichten weiterhin ermöglicht“, erklärt Christoph Möller, Schulleiter der Musikschule Schöneck-Nidderau-Niederdorfelden und stellvertretender Landesvorsitzender des Verbands deutscher Musikschulen (VdM), zur Entscheidung des Landes, die Förderung ab diesem Jahr zu erhöhen.
Nidderau/Schöneck/Niederdorfelden – Seit Jahren setzt sich der VdM, die Dachorganisation aller öffentlichen Einrichtungen, für eine zukunftsorientierte Finanzierung ein und hatte dazu 2019 eine groß angelegte Informationskampagne initiiert, um vor allem in Hessen die Landespolitik und die Kommunalen sowie Spitzenverbände mit ins Boot zu holen. „Die Förderung der Kultur steht zwar in der Landesverfassung, die Umsetzung ließ aber bislang, was die Musikschulen betrifft, noch zu wünschen übrig“, betont der 52-Jährige.
Löwenanteil tragen Eltern
Die Musikschule mit Sitz in Nidderau mit 2100 Schülern und 50 Lehrkräften bekam 2019 – also vor der Corona-Pandemie – als eine der zehn größten Einrichtungen in Hessen zu ihrem Etat vom Land ganze vier Prozent und von den drei beteiligten Kommunen 16 Prozent Zuschuss. Einen Löwenanteil von 68 Prozent der Einnahmen mussten bislang immer die Eltern aufbringen, welche inzwischen durch die geänderten Rahmenbedingungen mit ihrem Geld haushalten müssen und deshalb finanziell schwächer gestellte Familien sich eine Ausbildung ihrer Kinder nicht oder nur unter größten Anstrengungen leisten können, so Möller.
In den Leitlinien des VdM heißt es: „Wir handeln im öffentlichen Auftrag und arbeiten nicht gewinnorientiert. Innerhalb der kommunalen Bildungslandschaft verstehen wir uns als die Kompetenzzentren für musikalische Bildung.“ Und sie seien damit eine wichtige und unersetzliche Ergänzung zu Kitas, Schulen und Vereinen, mit denen vielfältige Kooperationen bestehen, fügt der Schulleiter hinzu. Allerdings heißt es einige Abschnitte später auch: „Grundlage für eine gelingende musikalische Bildung sind unsere gleichermaßen künstlerisch wie pädagogisch professionellen Lehrkräfte. Dies bedarf eines attraktiven Berufsbildes für Musikschulpädagoginnen und Musikschulpädagogen sowie gesicherter, angemessen ausgestalteter Arbeitsverhältnisse.“
Fördersumme aus Landesmitteln soll erhöht werden
Wie schnell diese wegbrechen können, hätten die Einschränkungen während der Pandemie gezeigt, weiß Möller aus dem Alltag eines Schulleiters. Um aber diese Leitlinien und Standards zu erreichen oder langfristig zu erhalten, benötigten die Musikschulen dringend höhere Zuschüsse vom Land, von Landkreisen und Kommunen.
Erfreulich sei nun, dass sich diese Erkenntnis zumindest bei der Regierungskoalition aus CDU und Grünen sowie der SPD nach langen Gesprächen mit Verantwortlichen des VdM durchgesetzt hat und vereinbart worden ist, dass die Fördersumme ab dem Doppelhaushalt 2023/2024 jährlich bis zum Jahr 2032 um 600 000 Euro erhöht werden soll, um dann 9,2 Millionen Euro erreicht zu haben. Darüber hatte der Landtagsabgeordnete Max Schad (CDU) in einer Mitteilung informiert. Weiter heißt es in dem Statement aus Wiesbaden, dass gemeinsam mit Kommunen und Musikschulen eine langfristige Perspektive entwickelt werden soll „für ein breiteres Angebot, eine Steigerung der Qualität, geringere Kursgebühren und bessere Beschäftigungsverhältnisse.“ Christoph Möller setzt große Hoffnungen auf die Gespräche mit den kommunalen Spitzenverbänden, um die definierten Ziele in überschaubarer Zeit zu erreichen. „Der erste Schritt ist getan, jetzt müssen weitere folgen“, fordert der Schulleiter.
Kommunen sind aufgeschlossene Förderer
Mit den Kommunen Nidderau, Schöneck und Niederdorfelden habe die Musikschule – weitere gibt es im Main-Kinzig-Kreis noch in Hanau und Gelnhausen – vergleichsweise aufgeschlossene Partner und Förderer, „was wir auch zu schätzen wissen“.
Aus diesem Grund gäbe es auch eine Vielzahl von Kooperationen mit Grund- und weiterführenden Schulen, kommunalen und kirchlichen Kitas, örtlichen Vereinen, Kirchengemeinden, kommunalen Institutionen der örtlichen Jugendarbeit, Unterstützung von Schulen bei der Umsetzung von Landes- und Bundesförderprogrammen sowie ein Bandprojekt.
Wie fragil ein solches Netz an Kooperationen und Unterricht aber auch sein kann, habe die Corona-Pandemie gezeigt, „die wir als Musikschule verhältnismäßig gut überstanden haben“.
Durststrecke währen der Pandemie
Trotzdem sei es finanziell nicht einfach gewesen, diese Durststrecke zu überwinden, erläutert Möller. Man habe frühzeitig auf Digitalisierung gesetzt, um den Instrumentenunterricht „zumindest einigermaßen vernünftig“ weiterlaufen lassen zu können. Selbst Kollegen, die der neuen Technik sehr skeptisch gegenüber gestanden hätten, seien von der Notwendigkeit digitalen Unterrichts schnell überzeugt gewesen. Und Konferenzen sowie Gespräche, Absprachen und vieles anderen über das Internet habe man bis heute beibehalten, weil es sich bewährt habe.
Hart getroffen habe aber die Pandemie diejenigen Kollegen, die ihren Lebensunterhalt auch durch Konzerttätigkeiten bestritten haben, berichtet Möller. Viele hätten der Musikschule und ihrem Beruf aus wirtschaftlichen Gründen für immer den Rücken kehren müssen.
Sorgen über ausbleibenden Nachwuchs
Für die Zukunft der Musikschule Nidderau-Schöneck-Niederdorfelden ist Schulleiter Christoph Möller nicht bange, etwas sorgenvoll blickt er aber auf den ausbleibenden Nachwuchs an qualifizierten Musikpädagogen.
„Wer die anspruchsvolle Aufnahmeprüfung geschafft, die zehn Semester studiert und erfolgreich seinen Abschluss gemacht hat, steht vor einem überschaubarem Stellenangebot mit ebenso überschaubarer Vergütung. Keine besonders attraktiven Zukunftsaussichten, die allerdings verbessert werden können, wenn unter anderem die öffentlichen Musikschulen finanziell so ausgestattet werden, dass sie Angestelltenverhältnisse mit Tarifvergütung anbieten können“, betont der Musikschulleiter.
(Von Thomas Seifert)