Nidderau: Ostheimer Kaninchenzuchtverein ehrt zum 100-Jährigen zahlreichen Mitglieder

Mit seinen mittlerweile 100 Jahren zählt der Kaninchenzuchtverein H 445 Ostheim zu den ältesten Vereinen im Main-Kinzig-Kreis. Damit gestaltet der über die Region hinaus angesehene Verein auch das soziale Leben seiner Heimat mit.
Nidderau – Neben „alten Hasen“, die Erfolge auf Landes-, Bundes- und auch Europaebene erzielten, hat der Verein junge Menschen im Blick. Altlandrat Karl Eyerkaufer, der als Bürger des Main-Kinzig-Kreises an der Jubiläumsveranstaltung teilnahm, würdigte die soziale Kompetenz des Vereins, die dieser über viele Jahre bewiesen hat. „Über die Vereinsstätte hinweg denkt dieser Verein an die Menschen, die nicht auf der Sonnenseite des Lebens stehen“, sagte Eyerkaufer und erinnerte an den jährlichen Scheck für die Stiftung Behindertenwerk, bei der er ehrenamtlich mitwirkte.
1987, als er den Dienst als Landrat angetreten habe, habe Vorsitzender Gerd Kurz die Überlegung gehabt, ein Kaninchenheim für die Züchter zu bauen. Stadtrat a. D. Helmut Weider habe ihn unterstützt. Besonderes Interesse, sagte Eyerkaufer, zeige er an der Geschichte der Kaninchenzucht mit den einzelnen Rassen. Wegen des Krieges sei zum ersten Mal eine Europaschau in Polen unweit der ukrainischen Grenze abgesagt worden. Eyerkaufer erinnerte die Gäste an das Jahr 1999, als Ministerpräsident Roland Koch gerade gewählt worden sei. Die „Schwarzen“ hätten die Mehrheit bekommen.
Launige Reden von Eyerkaufer und Reuter
Damals habe er in der Kaninchenzeitung gelesen, dass, wenn man einen Blauen Wiener mit einer Lothringer Häsin kreuze, das Ergebnis ein Schwarzer Rammler mit gelb-blauer Farbe sei. Koch habe daraufhin die Schwarzen Rammler mit der gelb-blauen Farbe als Landeskaninchen ausstellen wollen, sei aber dann doch beim hessischen Löwen geblieben.
Auch der große Maler Harmenszoon van Rijn Rembrandt habe insgesamt 200 Bilder gemalt, auf denen Kaninchen abgebildet seien, weil diese Treue, Menschlichkeit und Harmonie symbolisierten. Bundestagsabgeordneter a.D. Bernd Reuter korrigierte, dass dies nicht Rembrandt, sondern der Maler Albrecht Dürer gewesen sei. Eyerkaufer konterte: „Sie werden doch nicht im Ernst glauben, dass ein ehemaliger Landrat einem Bundestagsabgeordneten widersprechen könnte.“
Reuter wies darauf hin, dass er aufpasse, auch wenn ein ehemaliger Landrat spreche. Er begleite den Verein schon etwa 50 Jahre seines Lebens. Die Kaninchenzucht habe wunderschöne Farbschläge hervorgebracht. Er habe jedoch Bedenken für die Zukunft. „Die Liebe zur Natur, Kreatur und zum Tier ist ein wesentliches Element des Menschseins. Es ist wichtig, dass es solche Vereine gibt, die dieses Hobby hochhalten. Ich würde jede Schule verpflichten, einmal einen Durchgang in Ausstellungen zu machen“, sagte Reuter.
Landrat sieht Züchter vor großen Herausforderungen
Landrat Thorsten Stolz fungiert als Schirmherr für alle Veranstaltungen im Festjahr des Vereins. Die Kleintierzucht stehe vor großen Herausforderungen. Nachwuchssorgen seien zu erkennen, sagte er. Die letzten beiden Jahre hätten das klassische Vereinsleben durch Einschränkungen, Beschränkungen, Verordnungen auf Eis gelegt. Einige Sportvereine hätten 20 Prozent ihrer Mitglieder verloren. Im Kaninchenzuchtverein sei die Mitgliederzahl weitestgehend konstant geblieben. Ohne lebendige Vereine, das habe Corona gezeigt, nutze das soziale Miteinander in den Städten und Gemeinden nichts. Die Menschen lebten nebeneinander her. Zu den Städten und Gemeinden und den damit verbundenen Kulturlandschaften gehöre die Kleintierzucht dazu und stehe auch für Heimat.
Die Geschichte des Vereins sei seit 1922 eine absolute Erfolgsgeschichte. Unmittelbar nach dem Ende des Ersten Weltkriegs hätten die Gründerväter die Kaninchenzucht in Ostheim professionalisiert durch die Gründung des Vereins. Eine tolle Geste des Vereins sei es, am Jahresende Schlachtkaninchen zur Verfügung zu stellen für bedürftige Bürger.
Zur Zucht zählten eine enorme Fach- und Sachkenntnis, viel Zeit und ein großes Verantwortungsbewusstsein. Schriftführerin Martina Jakubek ging auf die Geschichte des Vereins ein, der zunächst als gemischter Verein für Geflügel und Kaninchen gegründet wurde. Die Sparten trennten sich. Neben einer aktiven Frauengruppe gab es auch eine Jugendgruppe. Seit 1973 bis heute ist Gerd Kurz Vorsitzender. „1981 wurden knapp 1000 Tiere tätowiert, bei 181 Mitgliedern“, sagte Jakubek. 1991 sei die Zuchtanlage fertiggestellt worden. Zwei Jahre später wurde die Main-Kinzig-Rammlerschau erstmals in der Anlage durchgeführt.
Bürgermeister freut sich über „Bessermacher statt Besserwisser“
Auch die Clubs des Landesverbandes führten in Ostheim ihre eigenen Schauen durch sowie Kreisverbandsschauen. 2009 wurde eine eigene Handarbeits- und Kreativgruppe gegründet. 2016 wurde der Verein beauftragt, die erste hessische Landesrammler-Schau des Landesverbandes Hessen-Nassau (LV) und Kurhessen in Altenstadt durchzuführen.
Nidderaus Bürgermeister Andreas Bär wies darauf hin, dass Kurz den Verein ein halbes Jahrhundert durch alle Zeiten geführt und sich dabei am wenigsten geschont hat. Es sei schön, wenn man an einem Ort sei, wo es weniger Besserwisser als Bessermacher gebe. Langjährige Engagierte lebten ihr Hobby im Verein. Die Leidenschaft für das Zuchtwesen und ausgeprägtes soziales Engagement seien die Eigenschaften, an die er denke, wenn der Name H445 Ostheim falle.
Vorsitzender Kurz kündigt Rücktritt nach 50 Jahren an
Jürgen Riedel, Vorsitzender des LV Hessen-Nassau, bestätigte, dass Ostheim ein Mittelpunkt im züchterischen Geschehen des Verbandes war. Seit vielen Jahren stehe Ostheim im Herzen der hessischen Kaninchenzüchter, auch durch die Verbundenheit und Unterstützung der kommunalpolitischen Freunde. Riedel überreichte eine Urkunde im Namen des Zentralverbandes Deutscher Rassekaninchenzüchter und des LV Hessen-Nassau.
Kurz wies auf die große Unterstützung von Werner Nussbaum und Martina Jakubek hin. Traurig zeigte er sich darüber, dass einige Geehrte nicht am Jubiläum teilgenommen haben. Nächstes Jahr im Mai tritt Kurz als Vorsitzender zurück, steht dem Verein aber weiterhin beratend zur Seite. (Von Georgia Lori)