Nidderau präsentiert Programm zu „1700 Jahre jüdisches Leben in Deutschland“

Mit einem umfangreichen Programm, das sich über einen Zeitraum von Anfang August bis zum 9. November erstreckt, würdigen die Stadt, die Bürgerstiftung und viele weitere Akteure „1700 Jahr jüdisches Leben in Deutschland“. Mit Vorträgen, Gottesdiensten, Gedenkfeiern, Museumsbesuch, Stadtrundgang und viel Musik werden vielfältige Aspekte zur Geschichte und den Bräuchen des jüdischen Lebens dargestellt.
Nidderau - Bei einem Spaziergang mit Pfarrer Heinz Daume, Vorsitzender der Gesellschaft für christlich-jüdische Zusammenarbeit Hanau, entwickelte Horst Körzinger, Vorsitzender der Bürgerstiftung, erste Ideen, um dieses Jubiläum würdig in der Stadt zu begehen, in deren Ortsteilen Windecken, Heldenbergen und Ostheim viele Menschen jüdischen Glaubens gelebt haben. Unterstützt von der städtischen Kulturbeauftragten Julia Huneke wurde Schritt um Schritt ein umfangreiches Programm in Kooperation mit verschiedensten Institutionen der Stadt wie Kirchen, Schulen, Geschichtsvereinen und Personen entwickelt, die etwas zu diesem umfangreichen Thema beitragen konnten. So sind der Historiker Erhard Bus, der Fotograf Ralf Vollmer, die Patinnen und Paten der Nidderauer Stolpersteine und die Musiker Irith Gabriely, Thomas Wächter sowie Bardo Hennig mit Band von der Partie.
Bei der Vorstellung lobte Bürgermeister Andreas Bär die Initiatoren für das umfangreiche Programm, das in dieser Form „nicht selbstverständlich ist“ und die Stadt zum „Leuchtturm“ im Kreis mache. „Vieles droht in Vergessenheit zu geraten“, mahnte der Rathauschef, „zudem muss man immer wieder an die lange und traurige Tradition des gewachsenen und vielseitigen Antisemitismus erinnern und daraus die richtigen Schlüsse für die Zukunft ziehen“, betonte Bär. „Solch eine Veranstaltungsreihe ist für eine Stadt von der Größe Nidderaus außergewöhnlich, ist aber auch der jüdischen Vergangenheit und ihrer Aufarbeitung geschuldet“, sagte der Bürgermeister. „Wir haben eine historische und moralische Verpflichtung, im Jubiläumsjahr ‚1700 Jahre jüdisches Leben in Deutschland’ unseren Beitrag zu leisten. Immerhin gab es seit dem 14. Jahrhundert jüdische Gemeinden in Windecken, Heldenbergen und Ostheim“, so Horst Körzinger.

Er bedankte sich bei allen Beteiligten, die sich viel Mühe gemacht hätten, ein vielseitiges und dem Anlass angemessenes Programm auf die Beine zu stellen. Stellvertretend für die Kirchen in Nidderau stellt Pfarrerin Heike Käppeler fest, das Programm bilde auch die Vielfalt der Stadtgesellschaft ab. Sie verwies darauf, dass sich die Bertha-von-Suttner-Schule ebenfalls mit diesem Thema beschäftige, was zu begrüßen sei, weil Kinder und Jugendliche ihrer Meinung nach unbedingt an dieses Thema herangeführt werden müssten.
„Windecken hatte in der Grafschaft Hanau die erste und weitaus größte jüdische Gemeinde und lange vor Hanau ein jüdisches Viertel mit Synagoge“, erläuterte Erhard Bus, der – wie andere Redner – auf die Arbeiten der leider viel zu früh verstorbenen Monica Kingreen hinwies, die die Grundlage für die Erforschung der Geschichte der jüdischen Gemeinden gelegt habe.
„Es ist außerordentlich erfreulich, wie engagiert sich Mitbürger als Patinnen und Paten der Stolpersteine einbringen. Es gibt sogar eine Warteliste für die Pflege der in der Stadt verlegten Stolpersteine“, berichtete Koordinator Dr. Ralf Grünke. (Von Thomas Seifert)