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Nidderau: Skepsis im Ausschuss bei Einschränkungen fürs Auto

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Von: Jan-Otto Weber

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Präsentiert die CO2-Bilanz der Stadt: Klimaschutzmanagerin Dr. Carola Pritzkow.
Klimaschutzmanagerin Dr. Carola Pritzkow hat zur Erstellung des „Integrierten Klimaschutzkonzepts“ auch eine CO2-Bilanz der Stadt erarbeitet. © PM

Alle Welt spricht vom Klimaschutz. Die Stadt Nidderau hat seit Januar 2022 mit Dr. Carola Pritzkow eine Klimaschutzmanagerin, um vom Reden auch ins Handeln zu kommen. Doch bevor konkrete Maßnahmen veranlasst und gefördert werden können, musste Pritzkow zunächst ein „Integriertes Klimaschutzkonzept“ erstellen, das sie nun im Ausschuss vorstellte.

Nidderau – Auch wenn dieses Konzept keine rechtliche Verbindlichkeit hat, muss es doch von der Stadtverordnetenversammlung beschlossen und bis zum 30. Juni eingereicht werden, damit der Fördermittelgeber, das Bundesministerium für Wirtschaft und Klimaschutz, Pritzkows Stelle in Nidderau weiter zum Großteil finanziert.

Am Montagabend befassten sich nun die Mitglieder des Ausschusses für Stadtentwicklung, Infrastruktur und Klimaschutz erstmals mit der Ausarbeitung, die 154 Seiten umfasst und aufzeigt, welche technischen und wirtschaftlichen Potenziale zur Minderung von Treibhausgasen in Nidderau bestehen und welche kurz-, mittel- und langfristigen Ziele und Maßnahmen zur Minderung infrage kommen. „Wir müssen beim Klimaschutz schneller werden, wenn wir das 1,5-Grad-Ziel noch erreichen wollen“, leitete Erster Stadtrat Rainer Vogel (Grüne) ein. „Fest steht: Wenn wir nichts machen, wird es am Ende teurer.“

Wie Pritzkow erläuterte, sind die Sektoren Verkehr und private Haushalte die mit Abstand größten Emittenten von Treibhausgasen in der Stadt. Es sei also am effektivsten, hier anzusetzen, was mit Energieberatungsangeboten für Hauseigentümer oder auch Unternehmen bereits geschehen sei.

Ein großes Potenzial sieht Pritzkow in der Stromerzeugung durch Photovoltaik-Anlagen. Allein durch mögliche Freiflächenphotovoltaik in der Stadt könne Nidderau stromautark werden.

Eine zentrale Frage sei: Wo wollen wir hin mit der Mobilität? Was kann man etwa durch die Förderung von E-Autos oder des Öffentlichen Nahverkehrs erreichen? „Wenn wir nicht dafür sorgen, dass es unattraktiv wird, mit dem Auto in die Stadt zu fahren, passiert nichts“, sagte Pritzkow im Lauf der Debatte. „Wie intensiv man das macht, ist Entscheidung der Politik.“

Die Ausschussmitglieder dankten Pritzkow für ihr detailreiches Konzept. Beim Punkt Verkehr hatten sie jedoch Bauchschmerzen. „Der Pkw ist unverzichtbarer Bestandteil der Mobilität“, sagte SPD-Fraktionsvorsitzender Vinzenz Bailey angesichts der im Konzept vorgeschlagenen möglichen Maßnahmen wie die Verringerung von Park- und Straßenflächen oder die Einführung von Parkgebühren.

Weitere Themen im Ausschuss

Der Ausschuss empfiehlt bei einer Enthaltung die Aufstellung des Bebauungsplanes „Mühlweide II“ in Ostheim. Verkehrs- und Artenschutzgutachten sowie archäologische Untersuchungen werden beauftragt und ein Energiekonzept auf Basis der Machbarkeitsstudie erstellt, das in den Bebauungsplanentwurf einfließt. Die Anregung der Freien Wähler, die Schaffung von gefördertem Wohnraum bereits jetzt als Planungsziel aufzunehmen, wurde mit Hinweis auf die noch folgenden üblichen Verfahrensschritte nicht aufgenommen.

Ein von SPD und Grünen beantragter Fuß- und Radweg soll vom Ortsausgang Erbstadt Richtung Bönstadt entlang der K 242 bis zum ersten befestigten Feldweg erstellt werden. Er wurde im Radwegekonzept erfasst.

Einstimmig empfahl der Ausschuss die Stellungnahme der Stadt Nidderau zum Entwurf des Nahverkehrsplans des Main-Kinzig-Kreises. An der öffentlichen Umfrage hatten über 60 Nidderauer teilgenommen. Zu den umfassenden Ergänzungen der Stadtverwaltung regte Grünen-Fraktionsvorsitzender Tim Koczkowiak den Ausbau des Nachtbusangebots zwischen Hanau und Nidderau an. Der Entwurf ist in den Sitzungsunterlagen des Ratsinfosystems im Internet einsehbar. (jow)

CDU-Fraktionschef Thomas Warlich stimmte zu. „Wir haben keine Einkaufsmöglichkeiten in Eichen und Erbstadt und sollen nicht mit dem Auto in die Neue Mitte fahren? Das passt einfach nicht.“

Grünen-Sprecher Tim Koczkowiak verwies hingegen darauf, dass es nach der „Push and Pull-Strategie“ im Gegenzug ja auch schon positive Anreize gebe, das Auto stehen zu lassen. Etwa durch den Ausbau des Radverkehrs und des ÖPNV oder die Umgestaltung der Bahnhöfe. Zudem betonte Koczkowiak, dass Klimaschutz zugleich durchaus wirtschaftlich und sozial sein könne, etwa wenn Neubaugebiete unabhängig mit Nahenergie versorgt werden könnten. Als Beispiel nannte er den als vorbildlich geltenden Rhein-Hunsrück-Kreis in Rheinland-Pfalz.

Zum Kostenrahmen für das gesamte Konzept konnte die Verwaltung keine Angaben machen, da dieser davon abhängig sei, welche konkreten Maßnahmen am Ende umgesetzt würden und inwiefern diese förderfähig seien.

Aufgrund des Umfangs des Klimaschutzkonzepts und der noch offenen Fragen dazu verständigten sich die Ausschussmitglieder auf eine Sondersitzung zur weiteren Beratung, die nun am 22. Mai stattfinden soll. Die rechtlich unverbindliche Beschlussfassung zur Einhaltung der Frist für den Fördermittelgeber soll dann durch die Stadtverordnetenversammlung am 1. Juni erfolgen, ebenfalls im Bürgerhaus Ostheim. (Von Jan-Otto Weber)

Ein weiteres Thema der Sitzung war die Änderung des Regionalen Flächennutzungsplans zur Ansiedlung weiterer Lebensmitteleinzelhändler und anderer Gewerbe in Heldenbergen.

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