Nidderau: Vor allem Hundehalter üben Kritik an Nidder-Querung

„Jetzt bin ich aber überrascht“, sagte Bürgermeister Andreas Bär am Mittwochabend beim Betreten des Saals in der Kultur- und Sporthalle Heldenbergen: Angesichts der hitzig geführten Debatte über die sogenannte Nidder-Querung in den vergangenen Wochen hatte er mit mehr Interessierten bei der Bürgerversammlung gerechnet.
Nidderau – Von denen, die gekommen waren, meldeten sich in der Fragerunde vor allem die Kritiker zu Wort. Viele von ihnen gaben zudem an, Hundehalter zu sein. Ein nicht unwesentlicher Aspekt. Denn vor allem Gassi-Gänger sind es, die laut Konzept zur Beruhigung der Nidderaue die natürliche Entwicklung in dem Landschaftsschutzgebiet zwischen Heldenbergen und Windecken stören. Das Konzept sieht deshalb unter vielen anderen Aspekten die Asphaltierung der noch nicht befestigten aber bereits vorhandenen Wirtschaftswege vor, die – wie Erster Stadtrat Vogel (Grüne) betonte – außerhalb des Schutzgebiets liegen. Zudem soll eine Brücke für Fußgänger und Radfahrer über die Aue gebaut werden. Durch ein derart „attraktives“ Wegenetz würden Spaziergänger von den Trampelpfaden durch die Aue ablassen, und Schüler sowie Pendler aus der Neuen Mitte hätten zudem einen kürzeren Weg zum Bahnhof, so die Annahme der Planer.
Den Auftrag, eine solche Wegeverbindung herzustellen, hatte die Stadtverordnetenversammlung laut Vogel im September 2018 im Rahmen des damals gefassten Flurbereinigungsbeschlusses erteilt. Warum daraus nun eine Brücke mit Schätzkosten von bis zu 2,5 Millionen Euro wurde und eine bodengleiche, auf einem Deich oder auf Pfählen gelegene Variante aus Experten- und Behördensicht im Überschwemmungsgebiet ausscheidet, hatte Vogel vorab ausführlich historisch und topografisch per Power-Point-Präsentation hergeleitet – übrigens genau so wie schon vor Wochen im Ausschuss.
Über 800 Unterschriften für Petition gegen Nidder-Querung
Doch wie schon damals konnte er auch diesmal die Kritiker im Saal nicht überzeugen. Allen voran Antonia Gutberlet, die gemeinsam mit Michael Reis Anfang September die Petition „Rettet unsere Nidderaue!“ gestartet hatte, deren Ergebnis sie am Mittwochabend dem Stadtverordnetenvorsteher Jan Jakobi (SPD) übermittelte: Über 800 Unterschriften von Nidderauer Bürgern seien im Internet und auf Papier zusammengekommen.
Stadtrat Vogel fand die Petition allerdings nicht fair. Zwar sei im Text immerhin korrigiert worden, dass es sich bei der Aue nicht um ein FFH- oder Naturschutzgebiet handele. Der Titel hätte jedoch ehrlicherweise lauten sollen: Verhindert die Brücke und die asphaltierten Wege. Denn das von der Stadtverwaltung vorgelegte Konzept wolle ebenfalls die Nidderaue retten – und habe dazu sogar noch den Rückhalt der zuständigen Naturschutz- und Genehmigungsbehörden.
Und, so betonte Vogel mehrfach: Auch die von den Petitionsführern und der Opposition befürwortete Renaturierung von Nidder und Altarmen zur Umsetzung der europäischen Wasserrahmenrichtlinie bedeute einen massiven baulichen Eingriff in die Natur mit schwerem Gerät. „Das wird drei, vier Jahre lang richtig wehtun“, so Vogel. „Aber die Situation nachher wird besser sein als zuvor.“
Auch Nidder-Renaturierung bedeutet heftigen Eingriff
Bei den Kritikern konnte er damit nicht landen. Die errechnete Wegverkürzung käme nur einigen Pendlern aus der Neuen Mitte zugute. Schüler würden lieber mit dem Bus fahren als zu laufen. Wachsende Schülerzahlen und ein Ausbau des Bahnhofs durch die Deutsche Bahn? Nicht absehbar, so die Gegenargumente.

Und dann waren da noch die Hundehalter. So etwa Antonia Gutberlet. Sie vermisst eine bessere Aufklärung von Hundehaltern seitens der Stadt. Infobroschüren schon bei Anmeldung von Hunden auf dem Rathaus, eindeutige Beschilderungen, Beweidung durch Schafe mit Elektrozäunen, die Wege versperren, Hundewiesen auch ohne Nidder-Querung – all das vermissten sie und andere Redner am Mittwochabend in der KuS-Halle. Asphaltierte Wege hingegen würden Hundehalter im Sommer mit Rücksicht auf ihre Vierbeiner eher meiden und dann erst recht auf die Wiesen ausweichen.
Schilder würden teilweise abmontiert, entgegnete Stadtrat Vogel, der mit der Aussage überraschte, dass es im Landschaftsschutzgebiet nicht einmal einen Leinenzwang für Hunde gebe. Mit der Genehmigung von Hundewiesen in dem Gebiet abgekoppelt vom Gesamtkonzept würde sich hingegen die Untere Naturschutzbehörde „sehr, sehr schwer tun“, so der Stadtrat. Zudem glaube er nicht an die Einsicht von Hundehaltern. Denn trotz der medial sehr präsenten Diskussion in den letzten Wochen habe sich an deren Verhalten nichts geändert. Hindernisse durch Beweidung seien nach der Neuordnung der Grundstücke nach der Flurbereinigung möglich, die Altarme und Gräben könnten ebenfalls Lenkwirkung zeigen.
Lesen Sie hier den Kommentar von HA-Redakteur Jan-Otto Weber.
Weitere Themen der Bürgerversammlung waren die Marktplatzumgestaltung in Windecken und der Breitbandausbau in Nidderau.