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Nidderau: Zu viele Störche machen dem Ökosystem zu schaffen

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Von: Jan-Otto Weber

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Zwei Störche auf einem Feld
Zu viele Störche machen den Jägern in Nidderau zu schaffen. © Julian Stratenschulte

Der Storch macht in der Nidderau Probleme. Jagdpächter Heinz Ross sieht die Ansiedlung kritisch und hat Sorge um andere Tiere.

Nidderau – Blühstreifen gibt es inzwischen viele. Neben Privatleuten und Organisationen legen auch immer mehr Landwirte Parzellen mit Wildblumen an, um einen Lebensraum für Insekten zu schaffen. Die Blühflächen von Bernd Förter aus Ostheim haben für Jagdpächter Heinz Ross und seinen Mitjäger Dr. Stefan Eisenhardt jedoch einen besonderen Wert. Denn hier, in den Nidderwiesen im Revier Junkernwald nahe der Gemarkungsgrenze zu Eichen, zeigen sich die Zusammenhänge eines gesamten Ökosystems auf kleinstem Raum.

Nidderau: Wildblumen auf knapp 4000 Quadratmetern

Bernd Förter, der hier mehrere Wiesen und Ackerflächen bewirtschaftet, hat in diesem Teil der Gemarkung vier Parzellen mit Blumen von insgesamt knapp 4000 Quadratmetern Fläche angelegt. „Diese Vernetzung der Biotope ist wichtig“, erklärt Ross.

Das Saatgut haben die beiden Jäger mit bereitgestellt. „Herr Förter tritt sein kostbares Ackerland ab, um etwas für die Natur zu tun“, lobt Ross. „Und zwar nicht irgendwo an viel befahrenen Straßen, wo die Insekten auf der Windschutzscheibe landen oder von Abgasen eingenebelt werden. Und auch nicht an bei Spaziergängern und Reitern beliebten Wegen, wo die Hunde in die Felder streunen.“

Fressfeinde: Störche in Nidderau gefährden Hasen und Federwild

Denn Ross geht es nicht nur um die Insekten, sondern auch um das Niederwild. „Sobald die Felder im Sommer abgeerntet sind, finden Hasen oder Federwild wie Fasan, Rebhuhn und Wachtel keine Deckung mehr vor Fressfeinden.“ Und dazu gehören in den Nidderwiesen bei Eichen inzwischen auch die Störche.

Storch sitzt auf Hochsitz in Nidderau
Ein Storch und sein Jungtier im Horst auf einem Jagdansitz. © Weber, Jan-Otto

Noch während Ross erklärt, fliegt keine 50 Meter vom Blühstreifen entfernt ein Altvogel ein und lässt sich auf einem Horst am Hessenjakobsgraben nieder, der die Nidderwiesen durchzieht. Doch dieser Horst ist nicht etwa auf einem der zahlreichen Vogelmasten gebaut, die seit dem Jahr 2000 von der Vogelschutzgruppe Eichen aufgestellt wurden und seit der Wiederansiedlung im Jahr 2004 jährlich mehr Zuspruch finden. In diesem Fall hat sich das Storchenpaar ausgerechnet einen Ansitz von Jagdpächter Heinz Ross als Nistplatz ausgesucht.

Population zu groß: Störche finden keine Nahrung mehr

„Anfangs waren in dem Horst drei Jungtiere“, berichtet der 81-Jährige, der seit knapp 20 Jahren das Ostheimer Revier Junkernwald betreut. „Inzwischen ist es nur noch eins. Die beiden anderen sind verhungert, weil die Störche nicht genügend Futter finden.“

Die Population in Nidderau sei inzwischen einfach zu groß, beklagt der Jagdpächter. Alle 500 Meter stehe ein Storchenmast. Eine Ansammlung von bis zu 30 Störchen sei bei der Feldbearbeitung keine Seltenheit, bestätigt Landwirt Förter. Die Vögel folgen dem Schlepper und jagen in der frisch aufgewühlten Erde nach Mäusen und Insekten.

Nidderau: Störche jagen sogar junge Hasen und Schlangen

Doch dabei bleibt es leider nicht, wie Heinz Ross aus eigener Anschauung berichtet. „Die Störche gehen inzwischen auch auf junge Hasen, Schlangen oder Bodenbrüter wie Rebhuhn und Wachtel. Ich habe sogar schon beobachtet, wie ein Storch zwei Kiebitz-Küken verfolgt hat“, so Ross.

„Dabei sind wir froh, dass der selten gewordene Kiebitz hier brütet. Die Altvögel haben den Storch dann verjagt.“

Blühstreifen in Nidderau wichtig für Schutz der Tiere

Doch nicht alle Vogelarten seien so wehrhaft wie der Kiebitz. Umso wichtiger seien auch hier die schützenden Blühstreifen von Landwirt Bernd Förter. „Die Störche lassen sonst kaum noch eine Tierart aufkommen, es bleibt nichts mehr übrig.“

Jäger in Nidderau auf einem Feld vor einer Blühwiese
Blühstreifen für Insekten, Reptilien und Niederwild: Jagdpächter Heinz Ross, Landwirt Bernd Förter und Jäger Dr. Stefan Eisenhardt (von links) in den Nidderauen. © Weber, Jan-Otto

Ross weiß, dass er sich mit seiner Position keine Freunde macht. Der Storch gilt in Nidderau als Maskottchen, die Eicher Vogelschützer sind stolz auf seine Ansiedlung – und das sicher nicht zu unrecht.

Störche in Nidderau: „Artenschutz läuft in falsche Richtung“

Ross betont, dass es ihm nicht bloß um den Schutz des Hasen als Jagdtier gehe, was der Jägerschaft häufig vorgeworfen werde. Er selbst habe als Schüler 1953 den Vogelschutzverein Großauheim mitgegründet und sei bis heute aktiv. Er habe im Junkernwald auf eigene Kosten 50 Nistkästen für verschiedene Vogelarten und 30 Brutröhren für Eulen wie etwa Steinkauze aufgehängt.

„Jeder andere Jäger hätte auch den Nestbau auf dem Ansitz verhindert, der für uns sehr wichtig ist“, so Ross, „zum Beispiel für die Jagd auf Wildschweine. Wir haben den Storch hier geduldet. Aber wir können nicht eine Tierart so fördern und bejubeln, wie es der Naturschutzbund tut, und darüber hinaus alle anderen Tierarten vergessen. Da läuft der Artenschutz in eine falsche Richtung.“

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