Umweltministerin zeichnet Landwirtsfamilie Jost in Eichen mit Qualitätssiegel aus

Da staunten die Charolais-Rinder auf ihrer Weide zwischen Eichen und Höchst an der Nidder nicht schlecht: Eine Ministerin, zwei Landtagsabgeordnete und ein Bürgermeister, begleitet von einer Vielzahl von Funktionsträgern verschiedenster Organisationen, erwiesen den 13 Rindern ihre Ehre. Der Grund: Die Landwirtsfamilie Jost aus Eichen bekam am Mittwoch die Zertifizierungsurkunde „Hessisches Bio Weiderind“ für ihre Charolais-Rinderhaltung verliehen.
Nidderau –-Dafür war es natürlich zwingend notwendig, die ursprünglich aus Frankreich stammende Rinderasse in freier Wildbahn zu besichtigen, damit Ministerin Priska Hinz (Bündnis 90/Die Grünen auch wusste, für welche Rinder die Zertifizierung erfolgreich durchlaufen wurde. Später, auf dem Hof in Eichen, kündigte sie an, das Modellprojekt solle in Zukunft ausgeweitet werden und lobte alle Landwirte, die sich der Zertifizierung nach den Regeln der Marketinggesellschaft „Gutes aus Hessen“ stellen würden.
Ein „echt hessisches Produkt“
Das Siegel sei öffentlichkeitswirksam, denn der Verbraucher könne sofort erkennen, dass es sich um Fleisch oder Wurst von Rindern aus hessische Biohaltung und Schlachtung handele. Die Wege von der Weide bis auf den Teller des Endverbrauchers seien kurz und damit nachhaltig, ebenso wie die Wertschöpfungskette, betonte Hinz.
Zudem würden Arbeitsplätze im ländlichen Raum geschaffen, ein alter Kulturraum erhalten und der Kohlenstoffdioxid-Ausstoß verringert sowie ein „echt hessisches Produkt“ auf den Markt gebracht. Nach den Kartoffeln vom Hof Jost sei nun auch noch die Rinderhaltung „geadelt worden“, schloss die Ministerin.

Zuvor hatte Projektleiter Constantin Haupt von „Gutes aus Hessen“ berichtet, dass inzwischen etwa 35 Betriebe mit dem Gütesiegel „Hessisches Bio Weiderind“ zertifiziert seien. Pro Woche würden derzeit fünf Tiere zu Schlachthöfen in Brensbach im Odenwald und in Fulda gebracht, die Zerlegung habe die Firma Eidmann aus Bruchköbel übernommen. Der Absatz von Fleisch und Wurst sei sehr gut, man plane aber demnächst eine Kampagne, um dieses Siegel noch bekannter zu machen.
Seit 100 Jahren betreibt die Familie Jost Landwirtschaft und war im Jahr 1948 auf ihren Aussiedlerhof gezogen. Heute befindet sich der Betrieb mitten im Stadtteil Eichen, was nicht unbedingt ein Nachteil ist, betonen der Landwirtschaftsmeister Christoph und die Agraringenieurin Katja Jost, die mit ihren Kinder Naja und Nils, unterstützt von Vater Gerhard Jost und weiteren Familienmitgliedern den Hof in der Wehrstraße betreiben.
Vermarktung über den Hofladen
„2019 wurde das Milchvieh abgeschafft und der Betrieb auf Biolandwirtschaft umgestellt. Mit den Rinderrassen haben wir etwas experimentiert und uns für die Charolais mit ihrem ruhigen Gemüt, einer problemlosen Haltung und sehr gutem Fleisch entschieden“, berichtete Christoph Jost dem Hanauer Anzeiger beim Besuch auf der Weide.
Die Rinder werden im Alter von einem Dreivierteljahr gekauft und nach 12 bis 14 Monaten geschlachtet, jeden Monat bis auf Juli ein Tier. Die Familie Jost verkauft im kleinen Hofladen das Fleisch und die Wurst an Vorbesteller, wobei konfektionierte gemischte Pakete ebenso vertrieben werden wie individuelle Bestellungen. „Das Fleisch ist nach Ankündigung der nächsten Schlachtung innerhalb sehr kurzer Zeit bereits verkauft“, beschreibt Katja Jost das funktionierende Vermarktungskonzept.
Tauschhandel mit befreundetem Betrieb
Das gilt auch für die selbst produzierten Produkte wie Kartoffeln oder der selbst produzierte Apfelsaft aus Eicher Streuobstwiesen sowie und die von befreundeten Biobauern übernommenen Produkte, die im Hofladen angeboten werden. Dazu gehören zum Beispiel Eis aus Diebach am Haag, Tee, Eier und Gewürze.
Die Familie bearbeitet insgesamt 158 Hektar, davon 35 Hektar mit Klee und Luzerne für die Rinder. Neben der Weide in den Nidderauen gibt es eine Zweite, wo derzeit weitere acht Rinder stehen, davon vier Fleckvieh. Auf den Äckern rund um Eichen wachsen neben Kartoffeln Weizen, Dinkel, Hafer und Ackerbohnen für Nahrungsmittel, Soja und Zuckerrüben als Futter sowie Mais, der als Hühnerfutter einem befreundeten Betrieb dient, der im Gegenzug die Eier liefert und den Mist als Dünger an die Josts abgibt.
Von Thomas Seifert