Engelhard Arzneimittel feiert Eröffnung der neuen Produktionsstätte in Niederdorfelden

Großer Bahnhof für die kleine Gemeinde Niederdorfelden: Zur offiziellen Eröffnung der neuen Produktionsanlage und des Verwaltungsgebäudes, immerhin eine Investition von über 50 Millionen Euro, war am Dienstag auch Ministerpräsident Boris Rhein zu Gast.
Niederdorfelden – Wie an einer Perlenkette aufgereiht, stehen die Gratulanten an diesem Dienstagmorgen im Licht durchfluteten Foyer des Verwaltungsgebäudes der Firma Engelhard Arzneimittel. Im ersten Stock spielt ein Duo leise Jazzmusik, unten wird geplaudert. Richard und Oliver Engelhard, die das Unternehmen in der fünften Generation führen, begrüßen die Gäste, unter ihnen auch Hessens Ministerpräsident Boris Rhein (CDU), der sich natürlich Zeit für ein gemeinsames Foto nimmt. Gefeiert wird die Eröffnung des neuen Produktionsgebäudes. Auf rund 8000 Quadratmetern werden hier unter anderem die bekannten Marken Prospan und Isla hergestellt und konfektioniert.

Der Neubau sei ein klares Bekenntnis zum Produktionsstandort Deutschland, wie Geschäftsführer Richard Engelhard vor den rund 200 geladenen Gästen aus Politik, Wirtschaft und Wissenschaft deutlich macht. „Wir haben hier unsere Wurzeln und unsere Zukunft. Die neue Produktionsstätte ist ein Meilenstein in der Geschichte der Firma“, so Engelhard bei seiner Begrüßung im ebenfalls neu gebauten Verwaltungstrakt.
Die Geschichte reicht bis ins Jahr 1868 zurück. Damals entwickelte Karl Philipp Engelhard noch in der Rosen-Apotheke in Bornheim das Gründerprodukt Isla. In den 1940er Jahren war ein persönliches Schicksal der Anstoß für die Entwicklung des Hustensafts Prospan. Die Tochter des damaligen Geschäftsführers Dr. Karl Engelhard litt an einem schweren Keuchhusten, der damals schnell tödlich enden konnte. So entwickelte der Pharmazeut das auf der Pflanze Efeu basierende Arzneimittel. Heute wird Prospan in mehr als 100 Länder exportiert.

„Die Apotheke“, so Boris Rhein in seiner kurzweiligen Rede, „ist für Hessen, was für das Silicon Valley die Garage ist.“ Denn neben Engelhard haben auch Merck, Fresenius und Heraeus ihre Anfänge in Apotheken. Seit 1997 hat das Familienunternehmen, bei dem heute 500 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter beschäftigt sind, seinen Hauptsitz im kleinen Niederdorfelden.
Und so kommt am Dienstag vor allem einer aus dem Strahlen gar nicht mehr heraus: Bürgermeister Klaus Büttner (SPD). Der lobt das Unternehmen als wichtigen Arbeitgeber, und seine Geschäftsführer als gute Gesprächspartner. Die Genehmigung für den Neubau habe die Gemeinde in einer Rekordzeit von zwei Monaten auf den Weg gebracht. Engelhard ist für die 4000-Einwohner-Gemeinde ein wichtiger Gewerbesteuerzahler. Kein Wunder also, dass der Bürgermeister im regen Austausch steht und nach eigener Aussage mindestens vier Mal pro Jahr vor Ort ist. „Der kleine Dienstweg ist hier immer gegeben“, so Büttner im Gespräch mit unserer Zeitung.

Ministerpräsident Rhein bedankt sich im Namen des Heimatlandes für die Standorttreue des Unternehmens, schließlich seien alle Produkte „Made in Hessen“. Das Erfolgsrezept der Firma bestehe seiner Ansicht nach aus zwei Komponenten, und zwar Tradition und Innovation.
Auch das Thema Nachhaltigkeit hat beim Bau eine zentrale Rolle gespielt. So sorgen Photovoltaik-Elemente auf dem Dach dafür, dass bis zu 17 Prozent des Strombedarfs im gesamten Unternehmen gedeckt werden können. Ein weiterer Ansatz zur Energiekostenminimierung: Die Wärmerückgewinnung, bei der dank neuer Technologien die bei der Produktion entstandene Wärme über einen Wärmespeicher anderweitig genutzt werden kann. Rhein schmunzelnd: „Auch im hohen Alter kann man noch innovativ sein.“ Auch Dr. Kai Joachimsen, Hauptgeschäftsführer des Bundesverbandes der Pharmazeutischen Industrie BPI, spricht dem Unternehmen eine wichtige Rolle in der Gesundheitsbranche zu: „Mittelständische Unternehmen bilden das Rückgrat der pharmazeutischen Industrie in Deutschland. Engelhard gilt als herausragendes Beispiel, weil es zu 100 Prozent in Deutschland produziert – ein Alleinstellungsmerkmal.“
Professor Marcel Fratzscher, Präsident des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung, betont, dass die wirtschaftliche Zukunft und der Wohlstand in Deutschland und Europas entscheidend von den Investitionen mittelständischer Unternehmen abhängig seien: „Deutschland sollte sich vor allem auf die großen Stärken seines Wirtschaftsmodells konzentrieren, die stark auf der Innovationsfähigkeit und Flexibilität mittelständischer Unternehmen beruhen.“ Im Anschluss an den offiziellen Teil gab es für die Gäste die Möglichkeit, sich die Produktion anzusehen. (Von Mirjam Fritzsche und Yvonne Backhaus-Arnold)
Zahlen und Fakten zum Unternehmen
Engelhard Arzneimittel ist am 31. Oktober 1872 in der Rosen-Apotheke in Frankfurt-Bornheim gegründet worden. Im vergangenen Jahr konnte das Unternehmen also sein 150-jähriges Bestehen feiern. Im Jahr 1997 zog es nach Niederdorfelden um. Das Pharmaunternehmen wird bereits in fünfter Generation gemeinsam von den Brüdern Richard und Oliver Engelhard geführt. Engelhard beschäftigt 500 Mitarbeiter und erwirtschaftet einen jährlichen Umsatz von rund 150 Millionen Euro. In den jetzt eröffneten Produktionsneubau hat das Familienunternehmen rund 40 Millionen Euro investiert, dazu kommen weitere 12,5 Millionen Euro für den Verwaltungsneubau. In der neuen Fertigungsstätte können im Vergleich zur alten Anlage doppelt so viele Arzneimittel hergestellt werden. In drei Schichten am Tag werden dort beispielsweise 250.000 Flaschen Hustensaft produziert. Zu den bekanntesten Produkten, die Engelhard weltweit in 100 Länder exportiert, zählen unter anderem der Hustensaft Prospan und die Halstablette Isla. (fmi)