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In Erinnerung an die Novemberpogrome 1938 fand am Montagabend in Wächtersbach eine Gedenkveranstaltung statt, zu der die evangelische und katholische Kirche gemeinsam einluden. Es war eine der wenigen Gedenkfeiern in der Region, die als Präsenzveranstaltung abgehalten wurde. Viele Veranstalter hatten wegen der Pandemie auf ein digitales Format gewechselt.
Wächtersbach – Dekan Wilhelm Hammann, Mitglieder der Wächtersbacher Kirchengemeinden und der örtlichen Parteien, aber auch viele Antifaschistinnen und Antifaschisten fanden sich in der Bleichgartenstraße vor der ehemaligen Synagoge ein.
Das Gedenken erstreckte sich jedoch weit über die Erinnerung an die ehemaligen jüdischen Mitbürgerinnen und Mitbürger Wächtersbachs hinaus auf alle Menschen, die „Opfer werden von Hass und Hetze, von Gewalt und Idiotien“, wie es Pfarrerin Beate Rilke formulierte.
Gedenken auch an Anschlag in Hanau vom 19. Februar
Erinnert wurde auch an den rassistischen Anschlag auf den Eritreer Bilal M. im zurückliegenden Sommer, an den brutalen Anschlag in Hanau in diesem Jahr und an die Opfer des Anschlags von Wien vor einer Woche. Was sie alle eint: „Sie wurden Opfer, weil irgendjemand meinte, sie wären falsch – falsch in unserer Stadt, in unserem Land.“ Jedoch: „Unseren Hass bekommt ihr nicht“, betonte die Pfarrerin.
Mitglieder beider Kirchengemeinden erinnerten an Gewalttaten von den Olympischen Spielen über den Anschlag auf die Mitarbeiter der französischen Satire-Zeitschrift „Charlie Hebdo“ bis zu dem Angriff auf den Berliner Weihnachtsmarkt „Wir nennen ihre Namen“, betonte Kirchenältester Martin Gleichmann, der die Namen der jüdischen Frauen und Männer verlas, die „in Wächtersbach lebten und in den Konzentrationslagern umkamen“.
Erinnerung an Opfer von Hanau, Wien, Halle, Nizza und Dresden
Edeltraud Leis von der katholischen Kirchengemeinde Mariä Himmelfahrt nannte die Namen der Ermordeten von Hanau. Giesela Fiebig erinnerte an die Menschen, deren Namen nicht bekannt sind und die ermordet wurden in Halle, in Nizza, in Dresden, in Wien. Gedacht wurde auch an Regierungspräsident Walter Lübcke und an Samuel Paty, dem Lehrer, der in Hanaus französischer Partnerstadt Conflans Sainte-Honorine nahe Paris ermordet wurde.
„Wir gedenken allen, deren Namen wir nicht kennen“, so Ursula Damrath. Und Vikarin Vanessa Damm zitierte in Auszügen die übersetzte Ansprache von Martin Luther Kings „I have a dream“-Rede.
Kerzen und Kirchenglocken zum Gedenken
Pfarrerin Rilke mahnte: „Es ist unsere Verantwortung, der Welt zu zeigen: Der Hass, das Morden, auch das Morden mit Worten, muss aufhören. Es ist unsere Verantwortung, dem Antisemitismus, Rassenideologien, Extremismus und dem Hass entgegenzutreten.“
Das Läuten der Glocken der evangelischen Kirche beendete das Gedenken, in dessen Rahmen Kerzen der Erinnerung angezündet wurden, bevor mit dem gemeinsamen „Vater Unser“ die Veranstaltung endete.