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Der neue evangelische Gemeindepfarrer Johannes Oeters wechselt von Bayern nach Rodenbach und hat eine Vorliebe für die Feier von Gottesdiensten an besonderen Orten wie Tankstellen, Kinos oder Discos.
Der neue evangelische Gemeindepfarrer Johannes Oeters wechselt von Bayern nach Rodenbach und hat eine Vorliebe für die Feier von Gottesdiensten an besonderen Orten wie Tankstellen, Kinos oder Discos. © Ulrike Pongratz

„Ich blicke gerne über den Kirchturm hinaus“, sagte Pfarrer Johannes Oeters im Gespräch, und während er locker von seiner Kindheit als „Sohn des Pfarrers“, seiner Jugend und seinen Stationen als Pfarrer erzählt, wird schnell deutlich: Der Blick über den Kirchturm und über Grenzen – im übertragenen Sinne wie im richtigen Leben – beeinflussen und durchdringen seine Biografie.

Rodenbach – Johannes Oeters lebt mit seiner Familie im bayerischen Michelbach – ganze neun Autominuten von Rodenbach entfernt – und dennoch ist es noch nicht selbstverständlich, dass er aus Bayern kommend in Hessen eine Pfarrstelle übernimmt. Der tägliche „Grenzübertritt“ und „das bayerische Experiment“ sind eine Vorlage für Scherze.

Oeters ist im unterfränkischen Gochsheim nahe Schweinfurt mit drei Schwestern in einem christlichen Zuhause aufgewachsen. Nach dem Abitur am humanistisch-musischen Celtis Gymnasium studierte er zunächst Sport und Theologie auf Lehramt. Pfarrer wollte er eigentlich nicht werden: Das Etikett „Pfarrerssohn“ und die mit dem Pfarrdienst verbundenen Umzüge wollte er seinen eigenen Kindern nicht zumuten. Es kam anders: Ein Bänderriss zwang ihn zur Unterbrechung des Studiums. „Wenn ich in dieser Zeit die Prüfungen in Hebräisch und Griechisch schaffe, dann studiere ich Theologie“, hatte sich der Student vorgenommen. 1995 nahm Oeters das Grundstudium der evangelischen Theologie an der Augustana Hochschule in Neuendettelsau auf, wechselte 1998 für zwei Jahre nach Göttingen und schloss das Studium 2003 mit dem ersten theologischen Examen in Neuendettelsau ab. Im März 2004 begann er das Vikariat in Karlstadt am Main. 2006 folgte dann das zweite theologische Examen und die Ordination zum Pfarrer durch Bischof Helmut Völkel am Juli 2006.

Auslandsvikariat prägte Pfarrer Oeters beruflich sowie privat

Das anschließende Auslandsvikariat in El Salvador in der ILS (Iglesia luterana) hat Oeters beruflich wie privat stark geprägt. In El Salvador heiratete Oeters 2009 seine Frau Tania, die als Juristin bei der ILS arbeitete. Zu diesem Zeitpunkt lebte er bereits in Aschaffenburg und war dort Pfarrer an der Christuskirche. Von 2010 bis Ende Oktober 2022 hatte Oeters die Pfarrstelle der Evangelischen Lutherischen Kirchengemeinde Peter und Paul in Alzenau inne und seit November arbeitet er als Pfarrer für allgemeinkirchliche Aufgaben im Dekanat Aschaffenburg. Zugleich war Pfarrer Oeters in diesen Jahren auch Dekanatsmissionspfarrer und Leiter der Partnerschaft mit der ILCO (Iglesia luterana Costaricense).

Als Jugendlicher begeisterte er sich für verschiedene Sportarten, zugleich für den Journalismus und vor allem für die Musik. Schon während seiner Schulzeit war er freier Mitarbeiter beim „Schweinfurter Tagblatt“ und „Sonntagsblatt“. 2001 bis 2006 beauftragte das Dekanat Schweinfurt Oeters, Radioandachten im Lokalradio zu gestalten und seit 2001 ist er freier Mitarbeiter der Evangelischen Funkagentur.

Vier CDs mit Kirchenband veröffentlicht

Über die Musik – Oeters spielt Cello, Klavier und Gitarre – fand er als Jugendlicher seinen persönlichen Zugang zum Glauben und zur Kirche. „Im Jahr 1989 gründete ich mit Freunden die christliche Band „Living Colors“, in der ich meine Liebe zur Musik ausleben konnte und zunehmend die Leidenschaft in mir entwickelte, über die Musik Inhalte zu transportieren, über sie zu verkündigen. Das Komponieren und Texten wurde mir immer mehr zu einer ganz wichtigen Ausdrucksform.“ Begleitete die Kirchenband mit ihrem rockigen „Sacro-Pop“ zuerst Jugendgottesdienste in Gochsheim und Umgebung, entwickelte sie sich schnell auf eine semiprofessionelle Ebene und die „Living Colors“ standen bei großen Events auf der Bühne: Die Band spielte bei Schaustellergottesdiensten auf dem Canstatter Wasen in Stuttgart oder dem Düsseldorfer Volksfest, bei evangelischen und ökumenischen Kirchentagen oder zur Kindergottesdiensttagung. Insgesamt vier CDs sind in dieser Zeit entstanden, darunter viele Kinder- und Tauflieder. „In dieser Zeit habe ich ein sehr breites Spektrum von Kirche kennenlernen und mitgestalten können“, sagte Oeters.

Ökumene sei viel, viel mehr als katholisch und evangelisch. Ökumene ist im Kontext zu sehen: „Was verbindet uns, was können wir voneinander lernen? Christlicher Glaube ohne Gemeinschaft kann auf Dauer nicht lebendig bleiben“, verdeutlicht Oeters. Nach inzwischen nahezu 20 Jahren im Pfarrdienst meint er: „Theologisch weiß ich, wer ich bin, was ich glaube, was ich tue, reflektiert, aber nicht als absolut gesetzt.“

Inhaltlich gibt es vieles, was ihn nach Rodenbach zieht und worauf Oeters aufbauen kann: Die Kirche Kunterbunt, die Familiengottesdienste, der Lebensmittelkorb, das Kantorat haben sofort imponiert. Mit Kindern arbeitet der Vater zweier Söhne und einer Tochter gerne. „Kinder sind das Beste, was wir haben.“ Er erinnert sich gerne an das offene Lachen der Kinder in El Salvador, als er die Kirchenlieder ins Spanische übersetzte und am Anfang noch ein paar Fehler machte: „la papa“ bedeutet eben Kartoffel und nicht Papa.

Diakonie hat für Pfarrer Oeters einen hohen Stellenwert

Eine hohen Stellenwert und große Bedeutung haben für Pfarrer Oeters die Diakonie. „Diakonische Arbeit ist für mich aktive Hilfe und unverzichtbar. Kirche ohne Diakonie ist für mich keine Kirche.“ Erfolgreich hat er zum Beispiel vor einigen Jahren durch ein Kirchenasyl für zwei Syrer so deren Abschiebung verhindert.

Gottesdienste feiere er gerne differenziert, in ganz unterschiedlichen Formen, gerne an besonderen Orten, ganz im Sinne von Paulus. Man solle mit dem Evangelium zu den Menschen kommen. Oeters feierte in seiner Jugenddisco einen „Tanz-Gottesdienst“ am Karfreitag, er feierte in Kinosälen und an Tankstellen Gottesdienste „zum Auftanken“ oder lud zum Kneipen-Gottesdienst ein. „Mein liebster Gottesdienst ist die Osternacht mit ihrer liturgischen Gestaltung. Es ist jedes Mal ein ganz besonderer Moment, wenn das Licht durch die offene Türe fällt und die Vögel zwitschern.“ Welch schöner Zufall, dass Johannes Oeters, noch vor Ostern durch Dekan Dr. Martin Lückhoff in sein Amt eingeführt wurde. (Von Ulrike Pongratz)

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