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Hightech-Elektroden made in Rodenbach

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Geschäftsführer Dr. Robert Scannell steht vor einem Flatscreen, der eingefasst ist in einem etwa drei Quadratmeter großen metallischen, feinmaschigen Gebilde, einem Hauptprodukt von De Nora: eine große flache Membranzelle für den Einsatz in der Chloralkalielektrolyse zur Herstellung von Grundchemikalien wie Chlor.
Geschäftsführer Dr. Robert Scannell steht vor einem Flatscreen, der eingefasst ist in einem etwa drei Quadratmeter großen metallischen, feinmaschigen Gebilde, einem Hauptprodukt von De Nora: eine große flache Membranzelle für den Einsatz in der Chloralkalielektrolyse zur Herstellung von Grundchemikalien wie Chlor. © Roland Adrian

Die Firma De Nora in Rodenbach ist Weltmarktführer für Elektroden, die in vielen Feldern eingesetzt werden können. Dabei setzt das Unternehmen vor allem auf Zukunftsfelder wie Wasserstoff-Brennstoffzellen.

Rodenbach - Wer auf der A45/A66 am Industriegebiet Rodenbach entlangfährt, dem ist sicher schon der charakteristische grüne Schriftzug von De Nora an einer großen weißen Produktionshalle aufgefallen. Dort sitzt die De Nora Deutschland GmbH. Das Unternehmen gehört zu den Weltmarktführern in der Herstellung und im Vertrieb von Elektroden und Beschichtungen, die in elektrochemischen Prozessen eingesetzt werden. Das Stammhaus des Elektrodenspezialisten, der auch in der ersten Liga bei der Herstellung von grünem Wasserstoff mitspielt, sitzt in Mailand. In diesem Jahr feiert der Global Player sein 100. Firmenjubiläum.

Elektroden zum Schutz von Bauwerken, aber auch für Wasserstoff-Brennstoffzellen

Dr. Robert Scannell ist Geschäftsführer der De Nora Deutschland GmbH und Regional Chief Officer Europe, Middle East, Africa & India. Der 63-jährige Ire hat in Cork Elektrochemie studiert und kam über die damalige Heraeus Elektrochemie 2003 zu De Nora nach Rodenbach. Stolz präsentiert er auf einem großen Flatscreen einige Aktivitäten des Unternehmens. Interessant ist dabei vor allem, dass der Bildschirm eingefasst ist in einem etwa drei Quadratmeter großen schwarzen, metallischen, feinmaschigen Gebilde. „Das ist eines unserer Hauptprodukte, eine große flache Membranzelle für den Einsatz in der Chloralkalielektrolyse zur Herstellung von Grundchemikalien wie Chlor“, sagt Scannell.

In Rodenbach betreibt De Nora ein modernes Fertigungs- und Beschichtungsproduktionszentrum.
In Rodenbach betreibt De Nora ein modernes Fertigungs- und Beschichtungsproduktionszentrum. © Privat

In Rodenbach verfügt De Nora über ein hochmodernes Fertigungs- und Beschichtungsproduktionszentrum. Die Mischproduktion umfasst die klassische Elektrodenproduktion für die Elektroindustrie, für die Galvanikindustrie und für den Korrosionsschutz, zum Beispiel auch für Stahlbandverzinkung. „Nur ein Beispiel: Brücken, über die Sie zum Frankfurter Flughafen fahren, sind durch unsere Elektroden geschützt“, erzählt Scannell. Ein weiteres Anwendungsfeld sind Brennstoffzellenelektroden (Gasdiffusionselektroden). Aufgrund der Wasserstoff-Thematik ist die Nachfrage nach diesen Elektroden aktuell besonders groß. „In der Brennstoffzellenherstellung sind wir seit über 20 Jahren Marktführer, was die Komponentenherstellung betrifft“, sagt der Geschäftsführer und führt weiter aus: „Das größte Standbein, das wir hier haben, sind Membranzellen mit Titan- und Nickelelektroden mit Mischoxidbeschichtung für die Chloralkalielektrolyse. Auch hier ein Beispiel: 85 Prozent des Chlors, das in Indien entsteht, wird mit unseren Elektroden erzeugt.“ Die Elektroden für die Chloralkalielektrolyse müssen zwar nach rund acht Jahren im Betrieb ersetzt werden, die gebrauchten Elektroden werden aber in Rodenbach in einem nachhaltigen Kreislauf wieder aufbereitet, repariert, neu beschichtet und gewartet.

Durchbruch des Unternehmens in den 1970er Jahren

Die heutige De Nora Deutschland hat seit 1998 ihren Sitz in Rodenbach mit heute 260 Mitarbeitern sowie weiteren 80 Leiharbeitern. Weltweit beschäftigt De Nora Industries über 1700 Mitarbeiter, erwirtschaftete 2021 einen Umsatz von 616 Millionen Euro, besitzt 260 Patentfamilien und ist seit letztem Jahr an der Mailänder Börse gelistet. Die technologischen Wurzeln gehen auf das 1923 gegründete Mutterunternehmen Industrie De Nora zurück, das sich schon damals einen Namen in der industriellen Großelektrolyse gemacht hat. Der große Durchbruch gelang in den 1970er Jahren. Da entwickelte der Konzern form- und dimensionsstabile Elektroden auf Titanbasis mit einer feinen Edelmetalloxid-Schicht für die Industrie, was einem Paradigmenwechsel gleichkam. Bis dahin wurden immer abbrennende Kohleelektroden für die Chloralkalielektrolyse verwendet, die somit immer wieder energieintensiv nachgeschoben werden mussten. Die neue Elektrodengeneration konnte dagegen monatelang verwendet werden, bevor sie ausgetauscht werden musste.

Die viel beschworene Energiewende wird an uns und unseren Elektroden jedenfalls nicht scheitern.

Dr. Robert Scannell, Geschäftsführer der De Nora Deutschland GmbH

Interessant ist in der bewegten Firmenhistorie die Verquickung mit dem Hanauer Technologiekonzern Heraeus. So stellte die damalige Heraeus Elektroden GmbH zu Beginn der 1970er Jahre ebenfalls Titanelektroden nach der De Nora-Lizenz her. Die italienische Firmengruppe war mit 50 Prozent an der Heraeus-Tochter beteiligt. Daraus entstand die Heraeus Elektrochemie, die schließlich 1998 an De Nora verkauft wurde und seitdem von Jahr zu Jahr wuchs. Als Gründe für den wirtschaftlichen Erfolg nennt Robert Scannell mehrere Faktoren: „Es ging bergauf durch die Internationalisierung, durch eine gezielte Bereinigung und Erweiterung unseres Produktangebots, durch neue Absatzmärkte, durch eine gute, globale Vernetzung innerhalb der De Nora-Familie und durch eine kluge Firmenphilosophie. Und ein Kernaspekt ist: Geschäfte werden mit Menschen gemacht und dazu gehört der wertschätzende und respektvolle Umgang mit den Mitarbeitern und den Kunden. Eine weitere Stärke von uns ist, dass die Innovation stark mit dem Wachstum gekoppelt ist.“

Großbrand 2018 wirft das Unternehmen nur kurz zurück

Als größte Stärke nennt Scannell seine Mitarbeiter. „Sie gehen gerne die Extrameile für das Unternehmen. Das zeigte sich auch beim Großbrand 2018, als unsere Halle mit einer Beschichtungsanlage abbrannte. Innerhalb von vier Wochen haben wir wieder angefangen zu liefern, dank des unermüdlichen Einsatzes unserer Leute. Wir haben beim Wiederaufbau den Maschinenpark modernisiert, die Produktion linear gestaltet und damit optimiert.“

De Nora Deutschland hat seit 1998 ihren Sitz in Rodenbach. Der charakteristische grüne Schriftzug an der Produktionshalle ist schon von Weitem zu sehen.
De Nora Deutschland hat seit 1998 ihren Sitz in Rodenbach. Der charakteristische grüne Schriftzug an der Produktionshalle ist schon von Weitem zu sehen. © Axel Haesler

De Nora ist am Standort Rodenbach spezialisiert auf die Industrialisierung, den Pilotanlagenbau und kundennahe Entwicklungen. Die Weiterentwicklung und Produktoptimierung sowie gemeinsame Entwicklungen mit der Großchemie stehen dabei im Blickpunkt. „Unser Alleinstellungsmerkmal ist die Kombination aus ausgezeichneter Beschichtung, mit vorausdenkender kundennaher Entwicklung und unser Know-how. Wir können schnell reagieren, haben ein internationales, krisenfestes Firmennetzwerk, das sich gegenseitig unterstützt, unsere mechanische Fertigung und chemischen Kenntnisse führen zu einer nachweislichen Produktqualität“, zählt Dr. Robert Scannell auf. Aus seiner Sicht bietet der Standort viele Vorteile, auch im Hinblick auf regionale Firmen. „Wir können hier auf qualifizierte Zulieferer zugreifen. Wir werden sehr gut unterstützt von der lokalen Infrastruktur, vom Kunststoffschweißer bis hin zu Anlagen- und Ofenbauer. Wir setzen auf eine lokale Lieferkette, wo es möglich ist. Daher bevorzugen wir bei der Vergabe von Aufträgen lokale und regionale Firmen, da sie zuverlässig sind und uns sofort unterstützen, wenn etwas zu reparieren ist.“

Optimistischer Blick in die Zukunft

Für die Herausforderungen der Zukunft ist das Unternehmen gut aufgestellt. Die Hauptanwendungsfelder Elektrodentechnologie, Wasseraufbereitung/Wasserbehandlung und Energiewende laufen sehr gut. Im Wachstumsfeld Wasserstoff ist De Nora auch dank einer 34-prozentigen Beteiligung an thyssenkrupp nucera führend im Bereich Elektrolyseure für die Wasserstoffherstellung für Großanlagen. De Nora fertigt für thyssenkrupp nucera Zellen für die Gewinnung von grünem Wasserstoff im Gigawattbereich. „Wir haben untereinander sehr gut funktionierende Lieferketten. Die viel beschworene Energiewende wird an uns und unseren Elektroden jedenfalls nicht scheitern“, sagt Scannell verschmitzt mit seinem feinen irischen Humor.

Bei allem technischen Fortschritt spielt auch Handarbeit weiter eine essenzielle Rolle bei De Nora.
Bei allem technischen Fortschritt spielt auch Handarbeit weiter eine essenzielle Rolle bei De Nora. © Privat

Für die eigene Energieversorgung hat das Unternehmen vorgesorgt. Auf den Dächern der Produktionshallen sind Solarzellen mit einem Megawatt Leistung installiert. „Wir planen zudem einen weiteren Umbau unserer energieintensiven Öfen von Gas auf Wasserstoff. In diesem Jahr tauschen wir einen alten Ofen gegen eine neue energieeffiziente Generation mit dreifacher Kapazität bei halbem Energieverbrauch aus. Und so modernisieren wir unseren Standort klimafreundlich Stück für Stück“, kann Robert Scannell zuversichtlich nach vorne blicken.

Dr. Jörg Wetterau

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