Nach der Elternzeit plant Pfarrerin Lisa Henningsen neue familienfreundliche Gottesdienste

Nach einem Jahr Elternzeit ist Pfarrerin Lisa Henningsen wieder zurück im Pfarrdienst in der Kirchengemeinde Rodenbach. Vor ein paar Wochen wurde sie in einem feierlichen Gottesdienst in das Amt als „Pfarrerin auf Lebenszeit“ eingeführt. Erwartungsgemäß, muss man hinzufügen, denn dass der Gemeindevorstand nach dem dreijährigen Probedienst ihrer Bewerbung als Gemeindepfarrerin nicht entsprechen würde, das war in der Tat nicht zu befürchten.
Rodenbach – Dennoch ist eine große Freude über das besondere und einmalige Ereignis der Amtseinführung zu spüren. Diese hat sich durch Elternzeit und Pandemie etwas verzögert. Pfarrerin Henningsen – nun zweifache Mutter – ist mit ihrer Familie gut durch das vergangene Jahr gekommen. Sie kennt aber auch schwere Geschichten in der Gemeinde, die Zeit und Raum brauchen – und Begleitung, der sie als Pfarrerin gerecht werden möchte. „Andererseits birgt auf Gemeindeebene die Pandemie die Chance, mit anderen Gottesdienstformaten neue Wege zu gehen.“
„Kirche kunterbunt“ geplant ab 2022
Neue Ideen wie ein Tauffest oder Abendspaziergänge finden Zustimmung. Neu wird 2022 der „Familiensonntag“ an jedem dritten Sonntag im Monat sein. In den geraden Monaten findet weiterhin die Familienkirche für Kinder ab null Jahren mit ihren Familien statt. In den ungeraden Monaten gibt es nun die „Kirche kunterbunt“. Dieses Gottesdienstformat baut auf der Familienkirche auf und richtet an Kinder im Grundschulalter mit ihren Familien.
Zu „Klage und Bittruf“ können größere Kinder beispielsweise das, was ihnen das Herz schwermacht oder was ihnen Freude bereitet, in eigene Worte fassen. „Sprachfähig werden im Glauben und Halt darin finden, erfahren, wie ich in Kontakt treten kann mit Gott, darin geht es uns in diesen Gottesdiensten“, sagt sie.
Der erste Familiengottesdienst wird am 16. Januar stattfinden. Er ist offen für alle, er wird sich am Kirchenjahr orientieren und dabei Themen ansprechen, die für Kinder relevant sind.
Vorfreude auf Martinsumzug
Zunächst aber darf sich die Pfarrerin auf den traditionellen Martinsumzug freuen, der in Rodenbach ökumenisch gefeiert wird und zu den Gottesdiensten gehört, die am besten besucht sind. Auch in diesem Jahr spielen die Drittklässler wieder die Martinsgeschichte und bringen Familie und Freunde zum Umzug mit.
Innerhalb des Pfarrteams wird Henningsen ihren Fokus weiterhin auf Familienkirche und -gottesdienste legen. Für den Religionsunterricht in der Grundschule nimmt sie sich Raum. „Das macht mir Spaß. Ich nehme viel mit von Kindern und fühle mich bereichert“, sagt die Pfarrerin, die augenblicklich die Geschäftsführung der Kirchengemeinde innehat. An dieser Aufgabe hängt nicht ihre Leidenschaft, wie sie gesteht, sehr viel lieber würde sie das knappe Zeitbudget einer halben Pfarrstelle für die Menschen, die seelsorgerische Hilfe brauchen, zur Verfügung haben.
Berufswunsch seit Kindertagen
Denn Pfarrerin zu sein, das ist für Henningsen ein Wunsch seit Kindertagen. Sie hat sich im Kindergottesdienst und im kirchlichen Ehrenamt immer gut aufgehoben gefühlt, sagt die 39-Jährige, wenn sie an ihre Kindheit in Großauheim zurückblickt. Nach dem Abitur hat sie zunächst soziale Arbeit studiert, doch hier fehlte eine übergeordnete Dimension. Sie erinnerte sich wieder an ihren ursprünglichen Berufswunsch. Nach Studium und Vikariat wurde sie 2016 nach Rodenbach entsandt. Der Start sei turbulent gewesen, eine Herausforderung, direkt in der Hochsaison vor Weihnachten, erinnert sie sich.
Beschaulicher Wiedereinstieg
Der Wiedereinstieg als Gemeindepfarrerin im Mai 2021 hingegen war geradezu ruhig und beschaulich. Zu der Zeit durften noch keine Gottesdienste gefeiert werden. Auch am Pfarrhaus hat kaum jemand geklingelt. Hier werden schon mal Spenden für den „Lebensmittelkorb“ abgegeben oder es wird um ein Gespräch gebeten. „Als hätten sich alle in ihren Kokon zurückgezogen“, beschreibt Henningsen die Ruhe.
Lebensmittelkorb stark gefragt
Doch es gibt auch schwere Geschichten. „Wir werden gebraucht als Pfarrteam. Wir sehen beispielsweise auch, dass wir beim Lebensmittelkorb dreimal so viel Zulauf haben. Das zu bewältigen bringt uns nahezu an die Grenzen. Wir wollen niemanden wegschicken und können gleichzeitig unsere Ehrenamtlichen nicht überstrapazieren.“
Als Pfarrerin hat Lisa Henningsen sich für das Familienmodell der Evangelischen Landeskirche Kurhessen-Waldeck entschieden und tritt „nur“ eine halbe Pfarrstelle an. „Ich sehe, dass ich mit zwei Kindern zuhause mehr gefordert bin. Bei einer vollen Stelle steht fast jeden Abend ein Termin im Kalender. Das will ich meiner Familie nicht zumuten.“ (Von Ulrike Pongratz)