Rodenbacher Parlamentsfernsehen wird seit der Einführung Ende 2021 rege genutzt

Seit dem 9. September 2021 werden die Sitzungen des Rodenbacher Gemeindeparlaments live übertragen. Ein Jahr später wurde die Übertragung je einer Ausschuss-Sitzung hinzugenommen. Eine Entscheidung, die absolut ins Schwarze traf, wie die Zahlen zeigen, die unserer Redaktion von dem Produzenten des Parlaments-TV und Inhaber von ptv.medienkompetenz Film und Medien e.K., Boris Kreuter, vorgelegt wurden.
Rodenbach – Die erste Übertragung verzeichnete bereits insgesamt 334 Zuschauer – zusammengefasst von den Streaming-Plattformen Youtube, Facebook, Vimeo und der Webseite des Parlaments-TVs. Auch die Sitzung zur Einbringung des Haushalts 2022 im Dezember kam auf 367 Zuschauer, sodass Kreuter im Jahr 2021 durchschnittlich 866 Abrufe der Videoaufzeichnungen sowie -berichte und Interviews verzeichnen konnte. Im Jahr 2022 beliefen sich die durchschnittlichen Zuschauerzahlen vor den Bildschirmen auf 283 Personen.
Ausreißer war die Sitzung vom 7. April 2022 mit 559 Zuschauern, in der der Tagesordnungspunkt „Änderungsbeschlüsse bezüglich des Neubaugebietes Südlich der Adolf-Reichwein-Straße“ wohl die Zuschauer vor die Bildschirme gelockt haben könnte. Die am 22. September erstmals live übertragene Sitzung des Haupt, Finanz- und Sozialausschusses, in der es unter anderem um die Vorstellung des On-Demand-Projektes ging, konnte auch 350 Zuschauer verzeichnen. Ähnlich hohe Zahlen zeichneten sich zur Sitzung der Gemeindevertretung im November vergangenen Jahres ab, in der 431 Zuschauer unter anderem die Vorstellung der Haushaltssatzung für 2023 sowie das Investitionsprogramm 2022 bis 2026 verfolgten.
Live-Übertragungen werden im Schnitt von rund 300 Zuschauern verfolgt
Laut der Analysen von Kreuter wurden die Videoaufzeichnungen und -berichte zu sieben Sitzungen im Durchschnitt 9032-mal abgerufen. „Die Zuschauerzahlen sind gut“, bilanziert er rund eineinhalb Jahre nach der Einführung. Fast jeder Rodenbacher wisse inzwischen von der Möglichkeit, die Sitzungen am Bildschirm verfolgen zu können. „Generell zeigt mir das Format, das zirka zehn bis 20 Prozent der gesamten Bevölkerung in jeder Stadt und Gemeinde regelmäßig an den Themen der Sitzungen (zum Beispiel der Gemeindevertretung und den Ausschüssen) interessiert sind“, wirft Kreuter einen Blick auf das Parlaments-TV allgemein.
Teil des Demokratie- und Rechtsstaatsprinzips
Auch für Bürgermeister Klaus Schejna (SPD) ist es ein „voll und ganz gelungenes Projekt“. Generell sei der Schritt eine Reaktion auf das veränderte Informations- und Kommunikationsverhalten. „Es ist unsere Aufgabe, Politik transparent und Lust auf lokale Demokratie zu machen. Politik über ein Medium wie Facebook und Youtube näherzubringen, war genau das Richtige“, ist Schejna überzeugt. Vor allem die Möglichkeit, sich die Sitzungen später nochmals anschauen zu können, erhalte die politischen Entscheidungen für die Nachwelt. „Solch ein Archiv hat eine ganz andere Qualität und ist Teil des Demokratie- und Rechtsstaatsprinzips.“ Die Zuschauerzahlen hätten ihn positiv überrascht, wie er unserer Zeitung am Telefon erzählt und das Feedback sei durchweg positiv. „Die Leute können bei Themen nachfragen und haben die Möglichkeit zur Teilhabe.“ Da die Hauptarbeit in den Ausschüssen laufe, seien auch diese Sitzungen in der Ausstrahlung hinzugekommen. Angedacht sei, das nun zusätzlich auf die Bürgerversammlung zu erweitern.
Auch die anderen Fraktionen sowie der fraktionslose Volker Herold ziehen auf Nachfrage unserer Zeitung ein positives Fazit. „Während früher nur ganz selten mehr als ein paar einzelne Zuschauer die Debatten verfolgten, ist heute ein deutlich höheres Interesse nachweisbar“, äußert sich Jan Lukas als Fraktionsvorsitzender der SPD. „Mit dem Parlaments-TV haben wir damit unsere Zuschauerzahlen etwa verhundertfacht.“ Vorteilhaft sei vor allem, dass auch im Nachgang angeschaut werden könne, „wie Debatten tatsächlich verlaufen sind und wer sich wie geäußert beziehungsweise positioniert hat.“
Fraktionen begrüßen Transparenz und sehen große Vorteile in Archivfunktion
Auch Michael Kempf, Fraktionsvorsitzender der FDP, sowie Stephan Loquai, Sprecher der Grünen, begrüßen den Schritt und die einhergehende Transparenz. Die CDU, die den Antrag zur Einführung damals ablehnte und dieser kritisch gegenüberstand, hat ihre Sichtweise nun geändert. „Die seriöse Arbeit des Anbieters hat die Skepsis sehr schnell schwinden lassen. Die Fraktion sieht das Medium als sinnvoll an. Insbesondere die Archivfunktion ist für die parlamentarische Arbeit immer wieder von Nutzen“, schreibt CDU-Fraktionsvorsitzender Christian Schmidt in einer Stellungnahme. Aufgrund der geringen unmittelbaren Teilnahme der Bürger am politischen Geschehen seien die Einschaltquoten umso erfreulicher und würden zeigen, dass die Bereitschaft, politische Entscheidungen und Debatten zu verfolgen, von zu Hause aus weitaus größer sei. Volker Herold (fraktionslos) hegt darüber hinaus gar die Hoffnung, dass das Format das Engagement und den Willen der Bürger, sich einzubringen, fördern könne.
Ebenso einstimmig begrüßen die Fraktionen die Ausdehnung auf die Ausschusssitzungen und können auch von positiven Rückmeldungen aus der Bürgerschaft berichten. „Ich hatte durchaus schon gezielte Rückfragen zu unseren Anträgen von Leuten, die sich die Sitzungen im TV angeschaut haben und die nach eigenen Aussagen sonst nie eine Sitzung der Gemeindevertretung besucht hätten“, gibt Loquai (Grüne) Auskunft. Lukas (SPD) berichtet von Rückmeldungen vor allem zu eigenen Redebeiträgen. „Das war vorher nur selten der Fall.“
Auf die von unserer Zeitung gestellte Frage, ob es eine Veränderung in den Sitzungen sowie im Verhalten der Parlamentarier gegeben habe, teilen sich die Meinungen. Laut SPD-Fraktion habe sich recht wenig geändert. „Meist herrscht ein großer Konsens zwischen den Parteien, da es im Wesentlichen auch um wirkliche Sachthemen geht“, schreibt Lukas. Zwar werde das manchmal von den Oppositionsparteien anders dargestellt, könne aber mit einem Abruf der Sitzungen leicht nachgeprüft werden. Die anfänglichen Bedenken, dass sich manche Parlamentarier nicht ans Mikrofon trauen würden, hätten sich nach Meinung der SPD-Fraktion nicht bestätigt. Die CDU-Fraktion weist darauf hin, dass sie seit je her in seriöser Art und Weise arbeite. „Marktschreierei, offene Polemik oder gar bewusste Diffamierung der politischen Wettbewerber gehören nicht zu unserem Arsenal“, so Schmidt. Kempf (FDP) hingegen bemerkte Veränderungen. „Ja, Parteien und Fraktionen, die sich zuvor in der Presse und in den Sitzungen unterschiedlich geäußert haben, sind sich jetzt über die Tatsache bewusst, dass alle Debatten und Redebeiträge aufgezeichnet werden.“
In ihrer Stellungnahme fügen die Liberalen noch an, dass einzelne Stimmen der Fraktion das Angebot Parlaments-TV als nicht ganz billig bewerten würden. Daher sei es auf Wiedervorlage gelegt, um die Kosten zu einem späteren Zeitpunkt neu zu bewerten und Alternativen in den Blick zu nehmen. (Von Patricia Reich)