Vom Welttheater bis zum Porträt

Rodenbach – In Anwesenheit des Künstlers ist in der Villa Bergstraße 50 in Oberrodenbach die Ausstellung „Verzweigungen – Malerei und Zeichnung aus vier Jahrzehnten“ mit Arbeiten des Thüringer Malers Jost Heyder eröffnet worden. Die Ausstellung kuratiert Egbert Erbe, der bei der Vernissage am Dienstag auch in das Werk des Künstlers einführte. Musikalisch umrahmt wurde der Abend vom Musiker und Musikschul-Dozenten Peter Jäger an der „Hang Drum“, einem melodisch-perkussiven Musikinstrument aus der Schweiz.
Kurator Erbe präsentierte in seiner Rede vielfältige Schlaglichter zu den Verzweigungen des langen Schaffensweges Jost Heyders. „Einem Stamm gleich steht Heyder mit festen Füßen in der Welt und breitet dicke und kräftige Äste seines Schaffens aus. Es ist mir nicht möglich, allen Verzweigungen, allen kleinen und großen Verästelungen in dieser Einführung zu folgen und sie in genauen Details zu schildern. So beschränke ich mich auf die von mir willkürlich ausgewählten Aspekte: Mythologie, Welttheater, Landschaft, Porträt und Frauen“, erklärte Erbe.
Der 1954 in Gera geborene Maler und Grafiker Jost Heyder arbeitet freischaffend in Thüringen und gilt als Vertreter der jüngeren Generation der Leipziger Schule. Ab 1975 studierte er Malerei und Grafik an der Hochschule für Grafik und Buchkunst in Leipzig bei Arno Rink und Bernhard Heisig. Das Diplom erwarb er 1980.
Preisträger in der DDR
Er war erster Preisträger der Wettbewerbsausstellung von Kunsthochschulabsolventen der DDR an der Hochschule für Grafik und Buchkunst Leipzig. Mehrere Studienreisen ließen den Künstler ab 1981 die Welt bereisen. Kuba, Armenien, Georgien, Italien, Griechenland, Türkei und Namibia zählten zu seinen Reisezielen.
Von 1982 bis 1984 war er Meisterschüler an der Hochschule für Bildende Künste in Dresden bei Gerhard Kettner und erhielt 1987 einen Lehrauftrag an der Pädagogischen Hochschule Erfurt/Mühlhausen. Von 1989 bis 1991 war er dann Meisterschüler an der Akademie der Künste Berlin bei Wieland Förster.
2011 wurde sein Gemälde „Der Dom zu Erfurt“ als Geschenk des Landes Thüringen an Papst Benedikt XVI. überreicht. Die Liste der Ausstellungsorte des Künstlers ist umfangreich und beinhaltet zum Beispiel den Louvre in Paris, die East Side Gallery in Seoul sowie Galerien in Leipzig und Berlin. Jost Heyder ist Mitglied des Verbandes Bildender Künstler Thüringen e.V. und des Bundesverbandes Bildender Künstlerinnen und Künstler e.V. Er lebt in Erfurt und arbeitet in seinem Atelier in der Kunsthalle Arnstadt.
In der Rodenbacher Ausstellung können jene Verzweigungen nachempfunden werden, die sich aus seiner Vita hinweg entwickelten und in deren Schaffensperioden er sich den unterschiedlichsten Themen widmet. Heyder hat so über vier Jahrzehnte ein Werk geschaffen, „dessen handwerkliche, geistige und ästhetische Klasse heutzutage derart selten geworden ist, dass man lange suchen muss, um Vergleichbares zu finden“ stellte 2017 das Münchner Kunstmagazin „mundus“ in der Titelgeschichte seiner Jubiläumsausgabe über ihn fest. Gleichzeitig scheint Heyder auch Inspirationen aus Werken der Kunstgeschichte des 20. Jahrhunderts zu ziehen – von Künstlern wie Max Liebermann ebenso wie aus der Kunst von Oskar Kokoschka und Max Beckmann bis zu Pablo Picasso und Henri Matisse. Viele seiner Arbeiten zeichnen sich durch eine inspirierend lebendige Skizzenhaftigkeit aus. Seine Porträts wie Stadtlandschaften sind oftmals von geometrischen Formen bestimmt, wobei sie sich fast schlafwandlerisch sicher zwischen Licht und Schatten bewegen, sodass seine Werke oft kaum fassbaren Momentaufnahmen gleichen.
Erzählerische Fugenbilder
Bekannt ist Jost Heyder auch für seine phantasievollen und erzählerischen Figurenbilder, deren expressive Formen und Farbigkeit die bühnenartigen Kompositionen zu sprengen scheinen. Aber auch als Porträtist berühmter Persönlichkeiten hat sich der Maler und Grafiker einen Namen gemacht, wie zum Beispiel von Thomas Mann, Oskar Kokoschka und Günter Grass, deren Porträts ebenfalls in Oberrodenbach zu sehen sind.
Seine Frauenbilder wiederum reichen von poetisch-sinnlichen Akten bis zu feinfühlig empathischen Porträts, wie das von „Charlotte im blauen Mantel“ eine seiner persönlichen „Lieblingsarbeiten“, wie der Künstler im Gespräch mit unserer Zeitung bekannte. „Heyder ist als Künstler zugleich Mensch, Schöpfer, Subjekt und Objekt, Außenseiter und Mitmensch, der mit großer Empathie zu Werk geht. Er bespielt sein Welttheater, die künstlerische Gattung Malerei ist bei ihm Schauplatz, bietet sinnlichen Genuss und Magie. Imagination, Bildmetaphern, unerklärliche Szenen, Mehrdeutigkeiten machen das Erleben seiner Kunst sehr spannend und inspirierend“, schloss Egbert Erbe seine Einführung bei der Vernissage in seiner Villa in Oberrodenbach.
Öffnungszeiten
Ausstellung „Jost Heyder – Malerei und Zeichnung aus vier Jahrzehnten“ – Villa Bergstraße 50 (Nähe Naturfreundehaus) 63517 Rodenbach/Oberrodenbach. Öffnungszeiten: Donnerstag, 6. April, bis Montag, 10. April und Freitag, 14. April, bis Sonntag, 16. April jeweils 13 bis 18 Uhr – auch an den Osterfeiertagen. Eintritt frei. (Von Andrea Pauly)
