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Wilddieberei und Förstermorde: Ex-Revierförster berichtet

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Heinrich Denich war von 1965 bis 2004 Förster, zuletzt für das Forstamt Wolfgang. Archivfoto: Heinz Kleine-Rüschkamp
Heinrich Denich war von 1965 bis 2004 Förster, zuletzt für das Forstamt Wolfgang. Archivfoto: Heinz Kleine-Rüschkamp

Rodenbach. „Wilddieb in Rückingen gefasst“: Das meldet der HANAUER ANZEIGER am 11. Dezember 1905. Wilderer lebten sowohl in ferner und jüngerer Vergangenheit durchaus gefährlich.

Von Torsten Kleinerüschkamp

Wenn sie auf frischer Tat vom Förster erwischt wurden, mussten sie theoretisch damit rechnen, dass sie eine Kugel zwischen die Rippen gejagt bekamen.

„Die Förster waren früher Hilfsbeamte der Staatsanwaltschaft und hatten einen höheren Status als normale Polizeibeamte, weil die Förster ja alleine im Wald waren“, sagt Heinrich Denich. Heute sind die meisten Förster nur noch Angestellte. Das Berufsbild hat sich rechtlich stark gewandelt.

Der einstige Rodenbacher Revierförster spricht in einem Vortrag über das Thema „Wilddieberei und Förstermorde“. Der Vortrag findet statt am Dienstag, 8. Oktober, um 20 Uhr im Medientreff der Bücherei Rodenbach.

Täter nie gefunden

Denich kann aus einem reichen Erfahrungsschatz seines langen Berufslebens als Förster von 1965 bis 2004 schöpfen. Zuletzt war Denich im Forstamt Wolfgang tätig. „Ich hatte während meiner Ausbildung im Rheingau mit Wilddieberei zu tun, später auch noch im Westerwald“, erinnert er sich.

Aber auch hier im Spessart und im Bereich des Forstamtes Wolfgang sei Wilderei ein Thema gewesen. „In den 1970er Jahren haben wird immer wieder angeschossenes Wild gefunden. Die Täter haben wir aber nie gefunden“, sagt Denich.

„In den alten Forstrügebüchern standen einige Namen von Einwohnern aus heutigen Ortsteilen von Erlensee und Rodenbach, die der Wilderei verdächtigt wurden“, erklärt er. In Forstrügebüchern wurden alle Forstdiebstähle, Waldbeschädigungen und Jagdvergehen notiert.

Der ehemaliger Förster hat einen Powerpoint-Vortrag mit 30 Folien vorbereitet. Natürlich wird in dem Vortrag der Erzwilderer Johann Adam Hasenstab (1716 bis 1773) eine Rolle spielen, ist der noch bis heute als „Robin Hood des Spessarts“ eine Berühmtheit.

"In der Notwehr erschossen"

Da er gegen die Mainzer kurfürstlichen Anordnungen verstieß, musste er im Spessartwald bei Schollbrunn durch eine Kugel des kurmainzischen Revierförsters Johann Sator sterben. Das Standardwerk über „Wildieberei und Förstermorde“ von Kriminalhauptkommissar Otto Busdorf (1878 bis 1957) wird bei dem Vortrag eine wichtige Rolle spielen.

In einem Auszug über Busdorfs im Internet veröffentlichter einstiger Personalakte heißt es: „Busdorf sei etwa15 Jahre fortgesetzt mit der Aufklärung besonders schwieriger Verbrechen außerhalb Berlins beauftragt gewesen. Große Lebensgefahr, vorbildlicher Mut, Unerschrockenheit, gute Resultate. Eine Reihe von Wilddieben (Mörder) im Nahkampf und in der Notwehr erschossen.“

Walter Geppert vom Verein Freundeskreis Medientreff der Bücherei Rodenbach schreibt über die Vortragsveranstaltung: „Über die Wilderei in unseren Wäldern wurde viel Wahres und noch viel mehr Unwahres verbreitet. Als den Bauern im Mittelalter das Privileg des selbständigen Jagens genommen und auf den Adel übertragen wurde, veränderte sich das Jagdverhalten.“ Vielen Menschen seien heute die Geschichten des Wildschütz Georg Jennerwein bekannt, der im königlich-bayerischen Forst um den Schliersee herum sein Unwesen trieb. Im Glauben, den Armen wird's genommen und den Reichen wird's gegeben, erwarben Wilderer in der Bevölkerung einen Kultstatus, der sich bis heute erhalten hat.

Wichtiges Signal

Bis heute ist Wilderei ein Thema, wenn auch unter anderen Vorzeichen. Im vergangenen Monat ist beispielsweise ein Wilderer aus dem Bayerischen Wald verurteilt worden.

Richter und Staatsanwältin hatten keine Zweifel: Ein Jäger aus dem Bayerischen Wald hat einen streng geschützten Luchs in eine Falle gelockt und erschossen. Für dieses Vergehen gegen das Bundesnaturschutzgesetz muss er nun eine Geldstrafe und die Kosten des Verfahrens zahlen.

Naturschutzverbände sehen in dem Urteil des Amtsgerichtes Cham ein wichtiges Signal für den Schutz bedrohter Arten. „Das Gericht hat deutlich gemacht, dass Wilderei kein Kavaliersdelikt ist“, sagte Diana Pretzell vom WWF. Das hatte zuvor auch die Staatsanwältin betont, heißt es in einer Meldung der Deutschen Presseagentur. Zeugen sollen den Angeklagten schwer belastet haben. Ihnen habe der 54-Jährige von seinen Wildereien berichtet, sagten sie.

Gemeinsame Erklärung gegen Wilderei

Umweltverbände forderten vom Freistaat Bayern eine „Anti-Wilderei-Offensive“. Am Mittwoch hatten der Bayerische Jagdverband, der Landesbund für Vogelschutz und der WWF Deutschland in Regensburg eine gemeinsame Erklärung gegen Wilderei und Artenschutzkriminalität unterzeichnet.

Wilderei gehöre zu den häufigsten nicht natürlichen Todesursachen von bedrohten Tierarten wie Wolf, Luchs oder Fischotter, soll Pretzell nach dem Urteil gesagt haben.

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