Katharina Bärenfänger ist Pfarrerin in Marköbel und nun auch in Hüttengesäß

Es regnet Bindfäden am Erntedank-Sonntag und ein frischer Oktoberwind droht, die Kerzen auf dem Altar auszublasen. Auf dem Rathausplatz in Hüttengesäß ist „Latwergefest“ und im offenen Zelt wird Gottesdienst gefeiert. Pfarrerin Katharina Bärenfänger ist fröhlich gestimmt: „Wie schön, dass wir heute an Erntedank in Hüttengesäß Latwergefest feiern“, sagt sie.
Hammersbach/Ronneburg – In Marköbel gäbe es ja kein Latwergefest, dafür habe sie am Tag zuvor mit 40 Kindern „auf dem Feld und im Ort Obst und Gemüse geerntet und gesammelt“.
Auf dem Ronneburger Rathausplatz hängt über dem Altar mit dem schlichten Holzkreuz eine riesige Krone, gebunden aus Getreidehalmen mit Ähren. Während ihrer Predigt hält die Pfarrerin eine große Kartoffel in der Hand. Sie erzählt vom Grabeland ihrer Großmutter, ihrem Staunen als Kind über die Fülle an Knollen, die sie aus dem Boden hervorholte. Einige Gottesdienstbesucher nicken zustimmend und tun es im Verlauf der Predigt noch mehrmals. Es geht um Zufriedenheit mit dem, was die Natur uns schenkt und um Dankbarkeit für eine reiche Ernte, die nicht nur in Menschenhand liege.
Seit dem 1. September ist Katharina Bärenfänger Pfarrerin in Hüttengesäß. Ihr Einstieg gestaltete sich bunt und schön: Zwei Einschulungsgottesdienste, eine dreitägige Konfifahrt, ein Sonntagsgottesdienst, eine Taufe, eine Beerdigung und zwei Hochzeiten gleich in den ersten beiden Wochen. Zugleich wird Bärenfänger mit einer halben Pfarrstelle in Marköbel bleiben. „Das passt gut zusammen“, blickt sie optimistisch in die Zukunft.
Zwischen den unmittelbar benachbarten Orten liegt nur ein Hügel. Es bestehen bereits viele Kontakte zwischen beiden Gemeinden. „Man schätzt sich gegenseitig, es besteht eine große Offenheit und Freude von beiden Seiten. Man lädt sich gegenseitig ein. „Das schon jetzt zu erleben, freut mich als Pfarrerin beider Gemeinden sehr“, sagt Bärenfänger. Zum Beispiel gibt es in Marköbel und Roßdorf die alte Tradition, an Himmelfahrt in der Hirzbacher Kapelle Gottesdienst zu feiern. In diesem Jahr haben Hüttengesäßer den Gottesdienst mitgestaltet. „Und so wünsche ich mir, dass die Traditionen der kleineren Kirchengemeinden in unserer Region weiterhin gepflegt werden.“
Die evangelischen Kirchengemeinden Hüttengesäß, Marköbel und Neuberg gehören zu einem Kooperationsraum und wollen auch in Zukunft zusammenarbeiten. So soll es am Reformations-Sonntag von Hüttengesäß aus einen Fahrdienst nach Marköbel zum gemeinsamen Gottesdienst geben.
Nach dem Start der ‚neuen Pfarrerin’ mit einer Gruppe aus zehn Konfirmanden und acht Konfi-Helferinnen ging es zusammen mit Pfarrer Daniel Geiss aus Neuberg auf Konfifahrt: „Wir waren auf dem Himmelsfels in Spangenberg. Die Jugendlichen haben sich sofort als eine Gruppe verstanden, es sind direkt Freundschaften entstanden.“
Mit Hüttengesäß übernimmt Bärenfänger nach Marköbel wiederum „eine kleinere Landgemeinde“, in der mitten durch die politische Gemeinde die landeskirchliche Grenze verläuft. In Ronneburg gehören Hüttengesäß und Neuwiedermuß zum Kirchenkreis Hanau und damit zu Kurhessen-Waldeck, der Ronneburger Ortsteil Altwiedermus dagegen ist der Evangelischen Kirche Hessen-Nassau zugeordnet. In Marköbel, das mit Langen-Bergheim zu Hammersbach gehört, ist Bärenfänger seit dem 1. Januar 2018 Pfarrerin. Bereits ihr Vikariat absolvierte sie im Kirchenkreis Hanau, in Maintal-Dörnigheim, und hatte mehrere Jahre in Maintal-Hochstadt einen Predigtauftrag inne. In den Jahren 2020 bis 2022 übernahm sie eine halbe Pfarrstelle in Rodenbach mit Schwerpunkt Konfirmandenarbeit, um die dort entstandene Vakanz zu überbrücken.
„Ich liebe das Leben als Gemeindepfarrerin. Zuvor war ich mehrere Jahre in der universitären Lehre und theologischen Wissenschaft aktiv und beschäftige mich bis heute immer wieder einmal intensiver mit Martin Luther und seinen Kindern.“
Nach dem Studium der Evangelischen Theologie in Göttingen und Heidelberg arbeitete die gebürtige Nordhessin zunächst als wissenschaftliche Assistentin am Lehrstuhl für Reformationsgeschichte bei Prof. Dr. Volker Leppin in Jena und Tübingen. Ihr Forschungsschwerpunkt und Dissertationsthema: „Martin Luther und seine Kinder: Die Korrelation von Biografie und Theologie“.
„Ja, ich bin gerne Pfarrerin auf dem Lande. Ich finde es sehr wichtig, dass unsere kleineren Kirchengemeinden einerseits ihre Eigenständigkeit und Traditionen bewahren und andererseits mit einem Blick über den eigenen Kirchtum hinaus, zusammen mit anderen Christinnen und Christen unserer Region ihren Glauben fröhlich leben. Ich empfinde diese beiden Kirchengemeinden als etwas sehr Kostbares, das mir anvertraut wurde.“
In Hüttengesäß entdeckt die Pfarrerin ein vielfältiges Gemeindeleben mit einem großen ehrenamtlichen Engagement, mit viel Eigeninitiative, innovativen Projekten und einem großen Herz für Jugendliche. Anders als in vielen Gemeinden haben hier die evangelische Gemeinschaft und die Kirchengemeinde zusammengefunden. So langsam kommen nach der langen Corona-Pause die Veranstaltungen wieder in einen regelmäßigen Rhythmus: das Männer- und Frauen-Frühstück beispielsweise oder das SonntagsCafé. Das Gemeindehaus besitzt einen beeindruckenden Jugendraum, doch noch wird händeringend ein Jugendarbeiter gesucht, der mit Kindern und Jugendlichen eine mit Glaubensinhalten gefüllte Arbeit gestalten kann.
Nach dem Gottesdienst auf dem Rathausplatz gibt es Flammkuchen und man unterhält sich. Die Pfarrerin ist mittendrin. „Schön war der Gottesdienst. Vielen Dank“, verabschieden sich die Gottesdienstbesucher persönlich an ihrem Tisch. (Von Ulrike Pongratz)