Bauamtsleiter Dieter Ertl hat sich in den Ruhestand verabschiedet

Von entspannten letzten Arbeitstagen kann bei Dieter Ertl keine Rede sein. Auch kurz vor seinem Ruhestand steht das Telefon in seinem Büro in der Gemeindeverwaltung nicht still. Und obwohl er seit dem 31. März offiziell in die Rente eingetreten ist, wird er auch weiterhin ab und an zur Verfügung stehen müssen, denn bisher ist noch kein Nachfolger für ihn gefunden worden.
Ronneburg – Kein Wunder, denn als Leiter des Bauamtes und des Bauhofes sowie als Geschäftsführer des Abwasserverbandes „Oberer Fallbach“ ist die Arbeit doch sehr umfangreich, wie Ertl es formuliert. „Mein Nachfolger hat nach vier Wochen aufgehört, jetzt laufen weitere Bewerbungsgespräche“.
Der Verwaltungsangestellte wurde in Neuwiedermuß geboren und lebt auch heute noch dort. „Bei der Stadt Hanau habe ich gelernt und ein paar Jahre weiter dort gearbeitet“, fasst der 64-Jährige zusammen. Seine Arbeit im Ronneburger Rathaus trat er am 1. Februar 1979 an. Doch der Start an der neuen Arbeitsstelle verlief etwas holprig. „Genau zwei Tage später musste ich ins Krankenhaus und fiel für sechs Wochen aus. Im Juni war ich dann nochmals zwei bis drei Wochen im Krankenhaus“, erinnert er sich mit einem Kopfschütteln. „Da habe ich mir gesagt, ‘du hast der Gemeinde was zurückzugeben, warst ja kaum da’.“
43 Jahre lang im Dienst für die Gemeinde
Das hat Ertl sich zu Herzen genommen und arbeitete 43 Jahre lang auch manchmal über seinen Feierabend hinaus, damit der Ort „vernünftig aussieht“.
Zunächst war Ertl für die Bereiche Sozialwesen, Friedhof, Standesamt und Rentenanträge zuständig. Anfang der 90er-Jahre unter Bürgermeister Friedhelm Kleine wechselte er ins Bauamt. Anfangs sei es nicht einfach gewesen, sich mit dem neuen Themenfeld auseinanderzusetzen. „Aber ich habe viele Fortbildungen gemacht über die Jahre und ein großes und gutes Netzwerk mit Kollegen aus dem Main-Kinzig-Kreis, Hanau und der Wetterau aufgebaut.“ Mittlerweile, fügt Ertl hinzu, sei es aber kleiner geworden. „Viele sind bereits im Ruhestand.“
Arbeit hatte positive Ergebnisse
Da er im Bauamt quasi ein Einzelkämpfer war, sei es stets seine Bemühung gewesen, „immer korrekt zu sein und wenig Fehler zu machen“. Im Gegensatz zu der Arbeit der Kollegen in größeren Kommunen, die auf mehreren Schultern verteilt ist, habe er viele Aufgaben übernehmen müssen.
„Meine Arbeit besteht aus dem Bau- und dem Verwaltungswesen. Viele Bürger und selbst Politiker können sich gar nicht vorstellen, wie umfangreich das alles ist und was es alles zu beachten gibt“, merkt Ertl an. Die Arbeit, die hinter dem Ganzen stecke, werde von vielen gar nicht gesehen. Mit Blick auf die enorm gestiegenen Preise würde Ertl es besser finden, eine Verwaltung wie ein Unternehmen zu führen. Wenn eine Erhöhung anstehe, dann müsse die sein und darüber sollte nicht lange diskutiert werden, ist er der Meinung. „Der Bürger will eine Straße, die in Ordnung ist, aber die muss finanziert werden.“ Außerdem würde er sich wünschen, dass die Bürger anerkennen, was das Bauamt leistet, denn alles was gemacht wurde, auch wenn es auf den ersten Blick manchmal nicht ersichtlich war, habe sich stets positiv auf die Gemeinde ausgewirkt.
Fallbach ist heute glasklar
Ein wenig stolz erzählt Ertl von seinen Erfolgen als Geschäftsführer des Abwasserverbandes „Oberer Fallbach“: „Bei der Kläranlage konnte ich relativ allein arbeiten und wirtschaften. Es bildete sich eine gute Rücklage, die dann für die Sanierung der Anlage verwendet wurde und auch die Renaturierung des Fallbachs konnte damit finanziert werden.“ Vor allem bei dem letztgenannten Projekt seien die Erfolge sichtbar: „Als ich ein Kind war, war der Fallbach eine braune Brühe, heute ist er glasklar. Wir haben viel für die Gewässer hier getan.“
Die größte Veränderung im Laufe seiner Amtsjahre war die Digitalisierung. „Sie hat vieles erleichtert“, erklärt Ertl, fügt aber etwas kritisch hinzu: „Wenn nach dem Urlaub aber 300 Mails auf eine Antwort warten, da war man erst mal damit beschäftigt, statt mit der eigentlichen Arbeit.“ Doch wenn Bürger sich an ihn wandten und auf Mängel hinwiesen, sei der Bauamtsleiter stets dankbar dafür gewesen. „Ich fand es nie schlimm, wenn Bürger sich beschwerten, denn Mängel müssen beseitigt werden und unsere Augen sind nicht überall.“
Besonders gut fand Ertl es, dass er selbstständig arbeiten und auf manche Sachen Einfluss nehmen konnte. Vor allem früher konnte er gestaltend tätig sein, wie er es formuliert. So konnte er in früheren Zeiten den ein oder anderen Bauherrn von roten statt schwarzen Ziegeln überzeugen. „Am meisten Spaß hat es mir gemacht, in der eigenen Kommune zu arbeiten und zu sehen, dass vieles besser wird. Ich war in der Lage, dazu beizutragen.“
Viele Baulücken wurden geschlossen
Eine erfreuliche Entwicklung nahm für ihn der damalige Leerstand von vier Gehöften in Neuwiedermus. „Es ist uns gelungen, den Leerstand zu beseitigen, ohne dass das Dorfbild strukturell verändert wurde.“ Generell habe man viele Baulücken schließen können. Ein wahrer Glücksfall sei es auch gewesen, dass die Mietshäuser in Hüttengesäß von einem Investor übernommen wurden, der diese sanierte und weiterhin für Mieter mit geringem Einkommen zur Verfügung stellte. „Es ist schön zu sehen, dass es auch solche Investoren gibt. Während der großen Flüchtlingswelle konnten wir dort viele Asylbewerber unterbringen.“
Das Thema Wohnraum, da ist sich Ertl sicher, werde auch seine Nachfolger noch beschäftigen. „Der Wert des Bodens muss viel mehr geschätzt und anders beurteilt werden.“, betont er. Auch über die Trockenheit macht er sich so seine Gedanken. „Viele Brunnen sind fast leer. Da muss ein Umdenken stattfinden. Rasen mit Trinkwasser gießen geht einfach nicht. Toiletten könnten zum Beispiel mit Regenwasser gespült werden.“
Solche Problematiken nehme man in der Verwaltung viel eher wahr. Doch das alles zu lösen liege nicht mehr in seinen Händen. Dieter Ertl hat jetzt andere Pläne: „Solange noch kein Nachfolger da ist, werde ich noch ab und an in die Verwaltung kommen, wenn etwas bearbeitet werden muss. Und sobald jemand eingestellt ist, werde ich ihn einarbeiten.“
Viele Pläne für den Ruhestand
Und auch Langfristig will er noch einige Pläne in Angriff nehmen: „Wir haben zwei Pferde, um die ich mich kümmere. Außerdem habe ich einen Nutzgarten angelegt, den ich erweitern werde.“ Neben einem großen Kartoffelbeet will er noch mehr Gemüse anpflanzen. „Spinat aus dem eigenen Garten schmeckt einfach besser“, sagt Ertl schmunzelnd. Auch am Haus sei noch einiges zu tun und dann gebe es noch seinen Verein, den Reit- und Fahrverein Ronneburger Hügelland, dessen Vorsitzender er seit über 40 Jahren ist. Außerdem ist er noch stellvertretender Ortsgerichtsvorsteher. „Langweilig wird es mir nicht.“ (Von Patricia Reich)