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Ronneburger Gemeindevertretung stellt sich gegen Neuzuteilung der Landtagswahlbezirke

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Von: Patricia Reich

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Laut Vorschlag der Wahlkommission des Landes Hessen sollen Ronneburg, Gründau und Wächtersbach bei der nächsten Landtagswahl der Wetterau zugeordnet werden.
Laut Vorschlag der Wahlkommission des Landes Hessen sollen Ronneburg, Gründau und Wächtersbach bei der nächsten Landtagswahl der Wetterau zugeordnet werden. © REPRO: Abschlussbericht der 20. Wahlperiode der Wahlkreiskommission im Hessischen Landtag/Statistisches Bundesamt/Geobasis DE

Zum Ende der vergangenen Woche positionierte sich die SPD Main-Kinzig in einer Pressemitteilung klar gegen die Pläne der Wahlkreiskommission der Landesregierung, die Wahlkreise für die Landtagswahlen neu zu sortieren. Auch der Main-Kinzig-Kreis schließt sich in einer Pressemitteilung der Kritik an. Den Plänen der Landesregierung nach sollen Ronneburg und Gründau (beide Wahlkreis 40) sowie Wächtersbach (Wahlkreis 42) in Zukunft in den Wahlkreis Wetterau II integriert werden.

Ronneburg/Main-Kinzig-Kreis – Hintergrund der Neuzuordnung ist, dass Wahlkreise stets eine annähernd gleiche Anzahl an Wahlberechtigten haben sollen, damit die Chancen der Bewerber für ein Direktmandat auch gleich groß sind.

„Das ist eine suboptimale Vorgehensweise“, sagte der Ronneburgs Bürgermeister Andreas Hofmann (SPD) auf der jüngsten Sitzung der Gemeindevertretung. „Wir orientieren uns an Gelnhausen und an Hanau und haben mit der Wetterau wenig Berührungspunkte. „Ein Neuzuschnitt, der die traditionelle und über ein halbes Jahrhundert eingeübte Zusammenarbeit quasi über Nacht über den Haufen wirft, kann doch nicht die Zukunft sein.“

Nachhaltigkeit der Reform fraglich

Auch gebe es in der Dienstauffassung enorme Unterschiede. Diese führt der Main-Kinzig-Kreis in einer offiziellen Stellungnahme aus und benennt den Landes- und Schulentwicklungsplan, den Nahverkehrsplan und die Sozialplanung als Beispiele. All dies sei am Main-Kinzig-Kreis orientiert.

Andreas Hofmann, Bürgermeister von Ronneburg und Unterbezirksvorsitzender der SPD Main-Kinzig
Andreas Hofmann, Bürgermeister von Ronneburg und Unterbezirksvorsitzender der SPD Main-Kinzig © PM

„Wir sehen unsere Repräsentation als Bürger und als Kommune gegenüber der Landesregierung gefährdet, wenn man ‘die Burg’ in ‘die Wetterau’ verfrachtet. Die Burg Ronneburg steht für den Main-Kinzig-Kreis und die Rhein-Main-Region. Alleine dieses Bild zeigt das Befremden, welches ein solcher Wahlkreiswechsel für uns bedeutet“, führt Hofmann aus und weiter: „Für unserer Bürger wäre es überaus komisch, wenn sie von Wetterauer Abgeordneten vertreten werden, obwohl sie im Main-Kinzig-Kreis wohnen.“

Weiterer Kritikpunkt an dem Vorhaben ist die Frage der Nachhaltigkeit der Neuzuteilung. „Weiterhin sehen wir in der Reform noch nicht mal ein nachhaltiges Reförmchen. Mit den Vergrößerungen, die erhebliche Bevölkerungszuwächse im Main-Kinzig-Kreis ergeben haben, ist die Frage nach einem weiteren Wahlkreis für den Main-Kinzig-Kreis zu stellen und nicht dessen Zerschneidung“, so der Bürgermeister.

Vierter Wahlkreis statt Zuschnitt

Sowohl der Kreis als auch die SPD Main-Kinzig schlagen der Landesregierung vor, einen weiteren Wahlkreis zu bilden, der sich aus den Wahlkreisen 40 und 42 zusammensetzt.

So würde auch die, aus ihrer Sicht nicht in der geplanten Reform berücksichtigte, angestrebte Kreisfreiheit Hanaus sowie der stetige Bevölkerungszuwachs einkalkuliert sein.

Der Gegenvorschlag, der eine landkreisübergreifende Zuordnung umgehen würde, ist keinesfalls abwegig. Bereits im Dezember erhielt der Landtagsabgeordnete Christoph Degen (SPD) eine Antwort von Staatsminister Peter Beuth (CDU) auf sein Auskunftsersuchen, die unserer Zeitung vorliegt. Unter anderem stellte Degen die Frage, wie groß die durchschnittliche Größe der Landtagswahlkreise wäre, wenn es vier Wahlkreise gäbe.

Abweichungen bei viertem Wahlkreis wären minimal

Durchschnittlich, so die Antwort, wären es 73 364 Personen. Die Abweichung vom Durchschnittswahlkreis würde minus 7,3 Prozent betragen. Die Antwort ist mit dem Hinweis versehen, dass es sich um eine rein mathematische Aufteilung handeln würde.

Somit würden jeweils knapp über 5000 Wahlberechtigte in den vier Wahlkreisen fehlen, damit diese im Durchschnitt liegen. Legt man dem zugrunde, dass die Bevölkerung weiter wächst und die Wahlkommission im Einzelfall eine Abweichung bis zu 25 Prozent toleriert wenn der Wahlkreis ein zusammenhängendes Gebiet bildet und die Grenzen der Landkreise möglichst eingehalten werden, dann erscheint die Zuordnung der drei Gemeinden in die Wetterau als wenig gerechtfertigt.

Im Kommissionsbericht ist ein Wachstum der Bevölkerung im Main-Kinzig-Kreis bis zum Jahr 2040 von 0,1 bis fünf Prozent vorhergesagt.

Gemeindevertreter können geplante Reform nicht nachvollziehen

Unterstützung erfährt der Kreis nach einstimmigen Votum auch von den Ronneburger Gemeindevertretern, die sich ebenso gegen den geplante Neuzuschnitt stellen, da diese für sie nicht nachvollziehbar sei.

„Die CDU-Fraktion wird sich vehement dagegen stemmen“, betont Fraktionschef Roland Reidel. „Die Nachhaltigkeit und Zukunftsorientierung ist nicht gegeben. Ein vierter Wahlkreis wäre die einfachste Lösung.“ Ronneburg in den Vogelsberg zu verfrachten sei ein Unding, da Ronneburg sich mit dem Main-Kinzig-Kreis identifiziere.

Verena Reuter, Vorsitzende der SPD, schloss sich Reidels Worten an. „Wir stehen dem Wetteraukreis in keinster Weise nahe. Ein vierter Wahlkreis ist in unseren Augen die einzige Lösung.“

Vorwurf des „Garrymanderings“

Bürgermeister Hofmann sieht, wie er in einer Stellungnahme der SPD Main-Kinzig in seiner Funktion als Unterbezirksvorsitzender und auch in einem Gespräch mit unserer Zeitung unterstreicht, noch eine andere Dimension in der Neuordnung. „Die Landesregierung agiert hier nach amerikanischen Vorbild und schneidet sich Wahlkreise nach politischem Kalkül zu. Es ist kein Geheimnis, dass der Wahlkreis 42 durch die Verschiebung von Gründau, Wächtersbach und Ronneburg für die SPD tendenziell schwerer zu gewinnen ist. Hier ist eine klare politische und keine sachliche Begründung zu erkennen“, heißt es in der Stellungnahme. „Das hat etwas von Garrymandering“, fasst er im Gespräch zusammen. Der aus dem amerikanischen stammende Begriff steht für die taktische Verschiebung von Wahlbezirksgrenzen, um den Wählerstimmen der gegnerischen Partei weniger Gewicht zu geben.

Tatsächlich waren in Ronneburg bei der Landtagswahl 2018 die CDU und die SPD im Ergebnis der Landesstimmen fast gleichauf, bei den Wahlkreisstimmen lag die SPD sieben Prozent vor der CDU. In Gründau dominierte bei den Landesstimmen die CDU, hatte bei den Wahlkreisstimmen allerding nur noch 0,9 Prozent Vorsprung gegenüber der SPD. In Wächtersbach lag die CDU bei den Landesstimmen knappe 1,6 Prozent vor den Sozialdemokraten, unterlag allerdings bei den Wahlkreisstimmen gegenüber der SPD um 0,6 Prozent.

Laut den Ergebnissen der Landtagswahl 2018 kann der Wahlkreis 42 als Hochburg der CDU gewertet werden, die bei den Landesstimmen mit 27,7 Prozent vor der SPD (18,6 Prozent) lag. Neben Wächtersbach gibt es eine handvoll Städte und Gemeinden, in denen die CDU und die SPD knapp beieinander liegen. Da Wächtersbach zu diesen gezählt werden kann, könnte die geplante Neuordnung tatsächlich dazu führen, dass die Stimmen der SPD-Wähler weniger Gewicht hätten.

Am morgigen Donnerstag, 10. Februar, ist bereits eine Anhörung im Hessischen Landtag angesetzt. Die Ronneburger Gemeindevertreter forderten Bürgermeister Hofmann auf, die Ronneburger Ablehnung des Wahlkreis-Zuschnitts bei der geplanten Anhörung mit Vehemenz vorzutragen. (Von Patricia Reich)

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