Die „Naturhuhn GbR“ in Oberdorfelden hat sich auf die Aufzucht für die Privathaltung spezialisiert

Hühner gibt es heute nicht nur auf dem Bauernhof oder in der Massentierhaltung, die zutraulichen Tiere sind auch in immer mehr heimischen Gärten zu finden. Die Corona-Pandemie hat die Entwicklung geradezu beflügelt. Die ehemaligen Studienkollegen Johanna Sander (32) und Timm Miunske (33) haben aus dem Trend ein Geschäftsmodell entwickelt und im Sommer die „Naturhuhn GbR“ gegründet.
Schöneck – Auf einem Geflügelhof in Oberdorfelden ziehen sie Hühner auf, die bei ihnen speziell auf die private Geflügelhaltung vorbereitet werden. Die Nachfrage ist groß.
Braune, schwarze und weiße Hühner laufen durch den Stall. Von dem Besuch lassen sie sich nicht stören: Die Tiere sind an Menschen gewöhnt. Das ist auch gut so. Denn viele von ihnen werden demnächst in ein neues Zuhause umziehen. Oft zu einer Familie mit Kindern.
Vom Nutztier zum Haustier
„Die Hühner haben es in den letzten Jahren von der Nutztier- in die Haustierhaltung geschafft“, erklärt Timm Miunske. Der Wunsch nach Selbstversorgung und das Thema Tierwohl spielten dabei eine wichtige Rolle. „Hühner sind das am einfachsten zu haltende Nutztier“, weiß Miunske. Der 33-Jährige, der aktuell noch im Vertrieb eines Futtermittelherstellers beschäftigt ist, züchtet selbst Rassegeflügel. „Hühner können unheimlich zahm werden. Sie erkennen bis zu 100 Gesichter wieder. Sie leben nicht im Haus und liefern auch noch fast jeden Tag ein Ei“, stellt er die Vorteile der Hühnerhaltung heraus.
Trotzdem gibt es natürlich einiges zu beachten. Die Beratung beim Kauf zu Futter, Ställen und Zäunen ist deshalb bei „Naturhuhn“ fester Bestandteil. Die Jungunternehmer helfen auch dabei, einen Geflügelzuchtverein in Wohnortnähe zu finden, der auch private Halter aufnimmt. Denn: Die meisten niedergelassenen Tierärzte sind nicht auf die Behandlung von Hühnern spezialisiert. Vieles sei einfach nicht auf die Haustierhaltung ausgelegt. „Impfdosen gibt es oft nur in 1000er Einheiten. Da ist es einfacher, an Impfaktionen im Verein teilzunehmen“, sagt Johanna Sander. Auch in den Vereinen erkenne man nach und nach die Chance, die neue Mitglieder böten. „Die Entwicklung ist sehr positiv“, kann Züchter Miunske berichten.
Beratung für Neuhalter
Während Bestellungen von lebenden Hühnern oftmals nur unpersönlich über Kisten ohne Auswahlmöglichkeit funktioniere, können sich Interessenten in Oberdorfelden ihre Tiere selbst aussuchen. „Für Familien spielt das eine wichtige Rolle. Das ist ein bisschen wie beim Welpenkauf“, sagt Miunske. Schließlich haben die Hühner ganz verschiedene Charaktere von schüchtern bis übermütig und werden als Haustiere ein Teil der Familie. Die Jungtiere werden auf dem gepachteten Gelände in Oberdorfelden an Frischfutter gewöhnt und wachsen mit viel Tageslicht auf. Damit sind sie auf die private Haltung gut vorbereitet. Die Experten erklären, dass man Hühner auch mit Essensresten füttern kann. „Es sollte aber nicht zu scharf und nicht zu salzig sein. Dafür lieben sie Wassermelone und Pfannkuchen“, erklärt Sander, die in Nidderau lebt und auch privat Hühner hält.
Die meisten Käufer entschieden sich für eine gemischt-farbige Gruppe aus Legehennen, berichtet sie. Drei Tiere seien für Anfänger eine „schöne Mindestgröße“. Die männlichen Tiere haben beim Geflügel meist das Nachsehen. „Ein krähender Hahn im Neubaugebiet geht gar nicht“, sagt Miunske schmunzelnd.

Dennoch leben bei „Naturhuhn“ ein paar prächtige Exemplare. Nicht nur aus Liebhaberei, sondern weil die beiden Neugründer ihren Betrieb erweitern wollen. „Ab dem Frühjahr wollen wir auch Rassehühner züchten und verkaufen“, berichten sie. Diese seien sehr gefragt. Der Wunsch vieler Kunden: so bunt wie möglich.
Um Tiere möglichst vieler verschiedener Rassen zu bekommen, ist viel Recherchearbeit nötig. 20 verschiedene haben Sander und Miunske mittlerweile „gesammelt“ und in ihrem Stall untergebracht, darunter Nackthals-Hühner, Plymouth Rock, Bielefelder Kennhühner und Schwedische Blumenhühner. Das ist in der Region einzigartig. Die positive Resonanz nach den ersten Monaten macht den beiden Geschäftspartnern Mut. Sie wollen ihr Business zum Haupterwerb machen. „Es gibt nur einmal im Leben die Chance, sich mit seinem Hobby selbstständig zu machen“, sagt Timm Miunske.
Zu den Öffnungszeiten können sich Interessierte beraten lassen: freitags von 16.30 bis 18.30 Uhr sowie samstags von 10 bis 15 Uhr. Infos zur Anfahrt gibt es im Internet. (Mirjam Fritzsche)