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Frau stellt ihre Wohnungen für Geflüchtete zur Verfügung

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Von: Mirjam Fritzsche

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Haben ein herzliches Verhältnis: Vermieterin Heike Ullrich (rechts) und Geeti Sayad, die vor fünf Jahren aus Afghanistan flüchtete und nun mit ihrer Familie in einer Wohnung des Hauses lebt, verstehen sich prima. Die Gemeinde sucht weitere Vermieter, die ihre Wohnungen für die Unterbringung von Flüchtlingen vermieten wollen.
Haben ein herzliches Verhältnis: Vermieterin Heike Ullrich (rechts) und Geeti Sayad, die vor fünf Jahren aus Afghanistan flüchtete und nun mit ihrer Familie in einer Wohnung des Hauses lebt, verstehen sich prima. Die Gemeinde sucht weitere Vermieter, die ihre Wohnungen für die Unterbringung von Flüchtlingen vermieten wollen. © Mirjam Fritzsche

Bei Familie Ullrich in Schöneck bei Hanau leben mehrere Geflüchtete. Die Integration funktioniert gut – und es werden weitere Vermieter gesucht.

Schöneck – „Ich kann nicht mehr verreisen, dafür kommt die Welt zu mir“, sagt Heike Ullrich. Wegen gesundheitlicher Einschränkungen und natürlich coronabedingt hält sich die 59-Jährige viel in den eigenen vier Wänden auf. Drei Wohnungen in ihrem Elternhaus in Kilianstädten hat sie an die Gemeinde vermietet, die dort Flüchtlinge unterbringt. Auch Ullrichs Mutter hat in dem Haus eine Wohnung. Unter einem Dach leben jetzt Menschen aus Deutschland, Afghanistan, Iran und Eritrea. „Wir mögen uns alle“, erklärt Heike Ullrich.

Vor sieben Jahren hat die Schöneckerin das erste Mal Kontakt mit der Gemeinde aufgenommen. Sie hatte erfahren, dass Wohnungen gesucht werden. „Mit vielen Mietern davor hatte ich schlechte Erfahrungen. Viele haben einfach nicht bezahlt“, erzählt sie. Fünf Frauen aus Eritrea seien dann die ersten gewesen, die eingezogen sind. „Da kam ein großer Bus vorgefahren. Der Vorplatz war voller Koffer“, erinnert sich Heike Ullrich. Sie freut sich über so viel Leben im Haus.

Geflüchtete ziehen nach Schöneck bei Hanau: Neustart in Deutschland

Kurze Zeit später kommt Geeti Sayad mit ihrem Mann und ihrem damals einjährigen Kind dazu. Für die gebürtige Afghanin ein echter Glücksfall. Nach mehreren Wochen in Auffanglagern – die damals 24-Jährige war wieder schwanger – ist sie froh am Ende ihrer Flucht angekommen zu sein. „Wir waren so dankbar, eine Wohnung für uns zu haben. Mein Mann hat erst mal 24 Stunden am Stück geschlafen. Meine Tochter erschreckt sich heute noch, wenn sie einen Feueralarm hört. Obwohl sie sich an die Zeit in den Lagern überhaupt nicht erinnern kann. Dort gab es dauernd irgendwo einen Alarm“, erzählt Geeti Sayad in nahezu perfektem Deutsch.

Ihr Fluchtweg führte nicht wie der vieler anderer über das Meer. Da ihr Mann am Flughafen arbeitete, konnte die junge Familie das Land über den Luftweg verlassen. In Afghanistan hat Geeti Sayad als Rechtsanwältin gearbeitet. In einem Land, in dem heute wieder die Taliban an der Macht sind, hat sie keine Zukunft gesehen. In Deutschland fängt sie noch einmal komplett von vorne an.

Afghanin lebt in Schöneck und arbeitet in Hanau: „Fühle mich wie zu Hause“

Von Heike Ullrich sei sie damals sehr herzlich begrüßt worden, erinnert sie sich. In Kilianstädten ist sie glücklich. „Ich fühle mich hier wie zu Hause, überhaupt nicht fremd“, sagt sie. Und daran habe die Familie Ullrich einen großen Anteil. Ihre beiden Kinder sind heute fünf und sieben Jahre alt. Die Mutter von Heike Ullrich nennen sie „Oma“. Zu Weihnachten hat die deutsche „Oma“ immer kleine Geschenke für die beiden oder bringt Pfannkuchen vorbei. Nach ihrer Ankunft lernt Geeti Sayad in kürzester Zeit Deutsch, hilft anderen Geflüchteten zunächst ehrenamtlich als Dolmetscherin, unterstützt später das Jobcenter in Hanau. Mittlerweile arbeitet die 29-Jährige in einer Anwaltskanzlei. „Nächstes Jahr bin ich mit meiner Ausbildung als Notarfachangestellte fertig“, sagt sie stolz. Ihr Mann findet eine Stelle als Installateur bei einer Firma in Schöneck. Ullrich freut sich über das gute Klima in ihrem Haus. Auch darüber, dass die Gemeinde unserer Zeitung ihr Haus als gelungenes Beispiel für Integration vorstellen will. „Geeti, wir sind eine Erfolgsgeschichte“, sagt sie erfreut.

Man begegnet sich herzlich im Hause Ullrich. Es gebe nur wenig Fluktuation. Die fünf Frauen aus Eritrea seien nach und nach ausgezogen, weil sie geheiratet oder eine Arbeit gefunden haben. „Zu Vielen besteht noch Kontakt“, sagt Geeti Sayad. Eine der Frauen lebt heute noch in einer kleinen Wohnung im Haus. Ebenso wie eine Familie aus dem Iran.

Geflüchtete in Schöneck: Jeder hat sein eigenes Reich

Auch wenn alle unter einem Dach wohnen, so habe doch jeder sein eigenes Reich. Das ist Heike Ullrich wichtig. Es sei nicht so, dass man regelmäßig zusammen Kaffee trinke. Sie freue sich einfach, dass die Kinder und auch die Familien den Garten nutzen. „Ich bin hier aufgewachsen und finde es toll, dass ich das teilen kann“, sagt Ullrich, die 40 Jahre als Beamtin für die Bundesbank tätig war. Sie würde es begrüßen, wenn mehr Vermieter so dächten wie sie.

Das Ablehnende gegenüber Menschen aus anderen Ländern oder mit einer anderen Hautfarbe kann sie nicht verstehen. „Meine Mieter liegen mir am Herzen“, sagt sie. Über ihr Schicksal ausfragen möchte sie die Neuankömmlinge aber nicht. „Ein bisschen weiß ich natürlich. Aber manche haben so schlimme Dinge erlebt. Wer bin ich denn, dass ich einfach so nachbohre“, sagt sie.

Weitere Vermieter im Raum Hanau gesucht

Einmal habe sie eine Bewohnerin zum Arzt gefahren und dabei erfahren, dass die Frau bei ihrer Flucht über das Meer ins Wasser fiel. Sie konnte nicht schwimmen. Die Frau klammerte sich an eine leere Plastikflasche und konnte gerettet werden. „Manchmal ist Gott auch in einer Plastikflasche“, sagt Heike Ullrich nachdenklich.

Wer Interesse daran hat, Wohnungen für die Unterbringung von Flüchtlingen zu vermieten, kann sich in der Gemeindeverwaltung an Mathias Laufer unter Telefon 06187/9562-200 oder per E-Mail an m.laufer@schoeneck.de wenden. (Mirjam Fritzsche)

Im Hanauer Stadtteil Großauheim öffnet einmal in der Woche das Café Oase. Es ist zum Treffpunkt für Geflüchtete und Einheimische geworden.

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