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Main-Kinzig-Kreis lehnt Tennishalle in Kilianstädten als Notunterkunft für Flüchtlinge ab

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Von: Mirjam Fritzsche

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Blick von außen auf die Tennishalle in direkter Nachbarschaft zu den Plätzen des Tennisclubs Schöneck. Laut Kreis ist sie für die Unterbringung von Flüchtlingen ungeeignet.
Blick von außen auf die Tennishalle in direkter Nachbarschaft zu den Plätzen des Tennisclubs Schöneck. Laut Kreis ist sie für die Unterbringung von Flüchtlingen ungeeignet. © Mirjam Fritzsche

Der Main-Kinzig-Kreis baut seine Kapazitäten zur Unterbringung von Geflüchteten und Asylsuchenden weiter aus. Denn der Strom an Menschen, die in Deutschland Schutz suchen, nimmt nicht ab. Bis auf weiteres bleibt unter anderem auch die Mehrzweckhalle in Mittelbuchen als Notunterkunft erhalten – zum Bedauern der Vereine. Im benachbarten Kilianstädten steht eine große Halle frei. Könnte sie nicht genutzt werden, fragen sich viele Bürger. Der Kreis hat die Immobilie als ungeeignet abgelehnt. Zur Enttäuschung von Besitzerin Anette Mistecky.

Schöneck – „Die Immobilie habe ich 2013 gekauft“, berichtet die Hanauerin. Miterworben hat sie vom Erbauer des Gebäudes, einem Mitglied des angrenzenden Tennisclubs Schöneck, aber auch eine „Grunddienstbarkeit“ für den Tennisclub Schöneck. Dieser juristische Begriff besagt, dass ein Eigentümer anderen Nutzern Rechte einräumen muss. So gibt es auf der Halle seit 42 Jahren eine Auflage, dass das Gebäude ausschließlich für den Tennissport genutzt werden darf, dort keine Gastronomie sowie Ausschank betrieben werden darf und die Halle dem Tennisclub Schöneck für 100 Stunden im Jahr als Förderung der Jugendarbeit kostenlos zur Verfügung gestellt werden muss. Ebenfalls hat der Club das Erstbuchungsrecht.

Halle ist kaum gebucht

Bereits nach zwei Jahren merkt Anette Mistecky, dass die Halle auf diese Weise nicht wirtschaftlich betrieben werden kann. Mit dem Tennisclub erzielt sie jedoch keine Einigung – dieser besteht auf seinem Recht. Um Geld zu verdienen, eröffnet Mistecky Am Kühwald zwischenzeitlich eine Soccer-Halle.

Im Dezember 2021 verliert Mistecky eine langjährige gerichtliche Auseinandersetzung mit dem Club vor dem Landgericht Hanau. Seitdem kann der Club die Halle nutzen, was jedoch nicht erfolgt, die Halle steht leer, da keine Buchungen stattfinden, auch nicht von Seiten des Tennisclubs. Auf Nachfrage unserer Zeitung erklärt Sven Stützel, stellvertretender Vorsitzender des TC Schöneck, dass man natürlich Interesse habe, die benachbarte Halle zu nutzen, schon aus praktischen Gründen. „Dass bis jetzt kaum gebucht wurde, liegt daran, dass sich die Mitglieder und Trainer sehr frühzeitig um Termine in anderen Hallen bemühen mussten, um im Winter dort spielen zu können. Sie hatten sich also bereits festgelegt, bevor sie die Buchungsmöglichkeit in Schöneck hatten.“

Unverständnis herrscht bei Besitzerin Anette Mistecky über die Entscheidung des Kreises.
Unverständnis herrscht bei Besitzerin Anette Mistecky über die Entscheidung des Kreises. © MIrjam Fritzsche

Anette Mistecky macht keinen Hehl daraus, dass sie nach einer neuen Möglichkeit sucht, die Halle, auch in Abstimmung mit dem Tennisclub, wirtschaftlich zu betreiben. „Man hört ja überall, dass händeringend Unterkünfte gesucht werden.“ Sie nimmt Kontakt mit dem Main-Kinzig-Kreis auf. „Ich habe alles ausgemessen und visuell dargestellt, damit sich die Fachleute bei dem Termin ein gutes Bild machen können“, berichtet sie. Bis zu 300 Personen könnten in der Halle in zwölf Quadratmeter großen „Kabinen“ untergebracht werden. „Darin hätten zwei Stockbetten und zwei Kleiderschränke Platz“, sagt sie. Die Halle liegt im Grünen, es gibt keine direkten Anwohner, die sich gestört fühlen könnten. Bis zum nächsten Kindergarten und dem öffentlichen Spielplatz an der Waldstraße sind es nur ein paar Minuten zu Fuß. Zudem gehört ein großes eingezäuntes Außengelände zur Anlage – insgesamt mehr als 4000 Quadratmeter groß. Dort könnten Toiletten- und Duschwägen aufgestellt werden. „Es wären auch zehn Parkplätze vorhanden“, zählt Mistecky einen weiteren Grund auf, der ihrer Meinung nach für die Immobilie spricht.

Doch der Kreis lehnt ab. „Nach nur einigen Tagen habe ich eine Absage bekommen – ohne Begründung“, sagt sie enttäuscht und vermutet, dass ihre gerichtliche Auseinandersetzung mit dem Tennisclub dabei eine Rolle spielen könnte.

Auf Nachfrage unserer Zeitung antwortet die Kreispressestelle: „Der Main-Kinzig-Kreis hat das Angebot in Schöneck genau auf seine Eignung als mögliche Unterkunft für Geflüchtete geprüft. Fachleute des Kreises haben sich vor Ort ein Bild von der Liegenschaft gemacht und es einhellig als für diesen Zweck ungeeignet eingestuft, sowohl als Gemeinschaftseinrichtung für dauerhaftes Wohnen als auch als Notunterkunft, was eine gewisse Infrastruktur im und um das Gebäude sowie eine gute Anbindung voraussetzt.“ Das kann Anette Mistecky nicht verstehen. „Kilianstädten verfügt über ausgezeichnete Einkaufsmöglichkeiten. Es gibt ein Ärztehaus und einen Bahnhof mit direkter Anbindung nach Frankfurt“, betont sie.

1400 Quadratmeter misst die Tennishalle im Innenbereich. Bis zu 250 bis 300 Personen könnten hier in einer Notunterkunft Platz finden.
1400 Quadratmeter misst die Tennishalle im Innenbereich. Bis zu 250 bis 300 Personen könnten hier in einer Notunterkunft Platz finden. © Mirjam Fritzsche

Auf Nachfrage, führt die Kreispressestelle weiter aus: „Eine wohnortnahe medizinische Versorgung ist hilfreich, aber nicht ausschlaggebend. Zur Infrastruktur für eine Unterbringung von Menschen gehört hingegen ganz wesentlich ein Mindeststandard, der baulich erfüllt sein muss, sowohl für die Unterbringungsstätte als auch beim umgebenden Gelände.“ Vor dem herannahenden Winter seien zudem energetische Gesichtspunkte schwerer zu gewichten, ebenso Wirtschaftlichkeitsaspekte bei der Ertüchtigung der Liegenschaft beziehungsweise der Kompensation von energetischen Schwachstellen. Diese Argumente kann Mistecky ebenfalls nicht nachvollziehen. „Ich glaube nicht, dass die Voraussetzungen beispielsweise in der Nidderhalle besser wären“, sagt sie. Sie sagt aber auch, dass alles vom Tennisclub Schöneck abhängig gewesen wäre. Aufgrund der Grunddienstbarkeit kann nur der Club seine Zustimmung zu einer Nutzungsänderung der Halle geben. Sie war aber zuversichtlich, dass es einen Weg gegeben hätte, sich mit dem Club zu einigen.

Sven Stützel vom TC Schöneck bestätigt gegenüber unserer Zeitung, dass sein Verein der Unterbringung von Flüchtlingen in der Tennishalle nicht im Wege gestanden hätte. „Das ist eine wichtige Aufgabe, die wir unterstützen würden“, sagt er und hofft nun, „dass wir mit der Besitzerin gemeinsam eine Lösung finden, wie die Halle in Zukunft auch wirtschaftlich betrieben werden kann“, so Stützel.

Von Mirjam Fritzsche

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